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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael
Autoren: The Big Short
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Regierung ein. Als Steve Eisman in diese neue, rasch
expandierende Branche der Spezialfinanzierer hineinstolperte, wurde gerade eine
neue Einsatzmöglichkeit für Hypothekenanleihen eingeführt: die Vergabe von
Darlehen nämlich, die nicht die Voraussetzungen für staatliche Garantien
erfüllten. So sollten Kredite an immer weniger kreditwürdige Eigenheimbesitzer
ausgereicht werden - und zwar nicht zum Kauf von Wohneigentum, sondern um
Kapital aus dem bereits vorhandenen Eigenheim abzuschöpfen.
    Die
Hypothekenpapiere, denen minderwertige Eigenheimdarlehen zugrunde lagen,
dehnten die ursprünglich für das Problem der vorzeitigen Rückzahlung
entwickelte Logik auf das Szenario eines Zahlungsausfalls aus. Wer ins
Erdgeschoss - in die erste Tranche - investiert hatte, wäre dann nicht nur
vorzeitigen Tilgungen ausgesetzt, sondern Verlusten. Diese Verluste würden sich
häufen, bis sein gesamtes Kapital aufgezehrt wäre. Dann würden sie auch die
Bewohner der ersten Etage betreffen. Und so weiter.
    Anfang
der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts widmeten sich nur zwei
Wall-Street-Analysten hauptberuflich der Untersuchung, welche Auswirkungen es
hatte, Kredite an Leute zu vergeben, die kaum je auf der Sonnenseite des Lebens
standen. Einer davon war Steve Eisman. Der andere war Sy Jacobs. Jacobs hatte
dieselbe Ausbildung bei Salomon Brothers durchlaufen wie ich und arbeitete mittlerweile
für eine kleine Investmentbank namens Alex Brown. »Ich saß in den Schulungen
von Salomon und hörte, was mit diesem tollen Verbriefungsmodell, das Lewie
Ranieri da aufbaute, alles möglich sein sollte«, erinnerte er sich. (Ranieri
war so eine Art Gründervater des Marktes für Hypothekenanleihen.) Die
Möglichkeiten einer Umwandlung von Eigenheimhypotheken in Anleihen waren
atemberau bend.
Die Verbindlichkeiten des einen waren die Vermögenswerte des anderen. Das war
schon immer so. Doch jetzt war es möglich, immer mehr solcher Verbindlichkeiten
in Papiere zu verwandeln, die an jedermann verkauft werden konnten. Kurz, die
Handelsabteilung von Salomon Brothers rief kleine Märkte für Anleihen ins
Leben, denen die abstrusesten Finanzbeziehungen zugrunde lagen: Kreditkartenforderungen,
Leasingverträge für Flugzeuge, Autokredite, Forderungen von Fitnesszentren. Um
einen neuen Markt zu erfinden, musste man sich nur einen neuen Vermögenswert
suchen, der verpfändet werden konnte. Der nächstliegende unerschlossene
Vermögenswert Amerikas war nach wie vor das Eigenheim. Menschen mit Ersthypotheken
hatten enorme Kapitalbeträge in ihren Häusern gebunden. Warum sollte man dieses
unerschlossene Kapital nicht verbriefen? »Den Subprime-Papieren lag die
Überlegung zugrunde, dass eine Zweithypothek mit einem sozialen Stigma behaftet
war. Und das sollte anders werden«, erklärte Jacobs, »War die Bonität ein
bisschen schlechter, zahlte man mehr - und zwar viel mehr als eigentlich angebracht.
Wenn Anleihen auf einem Massenmarkt untergebracht werden könnten, ließen sich
die Kosten für die Kreditnehmer drücken. Diese konnten kostspielige
Kreditkartenschulden durch niedriger verzinste Hypothekendarlehen ablösen. So
entstünde eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.«
    Die
wachsende Schnittstelle zwischen der Hochfinanz und den unteren
Einkommensgruppen Amerikas sollte dieser unteren Mittelschicht zugute kommen.
Die neue Effizienz der Kapitalmärkte würde es ihren Angehörigen erlauben, immer
niedrigere Zinsen für ihre Schulden zu zahlen. Anfang der neunziger Jahre boten
die ersten Vergeber von Subprime-Hypotheken - The Money Store, Greentree,
Aames - ihre Aktien einer breiten Öffentlichkeit an, um schnelleres Wachstum
zu ermöglichen. Mitte der Neunziger gingen jedes Jahr Dutzende kleine
Verbraucherkreditunternehmen an die Börse. Die Subprime-Kreditbranche war
Stückwerk. Weil die Kreditgeber viele - wenn auch nicht alle - der Darlehen,
die sie vergaben, in Form hypothekarisch besicherter Wertpapiere an andere
Investoren weiterverkauften, bestand überdies die Gefahr eines verantwortungslosen
Risikoverhaltens. »Es war ein Geschäft, in dem schnelles Geld gemacht wurde«,
erzählte Jacobs. »Jedes Geschäft, bei dem man ein Produkt verkaufen und daran
verdienen kann, ohne sich Gedanken um seine Leistung zu machen, zieht
fragwürdige Charaktere an. Das war die Schattenseite dieser guten Idee. Eisman
und ich glaubten beide an dieses großartige Konzept, begegneten jedoch diversen
wirklich schmierigen Zeitgenossen. Und genau das war
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