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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River
Autoren: John Irving
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mitnehmen, und wenn sie dir nicht gefällt - oder wenn sie
nicht
die Person ist, an die du gerade denkst -, würde ich sie wieder zurück nach Pointe au Baril bringen.«
    »Nein, Hero und ich kommen schon klar«, sagte Danny. »Falls sie nicht von alleine wieder geht und ich Hilfe brauche, kann ich dich immer noch anrufen.«
    »Du und Hero solltet jetzt besser zum hinteren Anleger gehen«, sagte ihm Andy. »Sie ist schon vor einiger Zeit aufgebrochen, und sie macht große Schritte.«
    »Na schön, dann wollen wir mal. Danke, Andy«, sagte Danny.
    »Bist du dir sicher, dass ich nicht vorbeikommen oder sonst irgendwas für dich tun soll?«, fragte der Handwerker.
    »Ich suche den ersten Satz meines ersten Kapitels«, antwortete der Schriftsteller. »Du hast nicht zufällig einen ersten Satz für mich in petto, oder?«
    »Damit kann ich nicht dienen«, sagte Andy Grant. »Ruf mich einfach an, falls es mit dieser Frau Ärger gibt.«
    »Es wird keinen Ärger geben«, erwiderte Danny.
    »Nimm für alle Fälle die alte Remington mit, wenn du zum Steg gehst - und sorg dafür, dass sie sie auch
sieht,
okay?«
    »Okay«, antwortete Danny.
    Wie immer war Hero aufgeregt, wenn Ketchums Springfield-Karabiner auf einen Spaziergang mitgenommen wurde. »Mach dir keine falschen Hoffnungen, Hero«, sagte Danny zu dem Hund. »Wahrscheinlich ist sie kein Bär.«
    Auf dem breiten Weg zum Schreibschuppen lag der Schnee kniehoch, auf dem schmalen Pfad von dort durch den Wald zum hinteren Bootssteg war er etwas niedriger.
    Als der Schriftsteller an seinem Schreibschuppen vorbeikam, sagte er laut: »Ich komme wieder, erstes Kapitel. Bis bald, erster Satz.«
    Hero war schon vorgelaufen. Es gab einen windgeschützten Zedernhain, wo sich ein kleines Hirschrudel über Nacht niedergelassen hatte. Entweder hatte Hero die Hirsche aufgeschreckt, oder sie waren weitergezogen, als der Wind nachließ. Hero schnupperte überall; wahrscheinlich lag Hirschdung unter dem Schnee. Wo sich die Hirsche zwischen den Zedern zusammengedrängt hatten, war der Schnee eingeebnet.
    »Sie sind fort, Hero, du hast sie verpasst«, sagte Danny zu dem Jagdhund. »Die Hirsche sind jetzt auf Barclay Island oder auf dem Festland.« Der Hund wälzte sich in dem Schnee, wo das Rudel gelegen hatte. »Achtung, Hero, wenn du dich in Hirschkacke wälzt, verpasse ich dir ein Bad - mit Shampoo und allem Drum und Dran.«
    Hero hasste es, gebadet zu werden; Danny war auch nicht begeistert von der Aussicht, den widerspenstigen Hund waschen zu müssen. In seinem Haus in Toronto wusch Lupita das Tier. Anscheinend genoss sie es, Hero dabei auszuschimpfen. (»Na, Sefior Macho - wie gefällt es dir, nur ein Augenlid zu haben? Das hast du nun vom Kämpfen, Mr. Macho, geschieht dir ganz recht.«)
    Auf dem Dach von Opas Hütte, der weder der Schriftsteller noch der Hund mehr als einen beiläufigen Blick schenkten, lag der Schnee bestimmt einen Meter hoch. Wenn es in dieser Hütte schon früher gespukt hatte, dann spukte es dort jetzt
noch mehr.
Weder Danny noch Hero hätte es auf eine Begegnung mit Ketchums Geist ankommen lassen; falls der alte Holzfäller ein Geist war, dann wäre die Hütte des Wilderers genau der richtige Ort für ihn.
    Die Schneeverwehungen auf dem hinteren Anleger reichten Danny bis zu den Oberschenkeln. Auf der anderen Seite der Bucht konnte man trotz Whiteout Teile des Festlands erkennen, doch das Ufer war nicht als durchgehende Linie sichtbar. Es gab keine fixen Orientierungspunkte, an denen Danny hätte festmachen können, wo genau die Schneemobiltrasse hinter Payne's Road auf die Bucht traf, doch vom Anleger aus erahnte er wenigstens schemenhaft die Hütte des Eisanglers, die dem Sturm standgehalten hatte; bei den Sichtverhältnissen würde die Schneeschuhläuferin die Bucht schon zur Hälfte überquert haben, ehe Danny sie sah.
    Was hatte der kleine Joe am Tag des Spanferkelgrillens gesagt? »Flugzeug. Kein Vogel.« Und dann hatte Danny, der statt des Kleinflugzeugs Katie beobachtete, Joe sagen hören: »Fliegt nicht.
Fällt!«
Dann erst hatte Danny sie gesehen: die Fallschirmspringerin, die im freien Fall durch den Himmel sauste, ehe sich Sekunden später ihr Fallschirm öffnete. Immer deutlicher war Amy zu sehen gewesen. Zuerst wurde klar, dass es sich um eine Fallschirmspringern handelte; dann, ganz plötzlich, dass sie
nackt
war. Und erst als Danny im Schweinepferch - in all dem Schlamm und der ganzen Schweinescheiße - neben ihr stand, war ihm klargeworden,
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