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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer
Autoren: Volker Harry Altwasser
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Schiffes brachten.
    Sie ging um die Decksaufbauten herum und sagte zu den Walfängern: »Die Gefahr ist fürs Erste gebannt.«
    »Was passiert mit denen hier?«, fragte der Baske und deutete auf die Gefangenen.
    »Die werden noch gebraucht!«, sagte Luise, während sie auf die neun Angreifer blickte, die nun gefesselt vor ihr lagen. Um die Bunten herum hatten sich die zweiunddreißig Hochseefischer versammelt. Sie sahen die Greenpeace -Aktivisten neugierig an. Ein paar verhöhnende Sätze fielen, aber Luise schritt nicht ein.
    Sie sagte: »Wir brauchen die Leute da, um uns einen Weg durch die Masse ihrer Freunde zu schlagen, die an der Pier auf uns warten. Ich bitte also alle, jetzt nicht in verfrühten Jubel zu verfallen.«
    »Clevere Idee!«, sagte der Baske : »Sie an Bord zu locken und sie dann als Pfand zu behalten.«
    Echte Bewunderung klang in der Stimme des Chefharpuniers mit, und auch die anderen Männer lobten ungeniert. Luise winkte ab.
    Sie sagte: »Jetzt werdet mal auf den letzten Metern nicht noch komisch! – Ich bin nur hier, um euren Arsch zu retten. Das mach ich nicht zum Vergnügen!«
    »Bis auf einen Arsch!«, sagte der alte Schmeißer und sah zu Tommy Rahr. Die halbe Mannschaft johlte auf, und Luise befahl den Fischern schnell, die Bunten zum Heck zu bringen und an die Reling zu fesseln.
    Sie suchte Tommys Blick, stellte dann aber fest, dass der Junge viel zu beschäftigt war. Auch er hatte sich einen Gefangenen geschnappt und stieß ihn mit ernstem Blick vor sich her. Es war natürlich der mit den breitesten Schultern! Luise seufzte auf und ging zur Brücke, um zurück aufs Dach zu klettern.

Epilog
    Mathilde Rösch lernte ich während eines Lerncamps kennen, das auf einem heruntergekommenen Bauernhof am Ufer der Recknitz abgehalten wurde. Sie haben vielleicht davon gelesen.
    Ich weiß noch, dass ich sofort von ihr beeindruckt war. Sie war voller Zweifel, ob sie sich weiter zurückhalten solle oder ob sie ihren Mann, den Hochseefischer Robert Rösch, bitten könne, für immer an Land zu bleiben. Als sie mich um Rat fragte, war ich gerührt, schließlich war ich ein eingefleischter Junggeselle, der gerade seine erste Million mit einem historischen Roman machen wollte; Sie haben vielleicht davon gehört.
    Im Lerncamp landete ich, weil ich dachte, ich müsse benachteiligten Kindern helfen, doch als mir die Erfahrung zeigte, wie schön das Leben mit Kindern ist, halfen jene mir, denen ich doch helfen wollte.
    Heute bin ich verheiratet und habe Zwillinge, die aber nicht Bolek und Oleg heißen. Ich erzähle nur vormittags, wer das Leben erfindet, kann nicht zeitgleich im Leben stehen. Es muss totenstill im Haus sein. So wie jetzt. Ich sehe von meinem Arbeitszimmer aus auf die Ostsee, auf die See, die uns so viel Leid zugefügt hat, die uns so viele Lügen aufgetischt hat; wie haben sie alle geschluckt, schon immer.
    Als ich Mathilde riet, die Bewerbung für ihren Mann abzuschicken, damit er ein Fischfarmer werden konnte, da kämpfte dieser auf der Saudade um sein Leben – und verlor. Sie haben es gelesen.
    Ich besuchte Mathilde in den folgenden Jahren hin und wieder. So lernte ich auch Luise Rösch kennen, die erste echte Piratenjägerin unserer modernen Zeit, und ihre faszinierende (Liebes-)Geschichte.
    Noch nie habe ich zwei so unbeugsame Frauen getroffen. Ich wollte ihre Geschichte unbedingt erzählen und begann damit ja schon in meinem Abwrackroman.
    Nun sind alle männlichen Figuren tot, die weiblichen aber haben überlebt.
    Eine traurige Vision, denn auch Tommy Rahr, Doppelbläser , letzter Auszubildende in der Spezialrichtung Walfang der Berufsschule Glücksburg, ist achtzehnjährig verstorben. Sie werden es noch lesen.
    Luise wirft sich heute vor, ihn bei dem Angriff der Walfanggegner, die die Rimbaud entern wollten, nicht ausreichend beschützt zu haben.
    Es war ein Überraschungsangriff des letzten verbliebenen Schlauchbootes. Es kam aus der Sonne, direkt auf den Bug zu, an dessen Reling Doppelbläser allein stand und von zu Hause träumte. Spitzbergen war keine fünfhundert Meter mehr entfernt, Sir ließ die Walfanghymne von Walt Whitman über die Lautsprecher erklingen, die ich immer für kitschig gehalten habe. Aber lassen wir den jungen USA, die so stolz auf einen ihrer ersten eigenen Dichter ist, ruhig ihr lyrisches Hollywood:
    ›O Walfängers Freuden! Ich kreuze wieder meinen alten Kurs. Ich fühle die Bewegung des Schiffes unter mir, ich fühle des Atlantiks Brisen, die mich
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