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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
Autoren: Tom Hillenbrand
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formulieren. Es gab einmal eine Klage gegen Kats. Silverstein Green bezichtigte ihn vor dem Lower District Court of Manhattan, Daten kopiert und auf Server außerhalb des Einflussbereiches der Bank transferiert zu haben. Die Klage scheiterte. Wir haben damals gegenüber Silverstein an Eides statt versichert, dass uns davon nichts bekannt war. Und der Vorstand unserer Gesellschaft hat Herrn Kats ausdrücklich angewiesen, in seiner neuen Funktion keine möglicherweise unrechtmäßig bei früheren Arbeitgebern erlangten Informationen zu verwenden.«
    Malherbe ahnte, worauf Scholz hinauswollte. »Sprechen Sie weiter.«
    »Was aber wäre, wenn sich Kats dieser unmissverständlichen Anweisung widersetzt hätte? Was wäre, wenn er aus persönlicher Profitgier gestohlene Codes in unser System eingefügt hätte? Ohne unser Wissen, versteht sich.« Scholz schaute in den Kaffee vor sich, den er bisher nicht angerührt hatte. »Für den Fall, dass dem so wäre, müssten wir davon ausgehen, dass er da draußen mit einem Datensatz herumläuft, anhand dessen ein Experte wohl zweifelsfrei und stichhaltig darlegen könnte, dass wir – ohne es zu wissen, wie ich betone – gestohlene Codes von Silverstein und Enlightment auf unseren Servern liegen hatten.«
    »Wieso Enlightment?« Kats hatte früher einmal bei Enlightment gearbeitet, einem weiteren US-Hedgefonds. Davon, dass der Mathematiker auch dort Interna hatte mitgehen lassen, war Malherbe allerdings tatsächlich nichts bekannt. Er schaute fragend.
    Scholz nickte nur.
    »Sie müssen ihn finden. Schnell. Wo ist er jetzt?«
    »Immer noch in Luxemburg, glauben wir.«
    »Es wäre besser für das Unternehmen, wenn Sie zur Abwechslung mal etwas wüssten. Vor allem wäre es besser für Sie.«
    »Zwei Teams sind bereits dort. Wir hatten ihn schon unter Observation, unsere Leute waren ganz nah dran. Vorhin ist er uns dann entwischt. Aber keine Sorge, Sie wissen doch, wie er tickt. Kats ist ein Gewohnheitstier, und jetzt muss er plötzlich improvisieren, ohne feste Abläufe. Er wird Fehler machen, in Panik geraten, und dann kriegen wir ihn. Außerdem, und das ist die gute Nachricht, haben wir seine Kontaktperson ausfindig gemacht. Er hat ganz augenscheinlich Komplizen.«
    »Was für eine Kontaktperson?«
    Scholz stand auf, entnahm seiner Jackentasche ein Foto und legte es vor Malherbe auf den Glastisch. Der beugte sich vor und betrachtete das Bild. Es zeigte eine ausgesprochen hübsche junge Frau. Sie mochte Mitte dreißig sein. Ihr ebenmäßiges Gesicht war braun gebrannt, und sie trug ein dunkelblaues T-Shirt, auf dem eine Comicfigur zu sehen war. Ihre langen kastanienfarbenen Haare steckten unter einer Baseballkappe. Im Hintergrund erkannte Malherbe eine Art Festzelt. An einer der Wände hing eine ihm unbekannte Flagge: Blau-weiß gestreift, mit einem roten Bären oder Löwen in der Mitte. »Wer zum Teufel ist das?«
    »Wissen wir noch nicht – sie ist ein Gespenst. Wir haben alle Datenbanken durchforstet, aber es scheint überhaupt keine Fotos von ihr zu geben. Meiner Ansicht nach ein weiteres Indiz dafür, dass wir es hier mit Profis zu tun haben. Er hat ihr irgendwas übergeben.«
    »Die Daten?«
    »Unwahrscheinlich. Meine Männer sagten, es habe sich um etwas Kleines gehandelt. Für die Daten braucht man mindestens einen Koffer, eher zwei.«
    »Bringen Sie die Sache in Ordnung, Scholz. Und zwar schnell.«
    Der Sicherheitsmann nickte, dann stand er auf und ging. Malherbe nippte an seinem Schümli und schaute sich nochmals das Bild der Frau an. Sie hatte grüne Augen. Wirklich außerordentlich hübsch. Wenn auch vermutlich nicht mehr allzu lange.

2
    Keuchend wuchtete Xavier Kieffer die letzte Kartoffelkiste auf das Laufband. Er stemmte die Hände auf die Oberschenkel und schaute schwer atmend zu, wie sie die Schräge hinunterruckelte und im Halbdunkel des Kellers verschwand. Der Koch richtete sich auf und klopfte eine Ducal aus der Schachtel. Fünfundzwanzig Kisten Kartoffeln hatte er beim Großhändler gekauft, aber er fühlte sich, als hätte er hundert davon auf das Transportband gewuchtet. Kieffer zündete die Zigarette an und wischte sich mit der Rechten die schweißverklebten Haare aus dem Gesicht. Es musste am Wetter liegen. Die Sonne stand bereits hoch über der Luxemburger Oberstadt, für heute Mittag hatte der Radiosprecher von RTL zweiunddreißig Grad angedroht. Vielleicht lag es aber auch an den zwei Flaschen Riesling, die er gestern Abend zusammen mit seinem finnischen
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