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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
Autoren: Tom Hillenbrand
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zusammenbricht, sieht nicht gut für Sie aus.«
    »Soll das etwa heißen, Sie verdächtigen mich?«
    Manderscheid zuckte mit den Achseln. »Mir mussen Iech verdächtegen. C’est la routine.«
    Kieffer schnaubte. »Das ist doch lächerlich. Warum sollte ich einen Tester vergiften?«
    »Weil er eine vernichtende Kritik über Ihr Restaurant zu verfassen gedachte?«, schlug Manderscheid vor.
    »Deshalb soll ich ihn ermordet haben? Der Gedanke ist absurd – außerdem hat er seinen Vorspeisenteller leer gegessen und die ganze Soße aufgetunkt. Es scheint ihm also geschmeckt zu haben, prima facie, wie Sie wohl sagen würden. Also sah es nicht so übel für uns aus, oder? Als Nächstes hätte ich ihm den Hauptgang serviert, Huesenziwwi, eine unserer Spezialitäten. Der beste Hasenpfeffer, den Sie in der ganzen Stadt bekommen können. Warum sollte ich den Mann vergiften, bevor er den probiert hat? Außerdem ist ein Laden wie unserer gar nicht auf dem Radar von … wie war sein Name?«
    »Agathon Ricard.«
    »Genau. Wir passen gar nicht in Ricards Beuteschema.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Kieffer griff unter den Tresen und holte die in kobaltblaues Leder gebundene Benelux-Ausgabe des Guide Gabin hervor. Er schlug den Luxemburg-Teil auf und schob das Buch zu Manderscheid hinüber. »Schauen Sie. Der Gabin testet weltweit Tausende Restaurants pro Jahr. Es gibt etwa 1500, die mit Sternen ausgezeichnet werden, davon derzeit 13 in Luxemburg, hier: Das ›Corioli‹ hat zwei Sterne, ›L’Université‹ drei.«
    »Was hat das mit dem toten Tester zu tun?«
    »Verstehen Sie nicht? ›Deux Eglises‹ ist im Sterneverzeichnis des Guide überhaupt nicht aufgeführt. Das war es noch nie und wird es auch nie sein, egal wie gut unser Hasenpfeffer schmeckt. Diese Tester haben einen sehr vollen Terminkalender. Sie müssen täglich Gaststätten besuchen. Die schon mit Sternen ausgezeichneten Betriebe werden sogar mehrmals im Jahr kontrolliert. Diese Leute haben keine Zeit, einfach mal so in einem gutbürgerlichen Restaurant essen zu gehen.«
    Manderscheid legte einen Finger über seine Oberlippe. »Sie wollen mir also sagen, so jemand kommt nicht zufällig in Ihrem abseitig gelegenen Gasthof vorbei, sondern nur auf Weisung oder Empfehlung?«
    Kieffer fühlte, wie ihm mulmig wurde. Manderscheid traf den Nagel auf den Kopf. Auswärts zu speisen war für Gastrokritiker stets eine Pflichtveranstaltung; sie gingen nur selten zum Spaß in Restaurants. Ebenso wie Profiköche waren sie froh, an ihren freien Tagen in ihrer eigenen Küche ein schnödes Käsebrot essen zu können. Jemand musste Ricard zum Besuch des »Eglises« geraten haben. Aber wer?
    »Das … liegt nahe«, antwortete er zögernd, »aber ich wüsste nicht, wer mich empfohlen haben sollte.«
    In diesem Moment trat einer der Forensiker an Manderscheid heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann drückte er dem Kommissar eine kleine Tüte in die Hand, die dieser unter der Theke verschwinden ließ.
    »Monsieur Kieffer, ich hoffe, Sie verstehen, dass ich Sie bitten muss, Luxemburg nicht zu verlassen.«
    »Ich muss aber regelmäßig nach Frankreich und Belgien, wegen der Einkäufe.«
    »Ich befürchte, wir werden Ihre Küche auseinandernehmen und alle Ihre Lagerbestände überprüfen müssen. Solange die Spurensicherung damit beschäftigt ist, müssen Sie ohnehin schließen.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Mindestens drei Tage, vielleicht auch länger. Und bitte kommen Sie morgen Nachmittag aufs Präsidium.« Manderscheid strich seinen Notizblock glatt und erhob sich.
    »Eine Sache noch, Monsieur Kieffer. Hätten Sie freundlicherweise eine Karte des ›Zwou Kierchen‹ für mich?«
    »Sicher«, sagte der Koch und griff in eine Schublade, um dem Kommissar eine seiner auf marmoriertem braunen Büttenpapier gedruckten Visitenkarten auszuhändigen.
    »Haben Sie Ricard auch so eine gegeben?«
    »Nein, die gibt es standardmäßig erst mit der Rechnung.«
    »Interessant«, sagte Manderscheid und hielt Kieffer den kleinen Plastikbeutel unter die Nase, den ihm der Forensiker gegeben hatte. Er enthielt eine etwas verbogene Visitenkarte des »Deux Eglises«. »Somit stellt sich allerdings die Frage, wieso die hier in seinem Auto lag.« Dann steckte der Kommissar seine Pfeife in den Mund, drehte sich um und ging auf die Tür zu. »Äddi, Haer Kieffer.«

Das Buch
    Ein Glas Wein, Rieslingspastete und danach ein Stück Quetschetaart mit Sahne – auf der Luxemburger Sommerkirmes lassen es sich
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