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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt
Autoren: Herbert Dutzler
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auch ihre Existenz bedroht, wenn der Loisl ins Gefängnis musste.
    „Denk nach, Bruni!“, flüsterte der Friedrich eindringlich. „Wo könnte er sich verstecken? Hat er irgendwo was, wo er schlafen kann?“ Die Bruni sah mit geröteten Augen zu ihm auf. „Sein Motorradl ist weg. Es ist ja so eine Geländemaschine. Damit kann er überallhin.“ „Aber irgendeinen Unterschlupf muss er ja gehabt haben“, mischte sich Gasperlmaier ein. „Es ist kalt draußen. Er muss irgendwo geschlafen haben.“
    Plötzlich lächelte die Bruni. „Er hat mir ein paarmal erzählt, dass er mit seinen Freunden als Junger manchmal in der Hütte am Sandlingstollen zusammengewesen ist. Dass sie dort durch die kaputten Fenster ein­gestiegen sind und gejausnet und getrunken haben. Sie haben sogar dort geschlafen. Das ist hinter dem Salzberg oben, irgendwo bei dem Anschlag von einem alten Stollen.“ Na ja, dachte Gasperlmaier bei sich, wenn das jetzt ein Fernsehkrimi wäre, dann würden sie den Loisl sicher da oben finden. Aber bloß, weil er in seiner Jugend irgendwo in einer Hütte gesoffen hatte?
    Zu Gasperlmaiers Überraschung stand die Frau Doktor auf. „Worauf warten wir noch, meine Herren!“ „Tun Sie ihm nichts!“, kreischte die Bruni plötzlich. „Wenn Sie ihn mir erschießen, bring ich mich um!“ Der Friedrich wuchtete sich hoch und schloss sie noch einmal in die Arme. „Haben wir schon einmal einen erschossen, Bruni? Glaubst du, dass wir so was tun? Na also!“ Er ließ sie wieder los, und die Bruni sank wie eine leblose Puppe auf ihren Sessel. „Es tut mir leid, Frau Voglreiter, aber wie müssen Sie jetzt allein lassen. Glauben Sie, dass das geht?“ Die Bruni nickte, und die Frau Doktor bedeutete ihnen, schnell nach draußen zu kommen.
    „Mir ist selber nicht ganz wohl dabei, dass wir sie allein lassen“, sagte die Frau Doktor, als sie durch den Scherbenhaufen im Vorzimmer wateten. „Aber ich möchte mit Ihnen jetzt diese Hütte inspizieren. Ich glaub zwar nicht wirklich, dass wir den Loisl dort finden, aber wir können den Hinweis auch nicht unbeachtet lassen. Und sonst können wir ohnehin nichts tun!“
    Als sie sich gerade angeschnallt hatten, meldete sich Gasperlmaiers Pager. „Die Feuerwehr!“, sagte er. „Ein Einsatz!“ „Ja“, sagte die Frau Doktor und legte den ersten Gang ein. „Die wird heute einmal ohne Sie auskommen müssen. Wahrscheinlich ist es eh bloß ein Verkehrsunfall. Oder eine Katze ist auf einen Baum gestiegen und findet nicht mehr herunter. Sie haben ohnehin heute Früh eins auf die Birne bekommen, da sind Sie sowieso nicht einsatztauglich.“ Fast im gleichen Moment ging die Sirene los, und als die Frau Doktor auf die Hauptstraße einbog, konnte man in einiger Entfernung einen Feuerschein am Himmel wahrnehmen, und schon war auch das Geheul der Einsatzfahrzeuge zu vernehmen. „Gasperlmaier!“, schnaufte der Friedrich. „Das könnt bei deiner Mutter sein! Zumindest in der Nähe!“ Die Frau Doktor musste nicht mehr hören, sie holte ihr Blaulicht aus dem Handschuhfach, setzte es aufs Dach und gab Gas.
    „Um Gottes willen!“, schrie Gasperlmaier, als er sah, dass die Feuerwehrfahrzeuge tatsächlich in die Straße einbogen, in der das Haus seiner Mutter lag. „Die Mutter!“ Auf einmal ging es nicht mehr weiter, die Feuerwehrfahrzeuge blockierten die ganze Straße. Gasperlmaier sprang aus dem Auto und hastete an den Fahrzeugen vorbei auf das Haus seiner Mutter zu. Es würgte ihn in der Kehle. Die Frau Doktor hatte noch gemeint, er solle besser bei seiner Mutter bleiben. Aber nein, er hatte ja ins Wirtshaus müssen. Und zur tellerwerfenden Bruni.
    Tatsächlich drang Rauch aus dem Haus seiner Mutter. „Mama!“, schrie Gasperlmaier schon von weitem. Wenn sie noch am Leben war, würde er sich von nun an täglich um sie kümmern. Am besten, sie zog gleich zu ihnen ins Haus. Da konnte er besser auf sie aufpassen. Von hinten nahte ein Rettungswagen, der sich auf dem Straßenbankett mühsam an den Feuerwehrautos vorbeidrängte. Überall zuckten blaue Lichter. Gasperlmaier kam ans Gartentor. Die Feuerwehr hatte den Zaun vor dem Haus einfach umgelegt, um leichter an den Brand heranzukommen. Gasperlmaier sah Rauch aus den Fenstern dringen, sah den Wasserstrahl, der sich ins Innere des Hauses ergoss. „Wo ist die Mutter?“, schrie er die beiden Feuerwehrmänner an, die den Schlauch hielten. „Reg dich nicht auf, Gasperlmaier!“, antwortete einer davon. „Wir haben sie schon
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