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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte
Autoren: Helen FitzGerald
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verzeihen kann und endlich ihren Frieden findet.
    Er hatte an genau dieser Stelle gesessen und sich darauf vorbereitet, die Absolution zu erteilen und inneren Frieden zu schenken, als Jeremy zu reden begann.
    »Pater, vergeben Sie mir meine Sünden. Es ist eine Ewigkeit her, seit ich zum letzten Mal gebeichtet habe, und dies sind meine Sünden. Als ich acht Jahre alt war, habe ich ein Feuer gemacht. Das war im Keller meiner Schule, und es tut mir wirklich leid.«
    Pater Moscardini lächelte in seinem Beichtstuhl – die Absolution stand kurz bevor. Dann fuhr Jeremy fort.
    »Ich habe sieben … acht Tiere getötet. Auf unterschiedliche Arten. Unterschiedliche Rassen.
    Ich habe einen Mann und zwei Frauen vergewaltigt, nein, Moment. Doch, stimmt, einen Kerl und zwei Tussen.
    Ich habe vier Menschen umgebracht, und heute Abend werde ich den fünften umbringen. Ich hoffe, Pater, dass Sie mir wegen heute Abend im Voraus vergeben können – vielleicht ein paar zusätzliche Ave Marias?

    Die Erste war Bella, aber das wissen Sie ja schon. Da ist übrigens noch etwas, das ich mich frage. Weil ja die Vorhölle abgeschafft worden ist. Gilt das auch rückwirkend? Muss sie da jetzt schmoren, weil sie noch nicht getauft war? Ist nur so ’ne Frage.
    Die Zweite war eine Schlampe, der ihre Bücher wichtiger waren als ich.
    … Dann dieser kleine Koch namens Russell, der so gut mit Zitronengras geschmeckt hat.
    Halten Sie es für normal, dass eine Frau mit ihrer Mutter schläft? Das war kein schöner Anblick: eine Mutter, die sich windet, während die Tochter ihr die Nippel leckt. Mir ist ganz schlecht dabei geworden.
    Das wär’s soweit, Pater. Diese Sünden, und diejenige, die ich heute Abend begehen werde, tun mir wirklich leid. Und ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie mich wegen ihres Schweigegelübdes neulich beruhigt haben …
    … und danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«

[Menü]
59
    O Gott, wo ist er? Ich bin in der Gardner Street. Drinnen ist es dunkel. Ein paar Lichtreflexe von den Straßenlampen, aber sonst ist es dunkel, und der Holzboden ist schwarz vor Finsternis. Ich gehe den Flur entlang in die Küche, und ich sehe eine Tafel und eine Spüle, aber niemand ist da. Ich gehe ins Wohnzimmer, und da stehen Sofas und ein Fernseher, aber niemand ist da. Ich gehe in das Badezimmer, in Robbies Zimmer, in den begehbaren Wandschrank im Flur. Niemand ist da.
    Ich gehe langsam auf unser Schlafzimmer zu und öffne die Tür und springe jäh zurück. Doch was aussieht wie ein Geist, ist mein Hochzeitskleid, das im Türrahmen hängt. Ich hole tief Luft und mache das Licht an, und dann sehe ich eine wunderschöne Rose auf der Kommode, die an einer Haarklammer befestigt ist. Niemand ist auf oder unter dem Bett oder hinter dem Kleiderschrank, und als ich mich zum Gehen wende, ist da wieder mein Kleid, diesmal im Licht. Es ist voller Blut. Ich stehe fassungslos da und halte es in der Hand, und dann fällt mir ein Tropfen auf die Stirn. Ich blicke hoch und sehe, dass Blut von der Decke tropft.
    Ich renne ins Treppenhaus und sehe, dass die Bodenluke nicht richtig verschlossen ist. Mrs. McTay kommt mit ihren Einkäufen nach Hause und sieht zu, wie ich einen Stuhl aus der Küche hole, mich draufstelle und die Bodenluke mit einem Ruck öffne.
    Ich ziehe mich auf den Dachboden hoch. Ich taste in der Dunkelheit herum und lausche.
    Mit dem Schrei einer Bestie springt er auf mich zu und nagelt mich auf den losen Bodendielen fest.

    Ich werde dir niemals wehtun, sagt er, während er mich festhält. Mein Mädchen. Ich werde dir niemals wehtun.
    Aber genau das wird er tun. Er wird jedem wehtun, der ihn zu verlassen wagt.
    Als ich seinen irren Blick sehe, weiß ich, dass er Bridget McGivern umgebracht hat.
    Ich liege auf dem Rücken, und ich sehe ein Gemälde. Es ist schön. Schwarze Flüssigkeit tropft von ihm auf die Leinwand und den Boden. O Gott, es ist Chas. Seine Augen sind geschlossen, sein Kopf hängt herab, und Blut tropft von der Stelle, wo ihm die Finger mit der Elektrosäge abgetrennt wurden, die hinter mir liegt und immer noch brummt.
    Ich schreie, als ich sie auf dem Boden liegen sehe: fünf kleine Schweinchen in einer tiefen schwarzen Pfütze.
    Nachdem mich Jeremy zu Boden geworfen hat, scheint er nicht recht zu wissen, was er als Nächstes tun soll. Er sieht mir mit einem Babyblick direkt in die Augen und forscht in meinem Innern. Ich blicke zu Chas hoch, seinen toten, geschlossenen Augen, und plötzlich weiß ich, was
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