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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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hatte.
    Lebenslänglich, so das Gerichtsurteil. Ohne Anwalt und ohne Sprachkenntnisse lebte er unter Mördern in total menschenunwürdigen Zellen innerhalb eines Barackenlagers, aus dem keiner gesund in die Freiheit zurückfinden konnte.
    Sein Schreiben an die deutsche Botschaft in Ankara war nicht weitergereicht worden.
    Er vegetierte ohne Hoffnung im Schmutz und Dreck, im Winter hinter offenen Fenstern ohne Heizung, im Sommer während der Hitze bei Wasser und Brot.
    Heemerfeld hatte die Versicherungsprämie kassiert, so verkündete der hinzugefügte Nachsatz eines Helfers. Der Fahrer galt dabei als tödlich verunglückt.
    Uns war klar, dass dieses herzzerreißende Schreiben illegal in die Hände des türkischen Doktors gelangt war.
    Entsetzt sagte ich: »Der große Mann genießt höchste Ehrungen, während meine Tochter, die sich in Gefahr begeben hat, um Verbrechen aufzudecken im Vorgriff auf ihren späteren Beruf, im Gefängnis sitzt. Der junge Student Dotter musste sein Leben lassen für seine idealistische Gesinnung.«
    Rechtsanwalt Weidenreich, der die Schrift des Briefes sehr genau analysierte, hätte mit Sicherheit die Möglichkeit einer Fälschung in Erwägung gezogen, wenn die Gangster nicht in seiner Kanzlei eingebrochen hätten.
    Jan ten Woolf, dem das Bier besonders gut zu schmecken schien, sagte scherzhaft: »Heemerfeld hält sein Versprechen. Rund um die Welt mit Heemerfeld, nicht wahr, Klaus?«
    Dann erhob er sich, ging zum Telefon, und wir hörten, wie er mit mehreren Dienststellen sprach und dazu fast eine Stunde benötigte, bis er wieder zu uns kam.
    Ich musste lachen, als ich mir vorstellte, was mein Freund Werner Selter sagen würde, wenn die Post ihm die Gebühren vom Konto abbuchte.
     
    Gegen acht Uhr rief Weidenreich seine Büroangestellte zu Hause an, berichtete ihr den Vorfall und bat sie, den Klienten höflich neue Termine zu nennen, da er dringend außer Haus sei. Er bat sie auch, die Kripo über den Einbruch zu benachrichtigen, und entzog sich auf diese Weise den zu erwartenden neugierigen Fragen der Polizei.
    Wir kamen gern dem Vorschlag Jan ten Woolfs nach, in einem Café am Kurfürstendamm zu frühstücken.
    Wir verließen das Apartmenthaus nicht allein. Zwei Kombifahrzeuge folgten uns. Selbst als wir einen Tisch fanden, der im hinteren Raum des Cafés lag, nahmen nicht weit von uns junge kräftige Männer an einem Tisch Platz.
    »Wir stehen auf der Abschussliste der Terroristen«, sagte ten Woolf so ruhig, als spräche er über Brötchen, die uns die Bedienung in einem Körbchen servierte.
    Die Menschen gingen ihren Alltagsgeschäften nach, die breiten Bürgersteige füllten sich, und wir sahen, wie uns gegenüber die Geschäfte ihre Türen öffneten.
    Ein junger Mann vom Tisch mit unseren Bewachern näherte sich mit einer Zigarette in der Hand unserem Tisch. Er bat ten Woolf um Feuer, und ich beobachtete, wie ein Briefumschlag blitzschnell in Jans Hand verschwand.
    Jan legte die Fotos und den Brief aus dem Gefängnis unbemerkt zwischen die Seiten einer Morgenzeitung und reichte sie dem anderen.
    »Wir benötigen sie nicht mehr«, sagte er.
    Jan ten Woolf öffnete den Brief, las und informierte uns.
    »Die amtlichen Kennzeichen des Lastkraftwagens«, flüsterte er und steckte den Brief in seine Jackentasche.
    Mir gelang es nicht, das Frühstück zu genießen. Mein Magen war wie zugeschnürt, obwohl ich auf der Sea Ghost in ganz anderen Situationen meinen Appetit nie verloren hatte.
    Ten Woolf bezahlte schließlich.
    Nicht weit entfernt vom Café fanden wir ein Taxi. Jan ließ sich vom Fahrer umständlich einen Stadtplan vorlegen, benutzte seine holländische Sprache, während er sich dauernd orientierend umsah. Schließlich sagte er: »Fahren Sie uns zur Universität.«
    Meinen Angstgefühlen erlegen, blickte ich mich nervös um, während Weidenreich gelassen neben mir dösend aus dem Fenster schaute.
    An der Uni wechselten wir das Taxi und fuhren auf Umwegen wieder in die Innenstadt. Vor dem Glaspalast einer Versicherungsgesellschaft stiegen wir aus und betraten das Gebäude.
    Jan hielt seinen Dienstausweis in der Hand und stellte mich als Kollegen vor. Weidenreich konnte sich als Rechtsanwalt ausweisen.
    Der Mann in Livree winkte einen jungen Mann zu sich, der bereits auf uns gewartet zu haben schien.
    »Direktor Doktor Zeh erwartet Sie«, sagte er und führte uns zum Aufzug.
    Als das Anzeigefenster die Acht aufleuchten ließ, hatten wir die Chefetage erreicht.
    Das Büro glich
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