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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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waren im Großformat. Sie zeigten einige Männer, die mich mit ihren ausgemergelten Gesichtern und den kahl geschorenen Köpfen hinter Gittern an Fotos unserer dunklen Vergangenheit erinnerten.
    »Das sind Fahrer der Autos, gesteuert große LKW. Angeklagt wegen Waffenschmuggel und Opiumtransport, und sie nicht kennen Fracht, sondern glauben an Brief, was ist internationales Dokument. Und dann Gefängnis! Aber ist türkische Gefängnis nicht deutsches. Es ist Hölle!«
    Mir liefen Schauer über den Körper, denn ich hätte mit ein wenig Pech auch dort landen können.
    Der Doktor ergriff das Wort. Er beherrschte unsere Sprache perfekt und sagte: »Hinzu kommt, dass die Fahrzeuge hoch versichert sind, als verschrottet gelten, beziehungsweise für verunglückt erklärt, die Fahrer für tot gehalten werden und Heemerfeld hohe Versicherungssummen kassiert, ohne sich um die in Gefängnissen darbenden Fahrer zu kümmern. Dabei ist die Gewinnaussicht so hoch, dass es reicht, wenn von drei Lastzügen nur einer sein Ziel erreicht.«
    Das klang in der Tat nach einem Riesenverbrechen.
    Aber Josef Weidenreich suchte nach der fehlenden Logik.
    »Wenn Fahrzeuge der Firma Heemerfeld in der Türkei beschlagnahmt werden, weil sie illegales Gut transportieren, dann müssen die Behörden doch gegen seine Firma vorgehen«, sagte er.
    Der Doktor lachte erneut.
    »Mein Freund, das würde in Berlin so gehandhabt werden, aber bei uns ist die Logik eine andere. Der Fahrer ist es, der verantwortlich ist für das, was er transportiert, und nicht ungreifbare Gesellschaften, Strohmänner oder Drahtzieher ferner Länder. Das hat historische Ursprünge. Der, der auf dem Kamel sitzt, der kennt das Gepäck, nicht der, der behauptet, es sei sein Tier.«
    Das wirkte nicht konstruiert.
    Jan ten Woolf fragte: »Aber die Fahrer haben Angehörige. Diese wenden sich doch sicher an die Botschaft, und der Schwindel muss dann doch auffliegen!«
    Der Doktor sagte ernst: »Heemerfeld hat es leicht. In Deutschland sind viele junge Leute arbeitslos.« Er schob Jan einen verschlossenen Briefumschlag zu. »Lesen Sie den Brief zu Hause!«
    Jan nahm den Umschlag und steckte auch die Fotos wie Heiligtümer unter seine Wetterjacke.
    »Wie heißt die türkische Partnerfirma, die mit Heemerfeld zusammenarbeitet?«, fragte er.
    So, als hätte er den ganzen Abend nur darauf gewartet, den Namen loszuwerden, sagte der Doktor: »Chegül, Istanbul, Muraf Cadde 13.«
    Er fuhr fort: »Er ist der Anführer der Meerestiere. Ihm und Heemerfeld gehören Wohnungen im Düsseldorfer Raum, in denen die Terroristen Unterschlupf finden.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Doktor, ich habe verstanden«, sagte Jan ten Woolf.
    Als wir Anstalten machten, unsere Getränke zu bezahlen, protestierten die Türken. Wir verabschiedeten uns und verließen das Ankara.
    Weidenreich führte uns zu seinem Mercedes. Wir sahen den VW-Bully, den als städtische Bedienstete getarnte Polizeibeamte in der Nähe abgestellt hatten. Sie besserten eine defekte Straßenleuchte aus und luden das Gerät auf, als wir davonfuhren.
    »Legen Sie die Fotos vorerst in Ihren Tresor, Herr Weidenreich«, sagte ten Woolf.
    Der Anwalt steuerte den Wagen zu seiner Kanzlei. Wir blieben im Mercedes sitzen, als er die Fotos an sich nahm und die Tür seiner Kanzlei aufschloss.
    Doch wie vom Blitz getroffen, erschien er nur wenige Sekunden später und stotterte aufgeregt: »Ein Einbruch!«
    Wir folgten ihm in die Kanzlei. Der Tresor war aufgesprengt worden. Die Tür hing zerfetzt in den Angeln.
    »Die Fotos und Negative?«, fragte ich entsetzt, denn mir war blitzschnell klar geworden, dass sich Ingas Situation ohne Beweismaterial sehr verschlechtern würde.
    Weidenreich sah mich an. »Die liegen im Safe meiner Bank«, antwortete er erleichtert.
    »Herr Weidenreich, lassen Sie alles so, wie wir es vorgefunden haben«, sagte ten Woolf. »Wir fahren zum Apartment. Dort sind wir vor Nachstellungen sicher.«
    Wir schwiegen, während der Anwalt den Mercedes durch den aufgelockerten Verkehr fuhr.
    Ich sah den VW-Bully in sicherem Abstand hinter uns.
    Weidenreich fand eine Parklücke, und als wir das Haus betraten, grüßten uns Beamte, die ten Woolf kannten.
    Mein Biervorrat reichte. Wir setzten uns an den Tisch.
    Jan öffnete den Brief, den der türkische Doktor ihm ausgehändigt hatte, und las ihn uns laut vor.
    Ein Fahrer der Firma Heemerfeld war der Absender, ein junger Mann, in dessen Fahrzeug die türkische Polizei Waffen gefunden
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