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Lesereise - Schweden

Lesereise - Schweden

Titel: Lesereise - Schweden
Autoren: Rasso Knoller
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Schlitten festhalten! Auch die hatte ich nicht befolgt. Bei so vielen Anfängerfehlern scheinen sogar die Hunde Mitleid zu haben: Sie waren zwar losgerannt, blieben aber schon nach wenigen Metern stehen.
    Während der Fahrt blickt Krister, der voranfährt, immer wieder über die Schulter, um uns Greenhorns im Auge zu behalten. Als er meinen umgestürzten Schlitten sieht, treibt er sofort die Krallenbremse seines Gefährts in den harten Schnee. Seine Hunde kommen fast augenblicklich zum Stehen. Nachdem er auch noch den Schneeanker in den Boden gerammt hat, springt er von seinem Schlitten und fängt meine Hunde ein. Währenddessen protestieren die Huskys lauthals gegen die Bewegungssperre: Sie haben Spaß am Laufen und wollen weiter. Auch meine Hunde stimmen in das Gebell ein und treiben mich zur Eile an. Mir ist das Ganze peinlich. Denn inzwischen hat sich hinter mir ein Stau gebildet, die übrigen Schlittengespanne haben aufgeschlossen. Achtundvierzig Hunde und sieben Männer drängen voran. Ich springe so schnell es geht zurück auf den Schlitten. Doch vorher klopft mir Krister noch auf die Schulter. »Vergiss die Bremse nicht!«, schreit er gegen den Lärm der Hunde an. Ich nicke, blicke leicht betreten drein.
    Bei strahlendem Sonnenschein und klirrender Kälte zieht die verschneite Landschaft an mir vorbei. Kilometer um Kilometer legen wir zurück – und auf jedem Stück des Weges lasse ich einen Teil meiner Anspannung hinter mir. Ich spüre die unbändige Kraft der Huskys. Ihre offensichtliche Freude am Laufen überträgt sich zunehmend auf mich – ich fühle mich stark. Hinten auf meinem Schlitten stehend, gerate ich geradezu in einen Glücksrausch. Ich werde auch lockerer, weil ich inzwischen recht sicher auf dem Tritt stehe, geschickt Schneelöcher und Mulden abfedere – und an Abhängen rechtzeitig bremse. Sobald es bergauf geht, springe ich wie ein Profi vom Schlitten und laufe neben ihm her. Schließlich habe ich etwas gutzumachen und will deswegen meinen Hunden nicht unnötig zur Last fallen.
    Kalt wird mir so trotz der Minusgrade nicht. Als wir am späten Nachmittag im Camp ankommen, bin ich völlig verschwitzt. Am liebsten würde ich mir jetzt etwas Trockenes anziehen und ein warmes Süppchen kochen. Aber das muss warten. Denn erst sind die Hunde dran. Die versorgt jeder Musher selbst. Musher, das ist Profijargon – gemeint sind die Hundeschlittenlenker. Und wie Profis kommen wir uns inzwischen alle vor. Zuerst werden also die Huskys gefüttert – auf dem Speiseplan steht Trockenfutter – und danach ist ausgiebiges Streicheln angesagt. Satana, der jüngste Hund in meinem Team, zieht allerdings das Dessert dem Hauptgang vor: Während sich die übrigen Hunde gierig über ihr Fressen hermachen, stößt mich Satana mit der Schnauze an und fordert mich auf, ihn zu kraulen. Der Name will so gar nicht zu ihm passen: Satana ist ein finnisches Wort und bedeutet Teufel.
    Nachdem der Hund versorgt ist, kommt der Mensch an die Reihe. Wir stapfen zu einer kleinen Holzhütte, sind überrascht, dass es drinnen schon mollig warm ist. Ein Vortrupp, der mit Motorschlitten vorangebraust ist, hat den Bullerofen in Gang gesetzt. Überhaupt haben wir eine richtige Luxussafari gebucht: Wir müssen zwar in alter Landschulheimmanier den Tisch decken, doch gekocht wird für uns. Als der dampfende Topf mit Würstchen und Kartoffeln auf dem Tisch steht, schöpfen wir uns mit einer riesigen Kelle gierig das Essen auf den Teller. Da es Nachschlag gibt, sitzen wir bald satt und zufrieden auf den harten Holzbänken. Kerzenlicht hat den Raum in ein romantisches Rot getaucht. Eine Stimmung, die etwas ins Leere geht: In der Gruppe befinden sich ausschließlich Männer. Außerdem ist etwas Prahlen angesagt: Wir fachsimpeln wie Profi-Musher über die Qualität unserer Hunde. Jeder will das schnellste und stärkste Gespann, die bravsten und liebsten Huskys haben. Ich beobachte die anderen und sage nur wenig: Weiß ich doch, dass sie irren – denn Satana läuft in meinem Gespann.
    Es ist spät geworden, doch der Höhepunkt des Abends steht noch bevor: ein Saunagang. Das Saunahaus liegt nur wenige Schritte von unserer Hütte entfernt. Ich liebe das Knistern des brennenden Holzes, das Flackern der Flammen und den typischen Saunageruch – diese Mischung aus Holz, Schweiß und Wasser. Und so habe ich mich freiwillig gemeldet, die Sauna anzuschüren. Außerdem kann ich so auf dem Weg dorthin nochmals bei Satana vorbeischauen. Während ich
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