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Lesereise Nordfriesische Inseln

Lesereise Nordfriesische Inseln

Titel: Lesereise Nordfriesische Inseln
Autoren: Kristine von Soden
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und Hermann Matthiesen, leben dort draußen im Wattenmeer. 1990, als das Amt für Land- und Wasserwirtschaft einen Wärter für die Hallig brauchte, bewarben sie sich. Ihren Fernseher, den sie damals aus Angst vor Langeweile mitkarrten, haben sie bald ausrangiert. Oft bekommen Matthiesens von Wattwanderern Besuch. Eigenprodukte aus ihrer ökologischen Landwirtschaft werden dann aufgetischt. Hühner, Kühe, Schafe gehören zu ihrer Warft, Apfelbäume, Pappeln, Eschen, ein Pony, ein Pferd. In ihrer guten Stube, dem »Pesel«, kann neuerdings geheiratet werden. Bei Land unter klatscht die Nordsee an die Fensterscheiben.
    Wie auf Hallig Habel hat auch auf Südfall nur der Vogelwart vom Verein Jordsand Zutritt. Und dies nur im Sommer. Denn die Hallig ist Brutplatz für Lachmöwen und Sandregenpfeifer, ihr Schillfeld aus Herzmuschelschalen ein Lieblingsort für Zwergseeschwalben. Menschenferne und Einsiedelei suchte Diana von Reventlow-Criminil auf Südfall. 1910 hatte sie die Hallig gekauft und sich eine Villa (!) darauf gebaut. Fünfundvierzig Sommer verbrachte die aus dem Zweig der Holsteiner Reventlows stammende »Halliggräfin« auf Südfall. Zuletzt lebte sie ständig dort, auch im Winter. Bis ins hohe Alter frühstückte sie tagtäglich um neun Uhr in ihrem Bett und nahm anschließend ein Nordseebad. Aber nicht in den wirklichen Wellen vor der Tür. Ein Bediensteter musste das Nordseewasser mit Eimern in ihr Bad holen und es in die Wanne schütten. Bei Frost und Eis schlug der »Bademeister« ein Loch in den Fething, den Süßwasserteich auf der Warft, und schöpfte daraus das gräfliche Nass. Die schöne Diana starb mit einundneunzig Jahren. Vier Pferde zogen ihren Sarg durchs Watt. Südfall ist heute wie Habel eine Vogelhallig. Ebenso Norderoog. Die Hallig liegt am weitesten draußen im Wattenmeer, am Ende der Halligwelt.
    Wenn man aus dieser wieder ans Festland zurückkehrt, im Nebel frühmorgens vom Fähranleger auf Hallig Langeneß ablegt, entrücken allmählich die Umrisse jener einzigartigen Naturphänomene, erscheinen die Halligen wie Schiffe am Horizont.

Auf der Milchstraße in die Zukunft
Die Marscheninsel Pellworm mit ihren Überraschungen
    Sie ist nach Sylt und Föhr die drittgrößte nordfriesische Insel – ab Hamburg Richtung Süden aber am wenigsten, vielfach überhaupt nicht bekannt. Sie hat fünfmal so viele Schafe wie Einwohner. Knapp dreißig Insulaner verteilen sich auf einem Quadratkilometer. Auf Sylt sind es zweihundertzehn, auf Föhr einhundertvier. Pellworm ist sechs Kilometer breit und sieben Kilometer lang. Jeder kennt jeden. Weshalb tunlichst vermieden wird, sich mit Nachbarn, Freunden oder Verwandtschaft ernsthaft in die Wolle zu kriegen. Kehrseite des sozialen Zwangs: Werte, die andernorts entschwunden sind, haben hier noch Sinn und Gültigkeit, Zusammengehörigkeit vor allem, ob in Vereinen wie »Ökologisch Wirtschaften« oder beim Sport, ob im Naturschutz oder beim Skat Kloppen , was auf Pellworm speziell im Winter leidenschaftlich betrieben wird und im Sommer auf tagelangen Turnieren mit Urlaubsgästen! Wem die Decke auf den Kopf fällt, der kann die Insel für ein paar Stunden oder Tage verlassen. Umgekehrt gilt für Stressgeschädigte aus der Stadt: Auf einer Tagesradtour, besser noch an einem Wochenende oder an zweien, salzt Pellworm die Sinne, werden verschlissene Nervenkostüme durch duftende Kornblumen und goldene Rapsfelder wieder aufgefrischt. Die Überfahrt vom Hafen Tammensiel zum Fähranleger Strucklahnungshörn auf der Halbinsel Nordstrand (beziehungsweise anders herum) dauert ungefähr eine halbe Stunde. Die Fähren der Neuen Pellwormer Dampfschifffahrts-Gesellschaft ( NPDG ) legen abhängig von Ebbe und Flut etwa fünfmal täglich in beide Richtungen ab. Wer sein Auto mitnehmen will, sollte rechtzeitig einen Platz reservieren. Die »Pellworm« ist vor allem während der Saison immer schnell ausgebucht. Als die NPDG 1902 gegründet wurde, war man zwischen Pellworm und Festland um den Heversteert herum noch über zweieinhalb Stunden unterwegs.
    Pellworm hat vieles nicht, was andere haben. Wartet stattdessen mit Überraschungen auf, die der Marscheninsel ein eigenwilliges und oft genug urtümliches Gepräge verleihen.
    So gibt es keinen Sandstrand. Aber elf »grüne« Strände – ähnlich wie in Büsum. Eine dieser Grasoasen, bestückt mit bunten Strandkörben, erstreckt sich am Fuße des Leuchtturms, dessen zwei bautechnisch gleiche Brüder die rot-weißen Türme von
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