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Lesereise Kulinarium - Italien

Lesereise Kulinarium - Italien

Titel: Lesereise Kulinarium - Italien
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Welt machte, ist der kernige Sizilianer mit dem verschmitzten Grinsen auch in Palermo eine Berühmtheit.
    Abteilung Fleisch. Nichts für zart besaitete Gemüter. Halbe Lämmer baumeln in bunt gekachelten Ladengewölben, Rinderteile, dicke Schinken, Hühner in allen Formen, lebendig, gerupft, in Käfigen. Zicklein, schon erlegt, teils noch mit Fell, die am besten über den Rost gebraten mit frischen Kräutern oder in umido , gesotten, mit Gemüse der Saison, schmecken. Gegenüber ein Röster, auf dessen Holzkohlengrill Lammkoteletts, Schweinebauch und coratelle (sizilianisch auch stigliola ), Innereien vom Lamm, vor sich hin brutzeln. Daneben ein Arancini -Stand, hier gibt es Bällchen aus safrangelbem Reis, außen goldgelb wie eine Orange gebräunt in siedendem Fett mit einer Füllung aus gedünstetem Gemüse und Käse, Fleisch- oder Fischragout.
    In der nächsten Gasse ein Stand mit involtini , Fleischröllchen, einem typisch sizilianischen Gericht der armen Leute, für die es das Wichtigste war, die Speisen haltbar zuzubereiten, um sie über längere Wege transportieren zu können.
    Selbstverständlich hat auch der Käse seinen eigenen Auftritt. In allen Gelbtönen und den merkwürdigsten Formen hängen die Laibe am Stand. Von der ganzen Käsepalette des Stiefels bis zu Spezialitäten wie dem pecorino con la lacrima , dem weinenden Schafskäse. Ein gut abgelegenes Käsestück, das über die Nudeln gerieben wird und den parmigiano vergessen lässt. Cacciocavallo ist ein birnenförmiger, etwas säuerlich schmeckender Kuhkäse. Ragusano , ebenfalls ein Käse aus Kuhmilch, gibt es pikant gewürzt in den verschiedensten Formen. Ricotta gibt’s ebenfalls in vielfältigen Varianten. Affumicata , geräucherter Käse aus Schafsmilch, als ricotta forte und ricotta salata, abgelagert und gesalzen.
    In den Seitengassen kleine Lädchen, Metzger, Bäcker, Tante-Emma-Läden, die vom Schnürsenkel bis zum Kaugummi alles verkaufen. Davor breiten Verkäufer Zigaretten aus.
    Ein Geräuschgewirr wie auf einem orientalischen Basar, es wird gefeilscht, gestritten, beraten, geflucht, gelacht. Und über allem wacht die Muttergottes, die in jedem Marktstand ein Plätzchen hat, neben winzigen farbigen Lämpchen mit Plastikblumen.
    Wer keine Lust hat, sich knöcheltief ins Gewühl zu begeben, setzt sich auf die kleine Terrasse über dem Markt in der Trattoria Shanghai. Dort kann man die – trotz des Namens nicht chinesische, sondern typisch palermitanische! – Küche kosten und auf das Mittagstreiben der Vucciria herabschauen. Oder aber man schaut sich einfach das berühmte Bild an, das Renato Guttuso 1974 von der Vucciria gemalt hat.
    Natalie John

Pastorale Gefühle
Ein Tag auf dem Land
    Natürlich mussten wir zuerst noch bei einer pasticceria, einer Konditorei, vorbei. Denn ohne dolci, kleine süße Teilchen, zum Kaffee als Gastgeschenk taucht man bei seinen Gastgebern nicht auf, wenn man zum Mittagessen eingeladen ist. Wir entschieden uns, nicht ganz uneigennützig, für ein paar Hundert Gramm von diesen knochentrockenen matt-süßen Keksstücken, cantucci, cantuccini alla mandorla oder biscotti di Prato genannt, in denen Mandeln stecken und die man zur Abrundung eines guten Essens in ein Gläschen Vin Santo , den toskanischen Dessertwein, taucht. Dort saugen sie sich voll, werden mürbe und ihr zartes Anis- und Mandelaroma verbindet sich auf eine Weise mit der Likörblume, dass, wenn beides von guter Qualität ist, sogar an italienischen Tischen für einige Zeit andachtsvolles Schweigen herrscht.
    Florenz war kalt und grau. Wie jedes Mal, wenn ich die Stadt verließ, wunderte ich mich auch jetzt wieder, wie rasch man aus dem städtischen Umfeld herausgefahren ist und sich in ländlicher Umgebung wiederfindet. Wir fuhren Richtung Arezzo, wo Roberto eine Freundin und mich zu seinen Eltern aufs Land, in die campagna, eingeladen hatte. Er war ein bescheidener junger Mann, der aus seiner ländlichen Herkunft keinen Hehl machte. Gegen Mittag hatte er uns mit seinem Wagen abgeholt. Kaum waren wir ein wenig hügelan gefahren, als sich der Nebel auch schon lichtete und die Sonne, erst silbrig verschleiert, dann blitzend klar auf blauem Himmel erstrahlte und sich alle Mühe gab, diesen Wintertag anzuwärmen.
    Roberto befand sich in einer schwierigen Lebensphase. Er stand am Abschluss seines Rechtswissenschaftenstudiums, hatte jedoch wenig Lust auf das durchgestylte, städtische Leben, das ihm bevorstand, wenn er sich als einer der tausend
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