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Lesereise Kulinarium - Italien

Lesereise Kulinarium - Italien

Titel: Lesereise Kulinarium - Italien
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Advokaten, die es in Florenz gab, niederlassen würde. Er hatte nun vor, in den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern einzusteigen, die Weinberge, die Oliven, das Landhaus zu übernehmen. Roberto war der einzige Sohn, seine Eltern wurden zusehends älter, aber aufgeben wollten sie nicht. Allzu viele Gehöfte in ihrer Nachbarschaft waren an Ausländer, meist Engländer, Schweizer oder Deutsche, verkauft worden, und das war das Letzte, was diese stolzen Leute wollten. Ob aber außer den beiden Alten auch Roberto und womöglich noch eine junge Familie von den Erträgen des Anwesens würden leben können, das war nicht abzusehen. Und ob seine Florentiner Freundin sich überhaupt eine Zukunft auf dem Land vorstellen könnte, das war alles andere als abgemacht.
    Das Haus von Robertos Familie lag inmitten der familieneigenen Weinberge in einem hübschen vergammelten Garten mit alten Terrakottavasen und einem wundersamen Kaki-Baum, der auf völlig kahlen Ästen seine orangeroten, fad-süßlichen Früchte wie Weihnachtskugeln präsentierte.
    Roberto führte uns in die Küche, wo la mamma, schön und kräftig, die minestrone bereitete. Ich wurde ohne Umstände angenommen, einbezogen, alles freundlich, selbstverständlich und ohne besonderen Aufhebens.
    Die Küche war der einzige warme Raum im ganzen Haus, das immerhin sechzehn Zimmer hatte, weil hier der Kamin brannte. Ein netter falber Jagdhund mit Schlappohren und struppigem Haar wedelte umher, zwei Katzen, silbergrau und schwarz, schmusten und schnurrten mit zugekniffenen Augen in einem Körbchen am Kamin. Ich setzte mich zu ihnen, um mir den Rücken zu wärmen. Dann bekamen wir Kaffee und Röstbrote mit Honig aus eigener Herstellung, in dem noch kleine Wachsstücke schwammen. Robertos Vater war draußen auf der Jagd, hatte aber schon früh am Morgen fürs Mittagsmahl einen Hasen präpariert, gefüllt und zugenäht, sodass er nun nur noch mithilfe einer Hühnerfeder mit Olivenöl bepinselt und in den Backofen geschoben werden musste. Dazu sollte es Kartoffeln geben, die wir gemeinsam schälten und längs viertelten. Sie kamen zusammen mit einigen Rosmarinzweigen in den Ofen, ein Stockwerk unter dem Hasen auf ein eingeöltes Blech, und würden dann automatisch zur selben Zeit gar sein wie das Fleisch.
    Wir gingen solange ins Freie, denn es war ja eine giornata splendida, ein strahlender Tag. Davvero! Herrliches Land! Sanft hügelig, von vielen Eichen bestanden, die hier kleine feste Blätter haben, jetzt bräunlichgelb verfärbt, und dazwischen stehen die knorrigen, silbergrünen Olivenbäume. Das beste Öl Italiens wird hier gewonnen! Roberto erklärte uns, dass das Öl dort am schmackhaftesten ist, wo es auch mal kalt wird und der Ölbaum nicht ständig von der meridionalen Sonne verwöhnt wird. Die Pflanzensäfte müssten sich hier mehr anstrengen, und das bringe kräftigere Geschmacksstoffe hervor. Außerdem sorgen sich die Kleinbauern um jeden einzelnen Baum und der Ertrag ist zu gering, um die Ernte industriell zu verarbeiten. Bald beginnt die Zeit des Olivenstreifens! Die Männer sitzen dann in den Bäumen, streifen die schwarz glänzenden, prallen Früchte von den Ästen und werfen sie in das unterm Baum ausgelegte Tuch. Die Ernte bringen sie unverzüglich zum frantoiano, zum Ölmüller in die Ölmühle, die auf Italienisch frantoio heißt. Und in ein paar Wochen ist das neue Öl fertig gepresst und abgefüllt. Teuer ist es, da ohne Maschinen alles länger dauert, schwieriger zu bewerkstelligen ist und die Gesamtmenge so klein ist. Deshalb hat dieses Öl auf dem europäischen Markt keine Chance. Es bleibt hier sozusagen in der Familie, wird bei den örtlichen Ölfesten angeboten, bei denen es Ölproben gibt wie anderswo Weinproben, und wird an ein paar nahe gelegene trattorie verkauft.
    Es sei denn, man schafft gleich den großen Sprung und wird Hoflieferant der englischen Krone! Prinz Charles nämlich, der bei seiner ersten Italienreise von der toskanischen Küche so begeistert war, dass er einen seiner Hofköche zur Fortbildung hierher geschickt hat, kam danach noch öfter, allerdings ohne Diana, nach Florenz, hat sich zu einem Olivenölkenner und -liebhaber entwickelt und lässt sich inzwischen regelmäßig mit den kostbarsten Ölen beliefern. Und welcher Gourmet täte es ihm nicht gleich, wenn er könnte!
    Das Mittagessen wartete auf uns. Auf dem Küchentisch waren rot gemusterte Stoffsets gedeckt und darauf das schwere Steingutservice. Man kennt die Art:
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