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Lesereise Kulinarium - Italien

Lesereise Kulinarium - Italien

Titel: Lesereise Kulinarium - Italien
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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    Aber wie verbreitete sich nun die Wurstfama von den nebelschwangeren Hochebenen in Norcia über ganz Italien? In den Zeiten vor Fernsehen und Internet? Die norcini, die Schweinemetzger, machten sich in den – wie gesagt ausgesprochen einsamen – Wintermonaten, wenn die Gegend eingeschneit war, mit ihren Würsten auf den Weg, tourten durch Latium, durch die Toskana. Zuerst zu Fuß. Dann mit der Postkutsche – 1855 wurde eine Straße gebaut, die Norcia mit Spoleto verband. Den Römern schmeckten die umbrischen Würste so gut, dass sie die umbrischen Metzger zu einem eigenen Berufsstand erhoben. Und sogar eine eigene Kirche bekamen die Wurstmacher von Norcia im 17. Jahrhundert in der Hauptstadt: die Chiesa della Nazione Norcina in der Via di Torre Argentina; in der Via Colonna lag das dazugehörige Spital. Nach dem Zweiten Weltkrieg beendeten die umbrischen Wurstmacher ihre Tourneen, verließen ihre abgeschiedenen Heimatstädtchen, um anderswo ihr Glück und Geld zu machen. Sie ließen sich mit ihren Familien vor Ort nieder und gründeten dort norcinerie . Aber auch in Norcia boomte das Wurstgeschäft. Vor allem italienische Gourmettouristen zog es in den letzten Jahren zum Gastroshopping in das Städtchen, Feinkostgeschäfte sprossen wie Pilze aus dem Boden. Jeder wollte die leckeren Schweinereien aus Norcia: capolcolli , culatelli , lonze , salame , salsicce , mazzafegati .
    Allerdings hat inzwischen wohl einige umbrische Metzger die Unlust gepackt – ist ja auch verständlich, denn die Winter sind nicht mehr so kalt, es gibt Zentralheizung, und nicht mehr so einsam, es gibt Ratesendungen, Talkshows und Endlos-Serien –, denn nicht in jeder Metzgerei in Norcia werden ausschließlich Produkte aus Norcia verkauft. Da kommt der Schinken schon mal aus San Daniele, die salami aus der Toskana und der Käse aus Parma.
    Der Trend geht heute außerdem weg vom Schwein, hin zum Hirschen. Wer auf sich hält in Norcia, der sattelt um; denn natürlich schläft auch die Konkurrenz, in diesem Fall die anderen italienischen Schweinemetzger, nicht und lernt dazu. So haben viele Metzger aus Norcia ihr Angebot inzwischen ausgebaut und beschäftigen sich intensiv mit Wild. Wildschweine, Hirsche, Mufflons werden angesiedelt, in freier Wildbahn unter strenger Kontrolle aufgezogen. Daraus entstehen dann Spezialitäten wie Damhirschschinken, Damhirschwurst, Damhirschfilet. Jedes Jahr im September wird die Sagra del daino, das Damhirschfest gefeiert, mit einer Damhirschverkaufsausstellung und einer Damhirschfleischverkostung.
    Aber Norcia denkt auch an die Vegetarier: Italienweit berühmt sind die kleinen grünen lenticchie di Castelluccio . Castelluccio ist das höchst gelegene Dorf Umbriens, am nördlichsten Punkt des Piano Grande, thront in einer Höhe von vierzehnhundert Metern, zehn Autominuten von Norcia entfernt. Hier oben werden die hocharomatischen, federleichten und sehr eisenhaltigen Linsen angebaut, ohne chemische Düngung, denn diese Linsenart hat keine Schädlinge. Ausgesät wird nach der Schneeschmelze, und dann brauchen die Pflänzchen nur noch schönes Wetter. Im Juni blühen die Linsenblüten in einem unglaublichen Violett – Castelluccio feiert ihnen zu Ehren das Fiorita -Fest –, Ende Juli werden dann die Pflanzen ausgerissen und zum Trocknen auf den Feldern ausgebreitet. Linse für Linse wird mit der Hand geerntet, ungefähr tausend Doppelzentner. Die guten ins Töpfchen … Die lenticchie di Castelluccio sind so zart, dass sie vor dem Kochen nicht eingeweicht werden müssen, verlieren nie ihre Schale, zerkochen nicht und kosten in Italiens Feinkostläden dreimal so viel wie gewöhnliche Hülsenfrüchte. Wenn es Linsenläden gäbe, sie würden castellucceria heißen.
    Natalie John

Vucciria
Knöcheltief durch Saubohnenmatsch
    In dem kleinen Viertel zwischen dem Cassaro, der Via Maqueda, der Via Cavour und dem Meer drängen sich Montag bis Samstag Stände und Verkaufskarren – der Markt Vucciria ist die lebendigste und anregendste Sehenswürdigkeit Siziliens. Hier schlägt das Herz Palermos, stark und schnell. Von der Piazza San Domenico taucht man über eine Treppe direkt ins Marktgetümmel. Der zentrale Platz ist in den Händen der Fischhändler. Krabben, Austern, Miesmuscheln, Meerestiere, deren Namen man nicht einmal kennt, gefleckte Muränen, zuckende Krebse, alles, was den Fischgourmet begeistert und Touristen verschreckt. Kunstvoll aufgeschichtete Pyramiden zuckender, schwarzblau glänzender
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