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Leopard

Leopard

Titel: Leopard
Autoren: Jo Nesbø
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hellerleuchteten Sporthalle trainiert, umgeben von Übungsleitern und Kollegen.
    »Right door, lady. Right door. Fun is this way.« Der Atem, der ihr entgegenschwappte, stank nach Fisch, Zwiebeln und Marihuana. In der Sporthalle hatte sie nur einen Widersacher gehabt.
    »No thanks« , sagte sie mit bemüht fester Stimme.
    Der Schwarze trat neben sie, packte auch ihr anderes Handgelenk und sagte mit sich überschlagender Stimme: »We will show you.«
    »Only there’s not much to see, is there?«
    Alle drei drehten sich zur Schwingtür um.
    In seinem Pass war von 193 Zentimetern die Rede, doch in dieser nach Hongkong-Maßen gemauerten Türöffnung sah er mindestens wie zwei Meter zehn aus. Und doppelt so breit wie noch eine Stunde zuvor. Die Arme hingen entspannt an den Seiten des Körpers herunter, und er rührte sich nicht, starrte nicht, wurde nicht laut. Er blickte einfach ruhig auf den Weißen und wiederholte:
    »Is there, jau-ye?«
    Sie spürte, wie der Griff des Weißen abwechselnd lockerer und wieder fester wurde, während der Schwarze von einem Fuß auf den anderen trat.
    »Ng-goy« , sagte der Mann in der Türöffnung.
    Sie merkte, wie ihre Handgelenke zögernd freigegeben wurden.
    »Komm«, sagte er und fasste sie leicht unter dem Oberarm.
    Ihre Wangen glühten, als sie durch die Tür gingen, sie schämte sich wegen der Trägheit ihres Gehirns und auch, weil sie es ihm so bereitwillig überlassen hatte, sie aus den Fängen dieser zwei Haschdealer zu befreien, die sie vermutlich nur ein bisschen erschrecken wollten.
    Er führte sie zwei Etagen nach oben und durch eine weitere Schwingtür. Dann stellte er sie vor einen Aufzug, drückte den Knopf mit dem Pfeil nach unten, stellte sich neben sie und heftete seinen Blick auf die leuchtende »11« über der Aufzugtür. »Gastarbeiter«, sagte er. »Sie sind allein und langweilen sich nur.«
    »Ich weiß«, sagte sie trotzig.
    »Drück G für ground floor, und unten gehst du nach rechts und dann immer geradeaus, bis du auf die Nathan Road kommst.«
    »Bitte, hör mich an. Du bist der Einzige im Dezernat, der sich mit Serientätern auskennt. Du hast den Schneemann gefasst.«
    »Stimmt«, sagte er. Tief in seinem Blick ahnte sie eine unbestimmte Bewegung, dann fuhr er sich mit dem Finger über den Kiefer und unter dem rechten Auge entlang. »Und danach habe ich gekündigt.«
    »Gekündigt? Dienstfrei genommen, meinst du wohl.«
    »Gekündigt, wie in Schluss gemacht .«
    Erst jetzt bemerkte sie, dass sein Kieferknochen vorstand.
    »Gunnar Hagen behauptet, dir vor deiner Abreise vor sechs Monaten offiziell dienstfrei gegeben zu haben – bis auf weiteres.«
    Der Mann lächelte, und Kaja war verblüfft über die totale Veränderung, die sein Gesicht dabei durchmachte: »Das ist nur, weil Hagen es einfach nicht kapieren will …« Er hielt inne, und das Lächeln verschwand. Sein Blick richtete sich auf die Zahl auf dem Fahrstuhldisplay. Dort leuchtete eine Fünf.
    »Wie auch immer, ich arbeite nicht mehr für die Polizei.«
    »Wir brauchen dich …« Sie holte tief Luft. Wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte, aber handeln musste, bevor er wieder abtauchte. »Und du brauchst uns.«
    Sein Blick richtete sich auf sie. »Wie zum Teufel kommst du darauf?«
    »Du schuldest den Triaden Geld. Du kaufst mit einer Saugflasche Dope auf der Straße. Du wohnst …« Sie schnitt eine Grimasse. »… hier. Und du hast keinen Pass.«
    Ein Pling ertönte, die Fahrstuhltür öffnete sich knirschend, und muffig warme Luft strömte ihr von den Körpern drinnen entgegen.
    »Den nehme ich nicht!«, sagte Kaja lauter als beabsichtigt und bemerkte die Gesichter, die sie mit einer Mischung aus Ungeduld und offensichtlicher Neugier ansahen.
    »Doch, das tust du«, sagte er, legte eine Hand auf ihren Rücken und schob sie vorsichtig, aber bestimmt in den Fahrstuhl. Augenblicklich war sie von Körpern umschlossen, die es ihr unmöglich machten, sich zu rühren oder umzudrehen. Sie wandte ihren Kopf gerade noch rechtzeitig zur Seite, um zu sehen, wie sich die Türen schlossen.
    »Harry!«, rief sie.
    Aber er war bereits verschwunden.

KAPITEL 4
     
    Sex Pistols
     
    D er alte Pensionsinhaber legte nachdenklich den Zeigefinger unmittelbar unterhalb des Turbans an die Stirn und musterte sie lange. Dann griff er zum Telefonhörer, wählte eine Nummer, sagte ein paar arabische Worte und legte wieder auf. »Warten«, sagte er. »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    Kaja nickte lächelnd.
    Sie
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