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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Autoren: Alfred Bekker
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mächtigen Schwertes, mit dessen Klinge Leonardo ja bereits um ein Haar Bekanntschaft gemacht hätte. Dann deutete der Mann
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    plötzlich auf Marcella. „Wie kommt es, dass zwei angeblich
    bettelarme Jungs wie ihr ein Pferd zur Verfügung habt? Und ich sehe, dass einer von euch sogar Schuhe im Sommer trägt!“
    Damit war natürlich Carlo gemeint.
    Glücklicherweise fiel Leonardo eine passende Ausrede ein.
    „Unsere Eltern sind schon vor Jahren an einer Krankheit gestorben und so mussten wir bei unserem Großvater leben, den der Herr nun auch zu sich geholt hat. Das Pferd ist alles, was er uns hinterlassen hat, denn sein Haus und seine sonstige Habe waren bereits
    verpfändet, weil er hohe Schulden hatte. Wir wissen nicht, wovon wir leben sollen.“
    „Das ist ja eine rührende Geschichte“, höhnte der Reiter mit dem Federhut und verzog dabei das Gesicht auf eine Weise, die deutlich machte, dass er von dem, was er gehört hatte höchstens die Hälfte glaubte.
    „Ihr sagt es – und vielleicht habt Ihr für uns arme Kinder ja ein paar Florin übrig, damit wir wissen, was wir an diesem Tag essen sollen!“
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    Der Mann mit dem Federhut lachte schallend. Er griff an den
    Beutel, den er am Gürtel hängen hatte und holte ein paar Münzen heraus. Die warf er auf den Boden und ritt dann davon.
    „Warte, ich hebe die Münzen auf“, kündigte Carlo an und
    kletterte von Marcellas Rücken herunter. Als er die Münzen
    aufgesammelt hatte, betrachtete er sie staunend und überprüfte mit den Zähnen ihre Echtheit. „Die teilen wir“, sagte er dann.
    „In Ordnung.“
    Leonardo half ihm wieder auf Marcellas Rücken.
    „Da gibt’s doch nicht“, meinte Carlo. „Du hast nicht nur eine
    perfekte Ausrede gefunden, sondern warst auch noch so
    überzeugend, dass der Kerl uns ein paar Münzern gegeben hat!“
    „Ich weiß nicht, ob ich wirklich so überzeugend war“,
    widersprach Leonardo. „Am Lagerfeuer konnte ich die Tasche nicht wieder so zurücklegen, wie sie gelegen hatte und außerdem hat er meine Fußspuren gesehen.“
    „Du meinst, er zieht eine Verbindung von diesen Fußspuren zu
    uns?“
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    „Jedenfalls sind meine Spuren kleiner als die eines Erwachsenen
    – und das ist bestimmt aufgefallen.“
    „Du machst dir zu viele Sorgen, Leonardo. Oder willst jetzt etwa du umkehren?“
    Leonardo überlegte kurz und schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein“, sagte er.
    Sie folgten dem Reiter mit dem Federhut weiter bis zum
    nächstgelegenen Stadttor. Es war nicht die Porta di Miniato, wie Carlo versicherte. Er streckte die Hand aus und deutete ein Stück die Stadtmauer entlang. Die Mauer machte dort eine Wölbung. Mehrere hohe Wachttürme waren zu sehen. Hinter den Schießscharten
    patrouillierten Soldaten mit Armbrüsten. „Das ist die Festung, deren Namen du auf dem Plan gesehen hast, Leonardo! Und gleich
    daneben ist auch das Tor, das mein Vater immer benutzt. Aber da wir keine Waren einführen wollen, lohnt sich der Umweg für uns nicht.“
    „Außerdem müssen wir ja auch dem Mann mit dem Federhut auf
    den Fersen bleiben“, gab Leonardo zurück.
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    Sie konnten beobachten, wie dieser von den Wächtern am
    Stadttor einfach durch gewunken wurde. Der Mann mit dem
    Federhut schien ihnen bekannt zu sein.
    Wenig später erreichten Leonardo und Carlo das Tor.
    Die Wächter interessierten sich nur wenig für sie und winkten
    auch sie einfach weiter.
    Von der Pracht der Gebäude und dem bunten Treiben in den
    Straßen war Leonardo überwältigt.
    Die Straßen waren voll von Händlern, Gauklern und vornehmen
    herausgeputzten Herrschaften, die sich das alles mit Interesse ansahen.
    Der Mann mit dem Federhut drohte in dem Trubel zu
    verschwinden. Da er noch immer im Sattel saß, ragte er über die meisten Passanten hinweg und war noch zu erkennen.
    „Warte hier“, sagte Leonardo. Er schwang sein rechtes Bein über den Kopf der Stute Marcella und ließ sich von ihrem Rücken
    hinuntergleiten. „Pass gut auf Marcella auf!“
    „Was hast du vor?“, fragte Carlo.
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    „Ich will dem Mann mit dem Federhut folgen. Aber mit einem
    Pferd unter dem Gesäß sehe ich kaum eine Chance, durch dieses
    Gewimmel von Menschen hindurchzukommen.“
    „Wo finde ich dich?“, rief Carlo.
    „Gar nicht! Ich komme wieder hier her zurück!““
    Und damit war er auch schon verschwunden. Er drängelte sich
    durch die Menschenmenge hindurch und hielt sich ungefähr in die Richtung, in die er den Mann mit dem Federhut
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