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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Autoren: Alfred Bekker
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das Pferd am Zügel und führte es zu dem etwa
    zwanzig Schritt entfernten Bach, damit es trinken konnte.
    Leonardo starrte auf die Ledertasche, die der Reiter am Feuer
    zurückgelassen hatte. Jetzt oder nie!, dachte er.
    Geduckt schlich er voran. Da der Lagerplatz von hüfthohen
    Sträuchern umgeben war und der Bach etwas tiefer lag, konnte man ihn dann vermutlich von dort aus nicht sehen.
    Zumindest hoffte Leonardo das.
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    Er erreichte die Tasche, öffnete sie und sah sich deren Inhalt an.
    Es handelte sich um mehrere, zusammengefaltete Papiere, die
    schon etwas älteren Ursprungs sein mussten. An den Rändern waren sie vergilbt. Leonardo hörte, wie der Reiter seinem Pferd gut
    zuredete.
    Kurz entschlossen nahm der Junge eines der Blätter und faltete es auseinander. Im Schein des Feuers konnte er erkennen, was darauf zu sehen war. Eine Unzahl Linien, daneben Entfernungsangaben und in einer sehr kleinen Schrift Namen und Bezeichnungen.
    ‚Fortezza di San Miniato’, stand dort zum Beispiel.
    Das Ganze sah aus wie eine Karte oder…
    …ein Plan!, erkannte Leonardo. Der Bauplan eines großen
    Gebäudes mit dicken Mauern.
    Das Pferd schnaubte. Leonardo hörte Schritte.
    Rasch faltete er das Blatt wieder zusammen, steckte es zurück in die Tasche und schnellte hinter einen der Sträucher.
    Der Mann mit dem Federhut führte das Pferd zurück und band es
    fest.
    Dann fiel sein Blick auf die Tasche und er erstarrte.
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    Die Tasche lag nicht dort, wie er sie hingelegt hatte. Leonardo hatte sie in der Eile einfach fallengelassen nachdem er das Blatt wieder in die Tasche getan hatte.
    Der Mann mit dem Federhut nahm die Tasche vom Boden auf,
    blickte hinein und legte sie wieder zum Sattel. Dann sah er auf den Boden und bemerkte offenbar Fußspuren.
    Er nahm sein Schwert und zog die Klinge blank.
    Mit beiden Händen umfasste er den Griff. Er blickte sich um und folgte dann den Spuren. Leonardo hielt den Atem an. Er machte sich so klein er konnte und hoffte, dass der Mann mit dem Federhut ihn in der Dunkelheit hinter dem Strauch nicht sehen konnte.
    Der Mann machte noch einen Schritt nach vorn. Sein Stiefel war gerade noch eine Armlänge von Leonardo entfernt. Der Mann hob
    sein Schwert, holte aus und schlug zu.
    Der Strauch bot für die scharfe, im Mondlicht blinkende Klinge keinen Widerstand. Mit zwei schnell nacheinanderfolgenden Hieben säbelte er den oberen Teil des Strauchs weg. Dann ließ ihn ein Rascheln herumfahren.
    „Wer ist da?“, rief er.
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    In einem der Nachbarsträucher schien sich etwas zu bewegen.
    Der Mann mit dem Federhut schnellte nach vorn und schlug auch
    diesen Strauch kurz und klein. Ein Hase rannte im Schein des Feuers davon, schlug ein paar Haken und verschwand schließlich in der Dunkelheit.
    Der Reiter atmete tief durch, sah sich noch einen Augenblick lang misstrauisch um und kehrte schließlich zum Lagerfeuer zurück. Das Schwert steckte er griffbereit in den Boden. Er überprüfte noch einmal den Inhalt seiner Tasche und schüttelte den Kopf. Hatte er sich vielleicht nur etwas eingebildet? War er selbst es gewesen, der die Tasche aus Versehen anstieß, sodass sie nicht mehr an ihrem Ort gelegen hatte?
    Er setzte sich wieder ans Lagerfeuer.
    Leonardo wartete ab, bis der Mann sich auf seiner Decke
    ausgestreckt hatte und alles ruhig schien. Dann schlich er vorsichtig zurück. Er bewegte sich dabei äußerst langsam und vorsichtig. Schon ein einziger knackender Ast konnte den Reiter wieder auf ihn
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    aufmerksam machen und Leonardo hatte keine Lust, Bekanntschaft mit der Schwertklinge zu machen.
    Es dauerte quälend lange, bis er endlich zu Carlo und Marcella zurückgekehrt war, zumal er sich zwischenzeitlich auch nicht mehr ganz sicher war, ob er noch die richtige Richtung eingeschlagen hatte.
    In der Dunkelheit schien alles gleich auszusehen.
    „Da bist du ja endlich!“, entfuhr es Carlo erleichtert, aber
    Leonardo legte einen Finger auf den Mund.
    „Schön leise bleiben!“, ermahnte er ihn flüsternd. „Du weißt
    nicht, wie weit der Wind deine Stimme trägt!“
    „Wo warst du denn so lange?“, wisperte Carlo.
    Leonardo erzählte seinem Freund, was geschehen war. „Ich hatte großes Glück, dass der Kerl mich nicht mit seinem Schwert einfach zerhackt hat!“
    Als Leonardo berichtete, wie er an die Tasche des Reiters
    herangegangen war und deren Inhalt untersucht hatte, stand Carlo der Mund vor Staunen offen. „Ich muss schon sagen, ich bewundere
    deinen Mut, Leonardo.
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