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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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und Tauen das Feuer ausschlug. Auch Commodore Cornwallis war dort, brüllte Befehle und erstickte mit seiner blauen Uniformjacke die Brandherde, die nun mit übernatürlicher Leichtigkeit zu erlöschen schienen.
    »Ich wollte doch nur helfen! Ich wusste das nicht!«, hörte Lenobia den Bischof jammern, der an der Reling stand und aufs Wasser hinunterstarrte.
    Der Commodore eilte zu ihm, als er schwankte und beinahe über Bord zu fallen schien. »Euer Exzellenz! Ist mit Euch alles in Ordnung? Seid Ihr verletzt?« Gerade noch gelang es Cornwallis, den Bischof aufzufangen. »Tretet von der Reling zurück, Mann!«
    Der Bischof schüttelte ihn ab. »Nein. Nein. Ich muss das tun. Ich muss.« Er hob die Hand, bekreuzigte sich und begann die Sterbesakramente zu rezitieren. »Domine sancte …«
    Es gab keinen Menschen, den Lenobia je so gehasst hatte.
    Schluchzend, versengt und bleich, warf Simonette sich ihr in die Arme. »Und was nun? Was nun?«
    Lenobia umklammerte das andere Mädchen, doch helfen konnte sie ihr nicht.
    »Mesdemoiselles! Ist jemand von Euch verletzt?«, erscholl die Stimme des Commodore, der durch die Schar der schluchzenden Mädchen stapfte, diejenigen herauspickte, die den Flammen am nächsten gekommen waren, und den Schiffsarzt zu ihnen winkte. »Wer unverletzt ist, gehe bitte nach unten. Säubert Euch und zieht Euch um. Ruht Euch aus, Mesdemoiselles, ruht Euch aus. Das Feuer ist gelöscht. Das Schiff ist intakt. Es droht keine Gefahr.«
    Martin war in dem Rauch und der Verwirrung verschwunden. Lenobia blieb nichts übrig, als mit Simonette, die sich weiter an ihrer Hand festklammerte, nach unten zu steigen.
    »Hast du auch gehört, was sie gesagt hat?«, flüsterte Lenobia, als sie zitternd und unter Tränen den Gang durchquerten.
    »Ich habe sie schreien gehört. Es war so schrecklich«, schluchzte Simonette.
    »Und sonst? Hast du nicht gehört, was sie gesagt hat?«
    »Sie hat nichts gesagt. Nur geschrien.« Mit großen, tränenglänzenden Augen sah Simonette Lenobia an. »Bist du von Sinnen, Lenobia?«
    »Nein, nein«, versicherte diese schnell und legte Simonette tröstend den Arm um die Schultern. »Aber ich wünschte fast, ich wäre es, denn dann würde ich mich nicht daran erinnern müssen, was passiert ist.«
    Wieder entfuhr Simonette ein Schluchzer. »Ich will unsere Kabine nicht mehr verlassen, bis wir an Land sind. Nicht einmal zum Dîner. Sie können mich nicht zwingen!«
    Lenobia umarmte sie nur fest und schwieg.

    In den folgenden zwei Tagen verließ auch Lenobia ihre Kabine nicht. Simonette hätte sich keine Sorgen darum machen müssen, dass man sie zwingen könnte, mit dem Commodore zu speisen. Man brachte ihnen alle Mahlzeiten. Schwester Marie Madeleines Tod schien das ganze Schiff mit einem Bann belegt zu haben, und die tägliche Routine hatte sich aufgelöst. Die lauten, oft derben Lieder der Besatzung waren verstummt. Auch das Gelächter. Und das Fluchen. Das Schiff schien in Schweigen erstarrt zu sein. Kurz nach dem Tod der Nonne war ein steifer Wind aufgekommen, der sie vorantrieb wie der Odem Gottes, der sie vom Ort des Grauens entfernen wollte.
    Die Mädchen in ihren Kabinen verharrten im Schock. Noch immer fingen Simonette und einige andere von Zeit zu Zeit an zu weinen. Meistenteils kuschelten sie sich auf ihre Pritschen, unterhielten sich gedämpft oder beteten.
    Die Küchenburschen, die ihnen zu essen brachten, versicherten ihnen, alles stehe zum Besten, und man werde bald Land sichten. Doch sie ernteten nur düstere Blicke und stumme Tränen.
    Die ganze Zeit über hing Lenobia ihren Gedanken und Erinnerungen nach.
    Sie dachte daran zurück, wie freundlich Marie Madeleine gewesen war. Wie fest im Glauben und wie stark. Sie dachte daran, welcher Friede vor ihrem Tod in ihren Augen gestanden hatte und an die Worte, die auf unerklärliche Weise in ihr widergehallt waren. Folge deinem Herzen, Kind. Die Mutter beschütze dich auf immerdar.
    Ihre Erinnerungen galten Marie Madeleine, ihre Grübeleien hingegen Martin. Und ihrer Zukunft. Erst kurz vor Morgengrauen am dritten Tage traf sie eine Entscheidung, und leise stahl sie sich aus der Kabine, die ihr inzwischen vorkam wie ein Mausoleum.
    Sie hielt sich nicht damit auf, den Sonnenaufgang zu genießen. Sie begab sich direkt in den Frachtraum. Odysseus, der schwarzweiße Riesenkater, rieb sich an ihren Beinen, als sie bei dem Verschlag ankam. Auch die Pferde bemerkten sie, und beide wieherten zur Begrüßung. Martin wirbelte
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