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Lena Christ - die Glueckssucherin

Lena Christ - die Glueckssucherin

Titel: Lena Christ - die Glueckssucherin
Autoren: Gunna Wendt
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Schöpfung verschwinden ließ, als es für sie nichts mehr zu erzählen gab. Lena Christ hat sich selbst erfunden und wieder ausgelöscht, ihr Ende 1920 inszeniert als Freitod einer großen Tragödin auf dem Münchner Waldfriedhof. An einem Tag, den es nicht gibt.

1
Wo ist mein Vater?
    In einer ihrer Lausdirndlgeschichten lässt Lena Christ die Ich-Erzählerin Leni, ihr Alter Ego, eine hoffnungsvolle Entdeckung machen: An einem Haus am Münchner Gärtnerplatz stößt sie auf den Namen ihres Vaters, der als verschwunden gilt. Sie beschließt, der Angelegenheit auf den Grund zu gehen.
    »Ich habe mich furchtbar fein angezogen, damit ich ihm gleich recht gefalle.
    Und im Gehen habe ich es mir ausgemalt, wie ich ihn begrüße und so.
    Aber wie ich angeläutet habe, ist mir auf einmal schlecht geworden.
    Und ich habe schnell geschaut, ob ich nicht noch geschwind abschieben kann.
    Es ist aber schon jemand dahergekommen und hat aufgemacht.«
    Leni erklärt der überraschten alten Frau an der Tür den Grund ihres Besuchs. Nun erscheint auch der Ehemann der Frau, und Leni erkennt, dass er nicht der Richtige sein kann. »Aber er hat mich gleich ausgefragt, wer ich bin und was ich denn von ihnen will. Da habe ich gesagt, meinen wirklichen Vater.«
    Lena Christ kam am 30. Oktober 1881 im oberbayerischen Glonn, etwa 30 km östlich von München, zur Welt. Als Mutter wurde auf dem Standesamt die ledige Maurerstochter Magdalena Pichler aus Glonn angegeben, als Vater der aus Mönchsroth bei Dinkelsbühl stammende ledige Bedienstete Karl Christ, der bei dem Münchner Rittmeister Hornig angestellt war. Am 7. Dezember 1881 erkannte er vor dem Ebersberger Amtsgericht die Vaterschaft und die damit verbundene Verpflichtung an, bis zum vierzehnten Lebensjahr des Kindes jährlich 120 Mark Alimente zu zahlen. Als Vormund wurde der verheiratete Maurer Mathias Pichler, Magdalena Pichlers Vater, eingesetzt. Im Protokoll heißt es: »Erstbenannte [Magdalena Pichler] bittet vor Allem, den sub 2 benannten Mathias Bichler als Vormund zu verpflichten über ihr am 30. Oktober 1881 außerehlich gebornes Kind Magdalena und bezeichnet dann auf Vorhalt als natürlichen Vater solchen Kindes den miterschienenen Charl Christ.« Das Protokoll wurde von den drei Anwesenden unterschrieben.

    2 Abschrift aus dem Geburtsregister
    Später, nach dem Erscheinen der Erinnerungen einer Überflüssigen , kam es zu Zweifeln und Legendenbildungen. Obwohl im Amtsgericht Ebersberg aktenkundig, wurde die Vaterschaft Karl Christs infrage gestellt, da einige Ungereimtheiten aufgetaucht waren. Darunter auch die hohe Mitgift, das »Vatergut« von 8000 Mark, das Lena Christ bei ihrer ersten Eheschließung erhalten hatte. Doch vor allem war Karl Christs Verbleib ungewiss. Wohin war er damals gegangen? Wo hatte er sich niedergelassen? In den Erinnerungen lässt Lena Christ die Mutter erklären, er habe 1883 nach Amerika auswandern wollen und sei mit dem Schiff Cimbria untergegangen. Dem Wahrheitsgehalt widerspricht, dass er auf der Passagierliste der Hapag-Gesellschaft nicht aufgeführt ist. Der Glonner Geschichtsschreiber Hans Obermair berichtet in seiner Betrachtung zum 125. Geburtstag der Dichterin Lena Christ und Glonn – Glonn und Lena Christ , das Schiff sei am 17. Januar 1883 aus Hamburg Richtung New York ausgelaufen, vor der Insel Borkum im Nebel von einem englischen Dampfer gerammt worden und innerhalb kürzester Zeit gesunken. 32 Passagiere und 24 Besatzungsmitglieder wurden gerettet. An keiner Stelle wird ein Karl Christ erwähnt. Lena Christ übernimmt zwar die Auswanderergeschichte in ihren Lausdirndlgeschichten – sie scheint von der Idee eines neuen Lebens in der Neuen Welt fasziniert gewesen zu sein –, doch nicht ohne Zweifel: »Meine Mutter sagt zwar, dass er damals, wie der Dampfer Cimbria untergegangen ist, auch dabei war. Aber ich glaube es nicht mehr.«
    Nachdem lange Zeit nichts Näheres über Karl Christ bekannt war, publizierte Dr. Elisabeth Wolf, eine Verwandte mütterlicherseits, im Internet eine Chronik der Familie Christ. Danach kam Karl Christ am 25.12.1854 in Mönchsroth als siebtes von zwölf Kindern des Tagelöhners Christoph Christ und seiner Ehefrau Anna Karolina, geborene Altreuther, zur Welt. Günter Goepfert schreibt in seiner Biografie Das Schicksal der Lena Christ , die Eltern hätten ihren Sohn aufgefordert, Magdalena Pichler zu heiraten, doch dieser habe mit den Worten abgelehnt, dann könne er ebenso gut den »leibhaftigen Satan«
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