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Leise weht der Wind der Vergangenheit

Leise weht der Wind der Vergangenheit

Titel: Leise weht der Wind der Vergangenheit
Autoren: Sarit Graham
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stieß die Autotür ein wenig auf, sodass die Fremde einsteigen konnte.
       „Mein Name ist Mary McCarson", stellte sich die Frau vor und streckte ihm die Hand hin. „Ich wohne mit meiner kleinen Schwester in Maureen House ganz am Ende der Strasse." Sie legte den Sicherheitsgurt um. „Ab Montag werde ich in der Schule Geschichte und Biologie unterrichten.“
       „Sie sind Lehrerin?" Er warf ihr einen forschenden Seitenblick zu. „Und da verkriechen Sie sich in so einem kleinen Nest? Sicher haben Sie Ihre Gründe dafür", fügte er hastig hinzu, weil er nicht als neugierig erscheinen wollte.
       „Die habe ich." Mary nickte und beschloss, sich nicht weiter zu dem Thema zu äußern. Schließlich kannte sie den Mann überhaupt nicht. Hoffentlich war es nicht ein Fehler gewesen, zu ihm ins Auto zu steigen, dachte sie noch. „Und wie ist Ihr Name?“
       „Ich bin Matthew Wallace, der einsame Schriftsteller von dem Cottage an den Klippen." Er lachte ein wenig heiser. „Die Leute nennen mich hier nur den Einsiedler", er lachte leise, „was eigentlich auch der Wahrheit entspricht. Doch nun hab ich Ihnen mit wenigen Worten schon eine ganze Menge über mich erzählt. Dort vorne ist Maureen House. Schade, dass wir schon da sind.“
       Insgeheim musste Mary seinen Worten zustimmen. Die Unterhaltung mit dem sympathischen und noch dazu gutaussehenden Mann hatte ihr gut getan. „Möchten Sie noch auf eine Tasse Tee mit hineinkommen?“, schlug sie vor. „Ich habe zwar nicht aufgeräumt, aber...“
       „Danke für das Angebot." Er lächelte sie an. „Ich würde sehr gern an einem anderen Tag davon Gebrauch machen. Mein Verleger drängelt schon seit geraumer Zeit, sodass ich beschlossen habe, mich ab heute in Klausur zu begeben." Matthew bereute seine Entscheidung, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. Doch die innere Stimme, die ihn davor warnte, noch einmal in irgendjemanden Gefühle zu investieren, war so stark gewesen, dass er nicht dagegen hatte ankämpfen können.
       Marys Lächeln wirkte etwas verkrampft. Sie öffnete die Autotür und schwang ihre langen Beine nach draußen. Dann blickte sich noch einmal ins Wageninnere. „Danke, dass Sie mich hergebracht haben." Sie grüßte freundlich, dann lief sie leichtfüßig zu dem roten Häuschen, das richtig anheimelnd wirkte. Enttäuscht hörte sie, wie Matthews Wagen sich entfernte.
       „Wer war das denn?“, fragte Anne und richtete ihren Oberkörper etwas auf. Sie hatte sich den ganzen Vormittag nicht wohl gefühlt und ein Hustenanfall war dem anderen gefolgt. „Du wirst doch hier nicht schon den ersten Verehrer gefunden haben?" Das Mädchen lachte leise. Seine Augen glühten wie im Fieber und die unnatürlich roten Lippen waren ein wenig geöffnet.
       „Wie fühlst du dich, Kleines?“, fragte Mary, ohne auf die Bemerkung ihrer Schwester einzugehen. „Sollte ich nicht lieber den Doktor holen?“
       „Gib mir bitte meine Tropfen. Ich... konnte mich vorher kaum mehr auf den Beinen halten, deshalb hab ich sie mir nicht selbst geholt." Anne legte sich wieder zurück. „Es wird mir bald besser gehen. Ich spüre genau, dass wir das Richtige getan haben indem wir ans Meer gezogen sind." Sie atmete heftig, weil das Sprechen sie ziemlich anstrengte.
       Mary zählte die Tropfen auf einen Löffel. „Soll ich dir etwas zu essen machen? Du hast heute noch nichts zu dir genommen. Sogar den Haferschleim, den du dir gewünscht hast, hast du nicht angerührt. Bitte, Anne, du musst selbst auch etwas für dich tun, wenn du...“
       „... noch eine Weile leben willst", vollendete Anne den Satz, den Mary plötzlich abgebrochen hatte. Sie griff nach ihrer Puppe. „Britta hat gesagt, dass jetzt endlich alles in Ordnung kommen wird. Und Britta hat immer recht gehabt. Sie hat auch gesagt, dass sie Mr. Simpson nicht mag und dass wir beide uns vorsehen sollen, wenn er in unserer Nähe ist.“
       „Lass bitte den Unsinn sein, Anne." Mary furchte ärgerlich die Stirne. „Ich habe dir schon wiederholt gesagt, dass ich es ablehne, deine Puppe als ein lebendes Wesen zu akzeptieren.“
       „Du musst aber zugeben, dass sie schon sehr oft recht gehabt hat", konterte Anne aufgeregt. „Britta ist klüger als wir alle. Sie sagt, dass sie früher schon einmal gelebt hat. Sie war sogar hier in Ronaldsburgh.“
       „Anne, jetzt reicht es. Du nimmst deine Medizin und dann wirst du eine Kleinigkeit essen. Und von dem Unsinn will ich nichts mehr
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