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Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman

Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman

Titel: Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Autoren: Silke Heichel
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versuchen. Solange Du Kraft besitzt und Willensstärke. Ich besitze beides nicht mehr.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, seit Mama in meinem Zimmer war. Ich höre sie in der Küche klimpern und klappern. Ich rieche Kaffeeduft, der mir seltsam unangenehm ist. Ich liege in meinem Bett und kann mich nicht aufraffen. Mir fehlt jeder Grund, aufzustehen. Ich könnte mich in der Schule blicken lassen, ich hab viel verpasst. Die Hausaufgaben, die Tatjana mir bringt, sehe ich nicht einmal an. Der Stapel auf meinem Schreibtisch wächst jeden Nachmittag ein bisschen weiter in die Höhe.
    Die Schule. Abwechslung in meinem tristen Alltag. Sie könnte mich ablenken. Einerseits. Andererseits wird mich auch dort alles an ihn erinnern. Dann kann ich genauso gut hier bleiben. In meinem Zimmer, in meinem Bett. In meiner sicheren Festung, in der ich ihn hätte halten sollen. Dann wäre er noch bei mir. Wie früher. Ich vermisse ihn. Seine Wärme, seine Stimme, sein Lachen, seine anzüglichen Sprüche. Wir haben viel gelacht, innerhalb und außerhalb des Bettes. Auch im Streiten waren wir Meister. Selbst das fehlt mir. Und erst die Versöhnungen! Alles würde ich tun, könnte ich ihn nur zurückbekommen! Nicht nur wegen der Versöhnungen.
    Übel ist mir. Schrecklich übel. Seit einem Monat. Seit zwei Wochen ist es besonders schlimm. Nach der Beerdigung musste ich mich übergeben und seitdem jeden Morgen. Nur besser fühle ich mich danach nie. Normalerweise wird’s besser, wenn man sich entleert hat, oder nicht? Unterschwellig ist da pausenlos dieses Gefühl. Oberkante Unterlippe steht’s mir. Den ganzen Tag. Und wenn’s nicht mein Mageninhalt ist, dann sind’s die Tränen. Eins von beidem will immer raus. Oder beides gleichzeitig.
    Ich strecke meinen Arm aus und greife nach dem Bilderrahmen, der umgedreht auf meinem Nachttisch liegt. Es zerreißt mich fast, sein Foto anzusehen. Vor einem Monat hatte ich den alten Rahmen gegen die Wand gepfeffert. Als ich von ihm und Maja erfuhr. Keine zwölf Stunden später habe ich mir meine Hände an den Scherben zerschnitten, weil ich versuchte, das Foto zu retten. Das letzte Greifbare, das mir von ihm geblieben ist. Das Letzte überhaupt. Außer meiner Erinnerung und einzelner brauner Haare, die er auf meinem Kopfkissen hinterließ. Bevor er in dieses dämliche Auto stieg, aus dem nur die Feuerwehr ihn befreien konnte. Das, was von ihm übrig war.
    Die Haare habe ich fein säuberlich mit einer Pinzette eingesammelt und in ein kleines Schmuckkästchen gelegt. Ich hüte sie, wie man das mit seinem wertvollsten Schatz tut. Hätte ich doch nur noch etwas anderes von ihm … aber was? Nichts würde mir reichen! Nichts könnte ihn ersetzen!
    Ich sehe das Foto nicht an, ich drücke es gegen meine Brust und schließe meine Augen. Du fehlst mir so!
    Könnte ich die Zeit zurückdrehen! Stattdessen drehe ich mich im Kreis. Oder viel mehr die Gedanken in meinem Kopfkarussell. Ich kann ja doch nichts ändern. Ich lande immer wieder am selben Punkt. Egal, wie oft ich die Geschehnisse durchgehe. Egal, wie viel ich grübele. Egal, welch positives Ende ich mir ausmale … das reale Ende ist immer dasselbe. Aussichtslos und bitter.
    Ich muss raus aus dem Bett! Mein Magen drängelt. Dabei ist doch außer Wasser nichts drin. Vielleicht habe ich ein Magengeschwür! Das würde erklären, warum ich mich so schlapp und fertig fühle. Möglicherweise muss ich dieses Dasein nicht mehr lange fristen und kann bald zu Leif! Vorher muss ich jedoch Villeroy und Boch umarmen.
    Ich lege das Foto beiseite, stürme ins Bad. Zum Glück liegt es direkt neben meinem Zimmer, aber selbst diese Entfernung empfinde ich heute als unerreichbar weit. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig.
    Als ich das Bad verlasse, steht meine Mutter vor mir und hält mir eine rechteckige Pappschachtel entgegen. Irritiert sehe ich sie an, dann die Packung, lese, was draufsteht, und sehe wieder sie an.
    „Ein Schwangerschaftstest?“, frage ich.
    „Mhm.“
    „Bist du nicht zu alt dafür?“
    „Es gibt viele Fünfundvierzigjährige, die Mutter werden. Aber der hier ist nicht für mich.“
    „Für wen dann?“
    Sie streckt ihn mir noch deutlicher entgegen. Nicht, dass ich schwer von Begriff wäre. Also, normalerweise zumindest. Aber mir ist schleierhaft, wie sie darauf kommt, mir so ein Ding zu geben. Warum und woher soll ich schwanger sein? Ich?
    „Mama, ich brauche alles, aber bestimmt keinen Pipitest.“
    „Ich habe dich beobachtet die
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