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Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Titel: Leichtmatrosen: Roman (German Edition)
Autoren: Tom Liehr
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beneidete, kam an Bord und zeigte uns, wo die Gasflaschen, die Badeleiter – Mark jubelte –, der Heckanker und ein paar andere Dinge verstaut waren, wie man eine »Klampe belegt« – Henner nickte dazu und murmelte »Weiß ich« –, wosich die rätselhafte Bilgepumpe befand und wie man die Duschen und die mechanischen Klos bediente. Er zeigte auf ein Instrument neben dem Steuerrad, ein etwas klobig wirkendes flächiges Teil mit drei farbigen Glühlämpchen, von denen die grüne schwach flackerte. Wie alles hier an Bord wirkte es auf saubere Art betagt, intensiv gebraucht und zugleich gut gepflegt, aber eben anachronistisch. Das Lämpchenflackern schien allerdings auf einen alsbaldigen Abgang des Leuchtmittels hinzuweisen.
    »Das ist wirklich wichtig. Die Anzeige für den Fäkalientank. Sie sind zu dritt?«
    »Zu viert«, sagte ich. »Einer kommt nach. Vielleicht.«
    »Zu viert. Der Tank fasst fünfhundert Liter. Wenn Sie oft auf die Toilette gehen, viel abwaschen oder duschen, wird er sich in zwei, drei Tagen füllen. Sie müssen ihn dann unbedingt abpumpen lassen. Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf die Anzeige. Fahren Sie eine Marina an, wenn die gelbe Lampe eine Weile anbleibt. Warten Sie nicht die rote ab.«
    Dann startete er den Motor und befahl uns, die Leinen am Heck zu lösen – bitte schön auf der Stegseite, nicht am Boot, denn Mark war bereits dabei, genau das zu tun. Anschließend glitt die Dahme rasant aus ihrer Parklücke, als wäre sie ein verdammtes Mofa und der Mann am Steuer ein Halbwüchsiger, der seit Jahren nichts anderes tat als Mofa fahren.
    »Aufstoppen«, sagte er und hantierte am Gashebel. Der Diesel röhrte, kurz darauf stand das Boot wie festgepinnt. »Die Schraube dreht nach links, also zieht das Boot beim Rückwärtsfahren nach rechts. Dran denken beim Anlegen. Rückwärts lässt sich das Boot nicht steuern.«
    »Klar«, sagte Mark und drehte mit dem rechten Zeigefinger in der Luft nach links.
    »Drehen auf der Stelle. Nach steuerbord einschlagen. Abwechselnd vorwärts und rückwärts Gas geben. Ruder rechts lassen. Langsam machen.« Der Motor gab intensive Geräuschevor sich, der Mann zog und schob am Gashebel, kurz darauf zeigte der Bug in Richtung Hafen. »Und nun Sie.«
    Henner übernahm, ohne uns anderen eine Chance zu lassen, ließ den Gashebel nach vorne krachen, der Topf machte zwar keinen Satz, nahm aber rasch Fahrt auf, die Stege kamen schnell näher.
    »Aufstoppen!«, befahl der Einweiser.
    Der Pfarrer ließ es wieder krachen, kurz darauf waren wir ganz woanders, aber seitlich zum Hafen, fuhren allerdings immer noch – von Stoppen keine Rede. Keine Ahnung, wie wir dahin gekommen waren. Mark lachte. Henner schwitzte. Ich löste die Hebel über den Glasfenstern und zog das mächtige und stark quietschende, etwa vier Quadratmeter große Schiebedach nach hinten, was einiges an Mühe kostete. Der Einweiser übernahm wieder, manövrierte uns in Richtung Hafen, drehte das Boot, als wenn es ein Dreirad wäre. Kurz darauf zogen wir Leinen fest. Der junge Mann lächelte müde. »Kriegen Sie schon hin«, sagte er. Und nach einer kurzen Pause: »Das Boot hat Bugstrahlruder. Hier.« Er drückte einen roten Knopf, irgendwas dröhnte, der vordere Bootsteil bewegte sich. »Kriegen Sie schon hin«, wiederholte er und ging von Bord. »Der grüne Knopf ist für die andere Richtung«, rief er noch.
    »Kriegen wir schon hin«, meinte Mark. Henner zog die Stirn kraus und betrachtete den Gashebel. Wir waren nicht viel schlauer als vorher, aber mindestens der Pfarrer hatte jetzt noch mehr Respekt.
    Neben uns machte ein deutlich kürzeres Boot fest, das aber immer noch über zehn Meter lang war, der Theorielehrer kletterte von Bord, das Frauenpärchen starrte ihm hinterher, fragende, besorgte Gesichter. Die Damen hatten ihren Proviant schon vorher an Bord gebracht, diskutierten jetzt kurz, schließlich lösten sie die Leinen wieder. Nach vier Fehlversuchen hörten wir das Blubbern ihres Diesels, dann schwankteder Steg. Der Motor ging wieder aus, wieder an, wieder aus und abermals an. Wurde lauter, ohne dass sich das Boot bewegte. Etwas knirschte, dann erklang ein Quietschen, weil ihr Schiff inzwischen dicht an unserem lag und langsam an der Dahme entlang aus dem Hafen herausrutschte. Dort beschleunigte es deutlich, allerdings nicht nach links oder rechts, wo die Ausfahrten aus dem kleinen See lagen, sondern auf die dichte Schilffläche zu, die der Steganlage gegenüber in einiger Entfernung
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