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Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Titel: Leichtmatrosen: Roman (German Edition)
Autoren: Tom Liehr
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trinken. Wir tranken Käffchen, blätterten durch eine rätselhafte großformatige Gewässerkarte, die sie uns überreicht hatte, und warteten auf die Dinge, die da kämen. Die Dame kehrte nach ein paar Minuten zurück, notierte unsere Namen auf einer Liste.
    »Wollen Sie das Ruspi buchen?«, fragte sie feierlich.
    »Ruspi?«, echoten wir.
    »Unser Rundum-sorglos-Paket. Alles inklusive. Vollkasko ohne Selbstbeteiligung, Endreinigung, Diesel, Leihfahrrad, keine Kaution. Sehr empfehlenswert. Nur das Geschirr müssen Sie spülen, alles andere übernehmen wir.«
    »Ruspi«, wiederholte Mark abermals und rollte mit den Augen.
    »Klingt vernünftig«, sagte ich. Auch die anderen waren einverstanden, also buchten wir das Ruspi .
    »Die Einweisung beginnt in einer halben Stunde, aber Ihr Boot ist schon fertig. Die Dahme . Sie können einladen, wenn sie wollen.«
    » Dahme «, sagte Mark, als wir nach draußen schlenderten. » Tusse finde ich irgendwie besser. Wir sollten das Boot Tusse nennen.«
    Ich nickte, denn ich hielt das für eine lustige Idee. Henner sagte leise »Das ist ein Nebenfluss der Spree« – vermutlich hatte er das auswendig gelernt –, hielt die Gewässerkarte etwas verkrampft und starrte zum Steg, auf den wir zuhielten. Mark und ich plapperten über die Boote und die Leute, die uns umgaben, Henner blieb stumm. Als wir vor dem Schiff standen, brach der Pfarrer sein Schweigen.
    »Das kann nicht sein.«
    Die Dahme war riesig. Mit dem breiten Heck am Steg, direkt vor uns, sah das Boot aus, als wäre es mindestens für eine ganze Altenheimbesatzung auf Sonntagsausflug geeignet.
    »Ordentlich«, sagte Mark grinsend und pfiff durch die Zähne.
    »Und das Ding sollen wir fahren?«, fragte ich.
    Henner zog die Papiere aus der Jackentasche und blätterte durch. »Fünfzehn Meter, vier Kabinen, drei Nasszellen, Salon.«
    »Fünfzehn Meter sind eine Menge«, erklärte Mark. »Das ist zehnmal Simon übereinander.«
    Ich lachte. Simon war vielleicht nicht einsfünfzig, aber auch nicht sehr viel größer.
    »Mein Wohnzimmer ist sieben Meter lang, und das kommt mir schon groß vor«, sagte Mark nickend.
    Das Heck, das vor uns lag, bestand aus einer Art Terrasse, auf der ein Tisch und vier Stühle standen, dahinter gab es eine verglaste Doppeltür, die in einen sehr, sehr großen Raum führte. Mark kletterte an Bord, ich folgte ihm. Henner blieb auf dem Steg stehen und glotzte, noch immer fassungslos.
    Die Dahme hatte die Form eines kleinen Frachters. Der Salon, den man durch die Hecktür betrat, war vielleicht sechs Meter tief, und an seinem bugseitigen Ende führte mittig eine Tür unter Deck, wo sich die Kabinen befanden. Darüber gab es eine neun Meter lange, weiße Fläche und weit, weit entfernt an ihrem Ende den Bug des Schiffes. Der Steuerstand war etwas erhöht am Kopfende des Salons, also ebenfalls neun Meter vom Bug entfernt. Es war, als würde man Henners Bockel von der hinteren Stoßstange aus steuern. Ohne Sicht auf die Straße.
    »Feinkörnig«, erklärte Mark. Wenn er damit etwas wie »geil« meinte, hatte er recht. Das hier würde wahrscheinlich keinen Spaß machen, aber dieses Schiff war der Hammer. Ich erinnerte mich kaum an den ouzoseligen Abend, an dem wir diesen seltsamen Beschluss gefasst hatten, und natürlich auch nicht an die kleinen Bilder, die über Henners Tablet gehuscht waren, weshalb ich irgendwie der Meinung gewesen war, wir würden so ein Kajütboot, eine größere Motorjacht oder einen klassischen Hausbootkasten bekommen, irgendwas Tom-Sawyer-Mäßiges, aber nicht das hier. Einen LKW. Das Schiff lag zwischen zwei anderen, die etwas kürzer waren, und es war mir nicht möglich, mir vorzustellen, dass wir es unbeschadet je wieder in diese oder eine ähnliche Position bringen könnten. Ich wusste wenig über das Bootfahren, aber ich wusste, dass Boote träge sind und keine Bremsen haben,dass das Manövrieren nicht gerade präzise geht – und uns Leichtmatrosen mit tödlicher Sicherheit überfordern würde.
    »Ist schon ein großes Boot«, sagte jemand hinter uns. Ein Techniker, braungebrannt, Ende vierzig, im blauen Overall. »Aber untergegangen ist noch keiner damit.«
    Mark grinste. »Es gibt immer ein erstes Mal.«
    Mir lag die Frage auf der Zunge, ob wir ihn als Skipper anheuern könnten, da piepte mein Telefon. Eine Kurznachricht von Simon. »Habe Probleme, komme später nach.« Ich tippte die Nummer an, aber es kam keine Verbindung zustande.
    Mark stiefelte in den Gang, der hinterm
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