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Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)

Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)

Titel: Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
Autoren: Bernhard Aichner
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Baroni und Max geworfen hätte. Was sie ihnen angetan hatte, kam plötzlich zu ihr zurück, kam auf sie nieder, sie wusste, dass es keinen Ausweg gab, dass die einzige Chance zu überleben die war, zu reden, alles zu tun, was die beiden von ihr wollten. Kurz noch setzte sie sich zur Wehr, kurz noch schwieg sie, doch als sie begriffen hatte, dass kein Schreien und kein Strampeln, kein Fluchen und keine bösen Blicke sie aus diesem Loch befreien würden, begann sie einzulenken, zu bitten, zu flehen, zu winseln und die Wahrheit zu sagen. Mit jeder Schaufel Erde wurde ihre Stimme leiser, ihr Überlebenstrieb größer. Sie flehte die beiden Männer an, sie biss sich auf ihre Lippen, anstatt zu schreien, als Baronis Speichel auf ihrem Gesicht ankam. Er spuckte sie an.
    Während Max in Ruhe noch einmal aufzählte, was sie alles getan hatte, während er die Anklageschrift vorlas, zeigte Baroni seinen harten Kern. Kein Lächeln war in seinem Gesicht, seine Miene war angsteinflößend, jeder, der in dieser Grube gelegen wäre, hätte geredet, jeder. Als Max sie zum dritten Mal nach Vadim fragte, antwortete sie. Da war kein Zweifel, dass sie die Wahrheit sagte, Leftera wollte einfach nur überleben und die Erde nicht mehr auf ihrem Mund spüren, auf ihren Haaren, in ihren Augen, der brennende Schmerz, das ununterbrochene Winseln des Hundes. Sie wollte, dass es aufhörte. Dass alles einfach aufhörte.
    Zwei Minuten blieben sie noch, dann machten sie die Tür zu. Sie gingen nach oben und ließen alles hinter sich. Zwei stolze Männer in Bademänteln über Kellertreppen. Zwei Krieger nach der gewonnenen Schlacht, erschöpft und geschunden, immer noch schoss Adrenalin durch ihre Körper. Sie konnten es nicht glauben. Was passiert war. Was sie getan hatten. Wie Baroni den Hund geschlagen hatte. Wie sich Max auf den anderen geworfen hatte. Und dann Leftera. Wie sie gebrüllt hatte, wie Baroni immer noch Erde nach unten geworfen hatte, wie nur noch ihr Kopf unbedeckt gewesen war, wie dankbar und still sie gewesen war, als die Tür zuging, weil sie noch lebte, als die beiden aus dem Keller verschwanden.
    Max und Baroni durch das Haus einer Mörderin, leise, auf der Hut vor noch einer Überraschung, lautlos schlichen sie in den ersten Stock, lautlos betraten sie Lefteras Schlafzimmer. Nackt lag er vor ihnen, schlafend mit zufriedenem Gesicht. So, wie sie es gesagt hatte, Vadim.
    Er rührte sich keinen Millimeter. Sie hatte ihn betäubt, bevor sie nach unten in den Keller gegangen war. Sie hatte es ihnen mit einem allerletzten Grinsen erzählt, dass sie ihn aus dem Hotel geholt hatte, dass sie ihm gesagt hatte, Max hätte darauf bestanden.
    Vadim auf dem Bett. Sie rannten zu ihm, sie beugten sich über ihn, und sie hörten ihn atmen. Erleichtert begannen sie durch das Haus zu streifen, sie schlossen jede weitere Gefahr aus, bevor sie sich Wein aus der Küche holten. Mit einem Siegerlachen warfen sie sich zu Vadim auf das Bett, gemeinsam schoben sie ihren moldawischen Freund zur Seite, richteten ihn auf und setzten sich neben ihn. Drei Männer nebeneinander, halbnackt, Wein in ihren Mündern, Max und Baroni.
    – Max?
    – Was?
    – Das geht so nicht.
    – Ist doch gemütlich, ich bewege mich keinen Zentimeter weg von hier. Ich will mich jetzt mit dir betrinken und sonst gar nichts.
    – Ich will eine Unterhose.
    – Ach, Baroni, ist doch scheißegal, unser Freund hier hat auch keine an.
    – Ohne Unterhose kann ich nicht trinken.
    – Bitte was?
    – Wir rennen seit Tagen in diesen Bademänteln herum, meiner stinkt schon.
    – Wir stinken, Baroni, nicht die Bademäntel, wir sind dreckig, wir schwitzen, und weißt du was? Es ist mir scheißegal.
    – Hier gibt es bestimmt irgendwo etwas zum Anziehen. Und vorher werde ich duschen.
    – Wenn du meinst. Ich warte hier auf dich, mein Freund. Prost.
    Max nahm einen langen, tiefen Schluck. Der Wein war wie ein Sonnenuntergang am Strand, Max spürte den Sand unter seinen Füßen, er hörte wieder das Meer rauschen, er sah die Fischerboote am Horizont. Max wusste, dass es jetzt zu Ende war, dass da nur noch der Wein war, sein erschöpfter Körper auf der rosa Bettdecke, der schlafende Vadim, und Baroni, der aufsprang und sich auf die Suche nach einer Unterhose machte.
    Max schüttelte nur den Kopf, er lehnte sich zurück und schaute sich um. Lefteras Schlafzimmer. Sie hatte ihn benutzt, sie wollte Vadims Herz aus seiner Brust schneiden, sie hatte ihre Mutter getötet. Und sie hatte ihn geküsst.
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