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Leichensee

Leichensee

Titel: Leichensee
Autoren: Peter Mennigen
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hatte kaum drei Stunden geschlafen, da summte der Vibrationsalarm seines Smartphones, das auf der Nachtkommode lag. Er war sofort hellwach, knipste die Lampe an und ergriff das Mobiletelefon.
    »Hallo?«
    »Jeremiah?« Es war Amy. Sie klang aufgeregt.
    »Hallo, Amy.« Er richtete sich im Bett auf. »Wie geht es Ihnen?«
    »Nicht so gut.« Ihre Stimme zitterte. »Terry ist hier.«
    »Wo sind Sie?«
    »Zu Hause. In meiner Wohnung über dem Coffeeshop.«
    »Allein?«
    »Ja, meine Eltern wohnen nicht hier.«
    »Wo ist dieser Terry genau?«
    »Vor meiner Wohnungstür. Er muss gewaltsam ins Haus eingedrungen sein. Hören Sie, wie er gegen die Tür tritt?«
    Cotton war bereits aus dem Bett. Das Smartphone zwischen Kinn und Schulter geklemmt, schlüpfte er in seine Kleider. »Ich bin schon unterwegs, aber das dauert etwas. Wie schnell könnte Sheriff Pearce bei Ihnen sein?«
    »Ich habe schon auf dem Revier angerufen, aber da meldet sich niemand.« Ihre Stimme überschlug sich vor Angst. »O Gott, Terry ist völlig ausgetickt. Bitte beeilen Sie sich. Er kann jeden Moment hier drin sein.«
    Cotton vernahm das Splittern der Tür. »Hören Sie zu, Amy: Sie müssen da raus. Gibt es einen Hinterausgang?«
    »Nein«, keuchte sie.
    »Dann vielleicht ein Fenster, durch das Sie an einem Fallrohr runterklettern können?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Dann sehen Sie nach.« Cotton schloss den Hotelsafe im Kleiderschrank auf. Außer seiner Kimber nahm er noch den Ersatzschlüssel des FBI-Dienstwagens heraus und steckte beides ein. »Beeilen Sie sich. Ansonsten verstecken Sie sich irgendwo in der Wohnung, in einem Schrank oder unter dem Bett.«
    Cotton eilte aus dem Zimmer und hetzte die Treppe zur Rezeption hinunter. Im Laufen zog er sich die Jacke über.
    Aus dem Smartphone vernahm er Amys Stimme: »Bitte, Terry, beruhige dich. Nein, nicht!«
    Es folgten ein Klatschen, als würde jemand geschlagen, und ein Schrei. Dann brach die Verbindung abrupt ab.
    Cotton rannte aus dem Hotel. Auf der Straße schlug ihm eiskalte Luft entgegen. Das Schneegestöber hatte beängstigend zugenommen.
    In der Tiefgarage warf Cotton sich hinter das Steuer des FBI-Dienstwagens und raste die Auffahrt hinauf auf die Straße. Schneeflocken tanzten vor den Scheinwerfern und verschluckten das meiste Licht. Wie ein bockender Mustang schlitterte das Fahrzeug über die geschlossene Schneedecke Richtung Stadtausgang. Die Straßen lagen entvölkert da. Außerhalb von Edgartown verschmolzen die Schneewehen auf der Fahrbahn und dem Straßengraben zu einer einheitlichen Fläche. Cotton ging trotzdem nicht mit dem Gas runter. Die Zähne zusammengepresst, die Muskeln angespannt, hielt er das schlingernde Auto auf Kurs.
    Er erreichte die Brücke nach Chappaquiddick. Auf ihr wölbten sich über zwei Handbreit hohe Schneewehen. Darunter toste die Brandung. Der FBI-Wagen pflügte ungebremst durch das Weiß. Nach einigen brisanten Minuten erreichte Cotton das andere Ufer.
    Knapp eine halbe Stunde später passierte er die Ortsgrenze der Kleinstadt. Das durch den Schneefall gedämpfte Licht der Straßenlaternen tauchte die Hauptstraße in glühendes Orange. Vor dem Coffeeshop stieg Cotton in die Bremsen. Sein Fahrzeug vollführte eine halbe Drehung um die eigene Achse und kam halb auf der Gegenfahrbahn zum Stehen.
    Cotton ließ den Wagen mit laufendem Motor zurück. Die Eingangstür des Coffeeshops war aufgebrochen und stand weit offen. Ein paar Schritte weiter brüllte hinter einer Straßenecke der hochgezüchtete Motor eines Muscle-Cars auf. Cotton sprintete zu der lichtlosen Sackgasse. Im Laufen zog er die Waffe aus dem Halfter und entsicherte sie.
    In Höhe der Einmündung löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit. Scheinwerfer flammten auf. Ein kanariengelber, tiefergelegter Chevrolet Camaro schoss schlitternd auf den Special Agent zu. Einen Moment lang drohte das Heck des Autos auszubrechen. Dann fanden die durchdrehenden Hinterreifen Grip auf dem Asphalt unter dem Schnee. Das Kreischen des Gummiabriebs übertönte den aufheulenden Motor. Der Wagen schoss geradewegs auf den Special Agent los. Hinter der Windschutzscheibe erkannte er Terry Dodsons vor Wut verzerrtes Gesicht. Die Stoßstange war bereits so nah, dass Cotton das Kleingedruckte auf dem Nummerschild hätte lesen können. Ihm blieb nur ein Sekundenbruchteil zur Entscheidung: schießen oder ausweichen.
    Er sprang zur Seite. Der linke Kotflügel verfehlte ihn um Haaresbreite. Noch in der Luft richtete Cotton die Waffe
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