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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe
Autoren: Simon Beckett
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die
     Sie umgebracht haben, mit irgendwelchen Krankheiten anstecken könnten, oder?»
    «Ich habe gesagt, Sie sollen die Klappe halten!»
    «Noah Harpers Leiche wurde positiv auf Hepatitis C getestet. Wussten Sie das, Kyle?»
    «Lügner!»
    «Es stimmt. Sie hätten das Angebot des Krankenhauses für die präventive Behandlung annehmen sollen. Auch wenn Sie sich nicht
     an einer der Nadeln verletzt haben, es war eine offene Wunde. Und Ihr Handschuh war mit geronnenem Blut verschmiert. Aber
     damit wollten Sie sich nicht auseinandersetzen, oder? Sie haben lieber den Kopf in den Sand gesteckt, anstatt sich damit zu
     beschäftigen, dass Sie sich bei einem Ihrer Opfer angesteckt haben könnten.»
    Sein Gesicht war noch blasser geworden. Er deutete mit einer |397| Kopfbewegung zum Behandlungszimmer. «Zum letzten Mal! Gehen Sie jetzt da rein!»
    Ich dachte nicht daran. Jede Minute, die ich ihn zum Sprechen brachte, verkürzte die Zeit, bis Hilfe eintraf. Je länger ich
     seine Blässe betrachtete und sah, wie keuchend er atmete, desto mehr begann mir noch etwas anderes klar zu werden. Warum hatte
     er sich versteckt und war erst dann hervorgekommen, als wir durch York abgelenkt gewesen waren, anstatt zu fliehen, als er
     noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte?
Vielleicht aus dem gleichen Grund, warum er Sam
nicht getötet hatte. Aus dem gleichen Grund, warum er nicht
schon längst Gardner erwürgt und mich überwältigt hatte.
    Weil er nicht konnte.
    «Sie haben bei dem Unfall einen ziemlichen Schlag abbekommen, nicht wahr?», sagte ich und versuchte, einen Plauderton anzuschlagen.
     Er betrachtete mich mit einer gehetzten Miene und atmete unregelmäßig. «Ich habe das Lenkrad des Krankenwagens gesehen. Sie
     müssen heftig mit den Rippen dagegengeknallt sein. Wussten Sie, dass das bei Autounfällen die häufigste Todesursache ist?
     Die Rippen splittern und durchstoßen die Lunge. Oder das Herz. Wie oft haben Sie im Leichenschauhaus schon solche Verletzungen
     gesehen?»
    «Halten Sie die Klappe.»
    «Sie spüren bestimmt einen heftigen, stechenden Schmerz beim Atmen, richtig? Das sind die Knochensplitter, die Ihr Lungengewebe
     zerreißen. Das Atmen fällt Ihnen schwer, oder? Und es wird noch schlimmer werden, weil sich Ihre Lungen mit Blut füllen. Sie
     werden sterben, Kyle.»
    «HALTEN SIE IHRE VERFLUCHTE KLAPPE!», schrie er.
    «Wenn Sie mir nicht glauben, dann schauen Sie sich doch selbst an.» Ich deutete auf den kaputten Spiegel an der Wand. |398| «Sehen Sie, wie blass Sie sind? Das liegt an Ihren inneren Blutungen. Wenn Sie nicht bald medizinische Hilfe kriegen, werden
     Sie entweder verbluten oder in Ihrem eigenen Blut ertrinken.»
    Sein Mund zuckte, als er auf sein Spiegelbild starrte. Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm seine Verletzung wirklich war,
     ich wollte nur seine Phantasie anregen. Für jemanden, der so von sich besessen war wie Kyle, reichte das bestimmt aus.
    Gardner hatte er mittlerweile völlig vergessen. Der TB I-Agent blinzelte und erlangte allmählich das Bewusstsein zurück. Er verlagerte seine Position ein wenig, als würde er testen, wie
     fest der Würgegriff war.
Nein, noch nicht. Bitte,
warte noch einen Moment.
    «Ergeben Sie sich», fuhr ich schnell fort.
    «Ich warne Sie   …»
    «Retten Sie sich, Kyle. Wenn Sie sich jetzt ergeben, können Sie medizinisch versorgt werden.»
    Für eine Weile sagte er nichts. Mit Schrecken bemerkte ich, dass er weinte.
    «Die werden mich sowieso umbringen.»
    «Nein, das werden sie nicht. Dafür sind Anwälte da. Und Gerichtsverfahren dauern Jahre.»
    «Ich will nicht ins Gefängnis!»
    «Wollen Sie lieber sterben?»
    Er schniefte, und als ich sah, dass seine Anspannung langsam nachließ, versuchte ich, mir die plötzlich aufgekommene Hoffnung
     nicht anmerken zu lassen.
    Dann begann Gardner nach seiner Waffe zu tasten.
    Kyle bemerkte, was er vorhatte.
«Scheiße!»
Er riss Gardner mit seinem Arm an sich. Der Agent stieß ein ersticktes Krächzen aus und fummelte an seinem Gürtel herum, während
     Kyle mit seiner freien Hand nach der Waffe langte. Obwohl |399| ich wusste, dass ich zu spät kommen würde, stürzte ich auf die beiden zu.
    Da hörte ich ein Geräusch hinter mir.
    Jacobsen stand in der Tür, das blanke Entsetzen im Gesicht. Dann schob sie ihre Jacke zur Seite und griff nach ihrer Waffe.
    «Stecken lassen!»
, brüllte Kyle und drehte sich so, dass Gardner zwischen ihnen war.
    Sie hielt inne und legte ihre Hand auf die Pistole. Kyle
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