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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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und dann zu handeln«, antwortete Pertsa mit klappernden Zähnen, und seine Stimme klang gar nicht so bissig wie sonst. Taskinen hörte sich unseren Wortwechsel verwundert an, stellte jedoch zum Glück keine überflüssigen Fragen, während er mich nach Hause fuhr.
    Obwohl die Autoheizung voll aufgedreht war und ich nicht einmal ein Bad im Eisloch hinter mir hatte, fror ich so, dass ich glaubte, nie wieder aufzutauen.

    Neunzehn
    Am nächsten Tag saß ich wieder an Airas Bett. Am Morgen hatte ich kurz mit Niina gesprochen, deren Bericht über die Ereignisse am zweiten Weihnachtstag noch einige Lücken aufwies. Sie stand unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln, konnte jedoch fünf Minuten mit mir reden, bevor sie wegdämmerte. Das hatte gereicht.
    »Ob sie mich wohl zu Niina lassen?«, überlegte Aira. »Wie lange muss sie hier bleiben?«
    »Einige Tage. Und du?«
    »Ich werde wohl schon morgen entlassen. Kommst du am Samstag zu Elinas Beerdigung?«
    »Ich denke schon«, versprach ich, obwohl zwei Beerdigungen in einer Woche ein bisschen viel waren. Im selben Moment kam Johanna mit einem Strauß Teerosen herein. Sie trug ein neues, rot geblümtes Kleid und einen rötlichen Pullover, auch auf ihren Lippen lag eine Spur künstliches Rot. Wenn eines Tages die Unsicherheit aus ihrem Blick verschwand, würde eine richtige Prachtfrau aus ihr werden.
    Johanna begrüßte uns, erkundigte sich nach Niina, und ich erzählte ihr, wie der gestrige Abend ausgegangen war. »Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«, fragte Aira dann.
    »Ja. Das ist eine sehr gute Idee. Ich muss natürlich die Kinder fragen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas dagegen haben. Rosberga ist sicher ein wunderschönes Zuhause für sie.«
    »Du wirst mit deinen Kindern nach Rosberga ziehen? Prima!«, sagte ich erfreut, denn auch ich hatte neben allem anderen versucht, eine Unterkunft für die Sänttis zu finden. Nachdem ich meiner Freundin Leena berichtet hatte, was Minna und ich in Karhumaa gehört hatten, hatte sie Leevi Säntti unter Druck gesetzt. Er verzichtete auf einen Sorgerechtsprozess, Johanna sollte alle Kinder bekommen, die zu ihr ziehen wollten.
    »Es ist höchste Zeit, dass in Rosberga wieder Kinder leben.
    Johanna und ich haben Zeit genug, sie zur Schule zu fahren«, sagte Aira fröhlich. Ich sah sie schon vor mir, wie sie sich um Johannas Kinder kümmerte, wie sie den Rest ihres Lebens noch für andere sorgte. Auch das war eine Lebensweise, sicher nicht schlechter als manche andere. Aira hatte versprochen, auch Niina zu helfen, so gut sie konnte, sie hatte bereits den Famili-enanwalt beauftragt, Niinas Verteidigung zu übernehmen und ihre offizielle Anerkennung als Elinas Tochter in die Wege zu leiten. Elina würde Niina sicherlich nicht beerben können, da sie ihren Tod verschuldet hatte, doch wenn es um Airas Erbe ging, mochten die Dinge anders liegen.
    Ich wollte Airas Optimismus nicht trüben. Soweit ich es beurteilen konnte, würde Niina noch lange in psychiatrischer Behandlung bleiben müssen. Worauf die Anklage lauten würde, war ebenfalls nicht ohne weiteres vorauszusagen, denn der Fall war komplizierter, als wir angenommen hatten.
    Im Vestibül der Klinik holte ich mein Handy hervor und rief Kari Hanninen an. »Hallo!«, sagte er freundlich. »Ich wollte mich auch gerade melden, Ihr Horoskop ist nämlich fertig.«
    »Ich kann es gleich abholen, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Ich bin gerade erst aufgestanden, aber kommen Sie ruhig vorbei. Dann brauche ich nicht allein zu frühstücken.«
    Hanninens Wohnung in Lauttasaari duftete nach frischem Brot und Milchkaffee. Er hatte Jeans und ein Flanellhemd übergezo-gen, das Hemd jedoch nicht zugeknöpft. Seine Augen blickten deutlich munterer als meine, unter denen ich im Spiegel im Aufzug dunkle Halbmonde entdeckt hatte. Hanninen goss Milchkaffee in einen Halbliterbecher und zog ein Blech Crois-sants aus dem Ofen. Er hatte meine Sternzeichenkarte auf dem Tisch ausgebreitet und erklärte sie mir, während er seinen Kaffee trank. Unter der Karte lag ein ganzer Stapel schriftlicher Deutungen, aber Hanninen erläuterte mir offenbar lieber persönlich, wie ich war und was ich im Leben zu erwarten hatte.
    Ich machte große Augen, als er sagte, im August müsse ich mit einer einschneidenden Veränderung rechnen, zum Glück ging er nicht auf Einzelheiten ein. Er wirkte zweifellos überzeugend.
    Als er behauptete, ich tendiere dazu, erst zu handeln und dann nachzudenken,
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