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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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offenbar nach Hause gekommen und hatte seine Frau bewusstlos in einer Blutlache gefunden. Das Kind war zwei Monate zu früh auf die Welt gekommen und konnte nicht mehr gerettet werden. Es wäre ein Mädchen gewesen.
    Da hatte Martti Kuusinen an Aira geschrieben und ihr einen Vorschlag gemacht: Er und seine Frau würden Elinas Kind als ihr eigenes ausgeben. In mancherlei Hinsicht war das eine gute Lösung, und Aira überredete Elina, den Vorschlag anzunehmen.
    Also reisten die beiden Anfang August nach Frankreich. Elina hatte das Haus praktisch nicht mehr verlassen können, da ihr Zustand bereits sichtbar war.
    Die Monate in Frankreich waren qualvoll. Es herrschte eine entsetzliche Hitze, Elina war den einen Tag verrückt nach Martti Kuusinen, um ihn am anderen Tag zu hassen. Auch Heidi Kuusinen hätte professionelle Hilfe benötigt, nachdem sie ihr Kind verloren und gleich darauf erfahren hatte, dass eine Schülerin von ihrem Mann schwanger war. Die Kuusinens hatten die finnischen Behörden nicht über den Tod ihres Babys informiert. Auch Elinas Schwangerschaft war offiziell nicht bekannt, sie war nicht einmal zur Schwangerenberatung gegangen. Das hatte Martti Kuusinen wohl überhaupt erst auf die Idee gebracht, Elina in der Entbindungsklinik als seine Frau anzumelden, wenn es so weit war. Heidi war zwar acht Jahre älter, doch die Schwangerschaft hatte Elina erwachsener gemacht, sodass niemand Verdacht schöpfte. Natürlich wusste der Arzt, der Heidi Kuusinen behandelt hatte, von ihrer Fehlgeburt, doch Aira nahm an, dass Kuusinen dieses Problem mit Geld aus der Welt geschafft hatte.
    Elina war während der Geburt halb betäubt, das Kind musste schließlich mit der Zange geholt werden. Sie wollte ihr Baby nicht sehen und verließ die Klinik wenige Tage nach der Entbindung. Aira und Elina reisten nach Paris und von dort eine Woche später nach Finnland. Nach Weihnachten kehrte Elina in die Schule zurück. Die Kuusinens blieben in Frankreich und nahmen keinerlei Verbindung zu Elina mehr auf.
    Damit hatte Aira ihre Erzählung beendet. Ich hatte sie nicht gefragt, ob Elina sich später nach ihrer Tochter gesehnt hatte.
    Niina hatte reglos und stumm zugehört. Ich wollte gerade vorschlagen zu gehen, als Tarja Kivimäki fragte:
    »Wann hast du erfahren, dass Elina deine Mutter ist?«
    Niina drehte langsam den Kopf und sah Tarja an, in ihren mandelförmigen Augen standen Tränen. Jetzt, da man es wusste, sah man, dass sie dieselben hohen Wangenknochen hatte wie Aira und Elina.
    »Mutter … Heidi hatte mir einen Brief hinterlassen, den ich erst nach ihrem Tod öffnen durfte. Sie schrieb, sie habe lange nachgedacht und sei zu dem Schluss gekommen, dass ich wissen sollte, wer meine wirkliche Mutter ist. Was hat sie sich eigentlich eingebildet? Es wäre mir lieber gewesen, nichts davon zu erfahren, dass ich schon als Baby zum ersten Mal verstoßen worden bin! Vielleicht hat Heidi geglaubt, ich würde dann weniger um sie trauern, aber da hat sie sich getäuscht. Ich hatte doch keine andere Mutter, ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass Heidi nicht meine richtige Mutter ist …«
    Niina weinte, doch sie hörte nicht auf zu reden.
    »Vater hat dann ergänzt, was Mutters Brief offen ließ. Ihn verstehe ich am allerwenigsten, unsere Beziehung ist seit Mutters Tod total kaputt. Er hat mir erzählt, Elina hätte nichts mehr von sich hören lassen, nachdem sie aus Frankreich abgereist war. Dabei war ich doch ihr Kind! Ich begreife nicht, wie sie so etwas tun konnte!«
    »Elina war sechzehn, als du geboren wurdest. Sie hätte dir keine Mutter sein können«, sagte Tarja Kivimäki.
    »Warum denn nicht? Elinas Familie hatte Geld genug, sie hätten meinetwegen ein Kindermädchen einstellen können, wenn Elina unbedingt studieren wollte. Elina hat mich nicht gewollt, deshalb hat sie mich weggegeben.«
    »Hat sie dir das gesagt?« Joona Kirstilä hatte die ganze Zeit dagesessen wie eine Eissäule. »Mir hat sie etwas ganz anderes erzählt. Mir hat sie gesagt, man hätte ihr nicht erlaubt, das Kind zu behalten, sie hätte bei der ganzen Sache überhaupt nicht mitreden dürfen.«
    »Du hast es gewusst?«, riefen Niina und ich wie aus einem Mund.
    »Ja, allerdings wusste ich nicht, dass du Elinas Kind bist.
    Ehrlich gesagt, hatte ich den Verdacht, es wäre Milla …« Joona warf Milla einen Blick zu, ein leises Lächeln flog über sein Gesicht.
    »Elina hat nur erzählt, sie hätte als ganz junges Mädchen ein Kind bekommen, das
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