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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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in frivolem Rot. Das kleine Mädchen, das ich einmal war, hätte an meinem Brautkleid sicher einiges auszuset-zen gehabt, doch den Hochzeitsgästen schien es zu gefallen.
    »Wie schön, dich mal nicht in den ewigen Jeans oder in deinem einzigen Kostüm zu sehen«, frotzelte Palo, als wir uns auf unserer Runde durch den Saal kurz zu meinen Kollegen setzten.
    Pertti Ström grinste. Vor einigen Jahren hatte er mich nämlich im Zusammenhang mit einem Mordfall in Ledermini und Netzstrümpfen zu Gesicht bekommen.
    »Hast du mir den Bericht über den Fall Vilén auf den Tisch gelegt?«, fragte er unfreundlich, doch bevor ich antworten konnte, wies Taskinen ihn zurecht:
    »Nichts Dienstliches, Pertti, wir sind hier auf Marias Hochzeit!«
    »Wenn der Bericht nicht da ist, muss ich sie auf der Hochzeitsreise stören«, knurrte Ström.
    »Beruhige dich, er liegt schon auf deinem Schreibtisch«, flötete ich honigsüß und ging an den Nachbartisch. Ström lauerte ständig darauf, dass ich Fehler machte. So wie wir zueinander standen, fragte ich mich, warum er überhaupt zu meiner Hochzeit gekommen war.
    Das Hochzeitsmahl schmeckte mir vorzüglich, zumal ich vor dem Fest natürlich keinen Bissen heruntergebracht hatte. Unsere Väter und Freunde hielten Reden, wobei sie mit Klischees nicht geizten. Zum Glück verschonten sie uns wenigstens mit der Jungfrau Maria. Den Hochzeitswalzer legten wir so gut hin, wie es einem fast zwei Meter großen Mann und einer kleinen Frau gelingen kann. Später tanzte ich gerade mit Palo, als Ström auf uns zutrat.
    »Raitio ist geschnappt worden, in Turku am Flughafen. Wir müssen ihn abholen.«

    Mehr brauchte er nicht zu sagen. Raitio war eine Schlüsselfi-gur in dem Drogenring, dem wir seit längerem auf der Spur waren. Vor ein paar Wochen war er abgetaucht, und wir hatten bereits befürchtet, er wäre ins Ausland entkommen.
    »Verschieb deine Hochzeitsnacht und komm mit nach Turku.
    Was Neues erlebst du heute Nacht sowieso nicht!«, sagte Pertsa so gehässig, wie ich es selbst von ihm nicht erwartet hätte.
    »Ich mach es heute zum ersten Mal in meinem Leben legal«, gab ich im gleichen Ton zurück und wünschte meinen Kollegen eine gute Fahrt. Taskinen gab mir zum Abschied die Hand, Palo verabschiedete sich mit einer unbeholfenen Umarmung. Pertsa, der als Letzter an der Reihe war, flüsterte mir ins Ohr:
    »Selbst Polizisten können heiraten, aber glaub mir, es wird nichts daraus. Du würdest doch am liebsten mitkommen, gib’s zu! So was lässt sich kein Mann lange bieten.«
    »Danke für die freundlichen Worte, Pertsa«, säuselte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Während er verlegen den Rückzug antrat, überlegte ich, ob er wohl Recht hatte. Zum Glück zog Antti mich auf die Tanzfläche, und ich vergaß meine Zweifel.

    Eins
    Der Wind rüttelte an meinem kleinen Fiat und fegte Schnee auf die Windschutzscheibe. Der Dezember war ungewöhnlich düster. Schon um drei Uhr herrschte fast völlige Dunkelheit.
    Obwohl ich oft nach Nuuksio fuhr, schien mir die Straße plötzlich fremd. Ich rief mir die Streckenbeschreibung ins Gedächtnis: Kurz hinter der Kurve am See rechts abbiegen, dann zweimal links. Das letzte Wegstück würde schmal und wahrscheinlich zugeschneit sein. Zum Glück hatte ich eine Schneeschaufel im Kofferraum.
    Wie sich bald herausstellte, brauchte ich sie nicht, denn jemand hatte den Weg zum Gutshaus Rosberga, das hell erleuchtet auf einem Hügel stand, freigeschaufelt. Die steile Auffahrt zum rosafarbenen Portal war sogar gestreut. Im Sommer sah Rosberga sicher bezaubernd aus, doch jetzt wirkten die Rosenbüsche, die sich an der Mauer entlangrankten, kahl und abweisend.
    Das Tor war geschlossen, und das Schild, das daran hing, machte nicht gerade einen freundlichen Eindruck. Als das Kurszentrum Rosberga vor einigen Jahren gegründet wurde, hatte vor allem dieses Schild Aufsehen erregt. ZUTRITT FÜR
    MÄNNER VERBOTEN stand in nüchternen schwarzen Buchstaben darauf. Die katzengroße Bärenskulptur auf dem Tor sah wesentlich freundlicher aus.
    Elina Rosberg, die Gutsherrin, ließ keinen Mann ins Haus. Ihre Therapiegruppen und Selbstverteidigungskurse waren exklusiv für Frauen reserviert. Reparaturen ließ sie angeblich nur von Handwerkerinnen ausführen. Und als sie für ihren Kurs »Geistige Selbstverteidigung« den Vortrag eines Polizisten einplante, lud sie natürlich eine Frau ein.

    Die Polizeibehörde von Espoo, bei der ich angestellt war, hatte in den
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