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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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letzten Jahren besonderes Gewicht auf die Öffentlich-keitsarbeit gelegt. In den Schulen hatte man Quartettspiele verteilt, auf denen einzelne Mitarbeiter vorgestellt wurden, und auf den verschiedensten Veranstaltungen sprachen die Beamten bereitwillig über ihre Arbeit. Daher hatte kaum jemand gelacht, als Elina Rosberg eine Polizistin angefordert hatte, die einen Vortrag über speziell für Frauen relevante Verbrechen und über das Verhältnis zwischen Frauen und der Polizei halten sollte.
    »Genau das Richtige für Kallio«, hatte Pertti Ström während der Kaffeepause gewitzelt. »Wenn wir wollen, dass diese Emanzen auf die Polizei hören, schicken wir am besten eine von ihrer Sorte hin.«
    »Schade, dass Männer keinen Zutritt haben. Sonst könnte ich dich als Demonstrationsobjekt mitnehmen: Hier sehen Sie ein chauvinistisches Polizistenschwein in Reinkultur«, gab ich zurück.
    »Pertsa ein Chauvi? Dabei hat er doch sogar seiner Frau erlaubt, arbeiten zu gehen. Was nicht ohne Folgen blieb«, warf Palo ein und duckte sich unter den Tisch, um Pertsas Fausthieb zu entgehen, der nicht ganz so spaßhaft war, wie er schien.
    Ströms Scheidung lag schon einige Jahre zurück, doch sie war immer noch ein wunder Punkt.
    Ich hatte mich darauf eingestellt, möglichst realistisch zu berichten, sowohl über die Arbeit einer Polizistin als auch über Frauen, die mit der Polizei in Berührung kamen. Das Problem war nur, dass ich nicht wusste, was für ein Publikum mich erwartete. In der Öffentlichkeit war Rosberga zur Festung der fanatischsten Feministinnen abgestempelt worden, umso mehr, da die Kurse zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Frauenver-band Union und der Organisation für sexuelle Gleichberechtigung, Seta, veranstaltet wurden. Als Mitglied beider Vereine wusste ich, dass ihnen sehr unterschiedliche Frauen angehörten. Wahrscheinlich würde ich meinen Berufs-stand verteidigen müssen. Auf jeden Fall würde es anders zugehen als in den Rentner- und Hausfrauenclubs, in denen ich bisher aufgetreten war.
    Man ließ mich auch deshalb gern die Behörde repräsentieren, weil ich dem traditionellen Polizistenbild so gar nicht entsprach.
    Erstens bin ich eine Frau und zweitens nur knapp über eins sechzig. Meine Wuschelhaare haben einen natürlichen Rotton, den ich oft künstlich verstärke. Ich habe eine Stupsnase und Sommersprossen, die zum Glück im Winter verschwinden. Mein Körper ist eine seltsame Mischung aus Kurven und Muskeln.
    Vermutlich habe ich es meinem runden Mund und meinem görenhaften Kleidungsstil zu verdanken, dass ich im Alkoholge-schäft immer noch den Ausweis vorzeigen muss, obwohl ich schon dreißig bin. Jetzt trug ich Jeans, ein Polohemd und ein maskulin geschnittenes Jackett. Ich hatte versucht, mich älter zu schminken. Am Tor war weder eine Klingel noch ein Klopfer zu sehen. Ich wollte gerade aussteigen, um mich irgendwie bemerkbar zu machen, als das Tor wie von selbst aufschwang.
    Ich fuhr auf den von kahlen Rosenbüschen gesäumten Innenhof.
    Das Klicken, mit dem das Tor ins Schloss fiel, klang irgendwie bedrohlich, obwohl Mauer und Tor ja gerade die von außen drohenden Gefahren abwehren sollten.
    Die Wände des Gutshauses Rosberga waren ebenfalls rosenrot gestrichen und von Rosen berankt. Als das für Männer unzugängliche Kurszentrum gegründet wurde, war natürlich über das
    »Dornröschenschloss« gespottet worden. »Warten die Feministinnen auf den Kuss des Märchenprinzen?«, hatte ein Boulevardblatt gehöhnt. Die Rosen hatte angeblich Elina Rosbergs Urgroßmutter gepflanzt.
    Elina Rosberg stand in der weiß gerahmten Tür und begrüßte mich mit einem festen Händedruck. Sie war etwa zwanzig Zentimeter größer als ich, hatte breite Schultern und einen großen Busen, war aber im Übrigen schlank. Der Wind plusterte ihre kurzen blonden Haare auf, das seitlich fallende Licht hob ihre lange schmale Nase und die hohen Backenknochen hervor.
    Selbst in Jeans und zerschlissenem Lammfellmantel wirkte sie wie eine Gutsherrin. Ihre tiefe, sympathische Stimme klang wie die eines Menschen, der gern lacht.
    »Möchtest du eine Tasse Tee, bevor du anfängst?«, fragte sie.
    »Die Entspannungsübung ist noch nicht vorbei.«
    Ich fragte sie, was für ein Publikum mich erwartete.
    »Eine außergewöhnlich große Gruppe, rund zwanzig Frauen.
    Es ist ja unser erster Kurs über geistige Selbstverteidigung. Die Gruppe ist sehr diskussionsfreudig und oft kontrovers.«
    Sie führte mich in eine geräumige
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