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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman
Autoren: Michael McBride
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rennen. Adam ließ die letzten Stufen hinter sich und tauchte in eine Welt ein, in der alles mit der zähen Trägheit eines Traums ablief. Seine Beine bewegten sich ohne sein Zutun, und vor dem Hintergrund des schmalen Lichtstreifens unter der Tür sah er, wie seine Arme sich nach dem Riegel ausstreckten, um ihn zur Seite zu schieben. Er spürte das kalte Metall auf seinen Handflächen, dann hörte er Stahl auf Stahl scheppern und platzte hinaus in das pralle Sonnenlicht.
    Missy lag auf dem Boden in einer Lache aus Blut, die auf dem schwarzen Teer glitzerte wie ein gigantischer Rubin. Ihr Schädel sah unnatürlich abgeflacht aus. Ihre Arme lagen verkrümmt unter ihrem Körper, die Ellbogen nach außen gedreht, und noch während er zusah, wurde die Pfütze immer größer.
    Adam rannte zu ihr und drehte sie auf den Rücken. Missys Hals sah aus wie die auseinandergezogenen Kiemen eines toten Fisches an der Angelleine, ihre Haut war weiß wie Kreide und übersät mit dunkel verfärbten Prellungen und Blutspritzern. Mit vor Überraschung und Entsetzen weit aufgerissenen Augen starrte sie direkt durch ihn hindurch.
    Blut tropfte aus ihren Nasenlöchern und Mundwinkeln, und angesichts der Menge, die sie bereits vergossen hatte, war Adam überrascht, dass sie überhaupt noch bluten konnte.
    Er presste seine Hände auf ihren Hals und versuchte mit aller Macht, die Schnittwunden zu heilen, schickte all seine Energie in seine Finger. Doch er spürte kein Kribbeln, keinen Energiestrom, der durch seinen Körper floss. Die Macht, die er für kurze Zeit besessen hatte, war wieder verschwunden, so wie er es geahnt hatte. Seine Hände waren nur noch nutzlose Zangen, die vergeblich versuchten, die klaffenden Wunden zu verschließen.
    Missy war tot.
    Adam hob seinen Kopf, und Tränen strömten über sein Gesicht. Er begegnete Phoenix’ Blick, der mit aller Macht versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Ein schwarzes Monster mit glitzerndem Schuppenpanzer ragte hinter ihm auf.
    Als Phoenix Adams Gesichtsausdruck sah, begannen seine Lippen zu zittern, und sein Mund öffnete sich zu einem markerschütternden Schrei, der Adam schier das Herz brach.
    Tod spreizte seine Klauen und hob seine Arme hoch in die Luft, dann ließ er sie so schnell herabsausen, dass Adam keine Zeit mehr blieb, Phoenix zu warnen. Blut spritzte aus seinem Rücken und ergoss sich auf das Teerdach.
    Wimmernd kroch Phoenix weiter, als habe er Tod vergessen, der seine Krallen wieder und wieder in Phoenix’ Rücken bohrte und die Luft mit Blut durchtränkte. Und immer noch kroch Phoenix weiter und streckte seine zitternde Hand nach Missy aus. Er war fast bei ihr, hellrote Blutstropfen hingen an seinen bebenden Fingerspitzen, streckte sich noch weiter, dann schlug Tod ein letztes Mal zu.
    Adam sah die Krallen, die sich von oben in Phoenix’ Augenhöhlen bohrten und die Lider durchstachen, bis sie Halt am Schädelknochen fanden. Tod hielt den Schädel fest umschlossen, Blut floss über Phoenix’ Augäpfel, und immer noch kämpfte er an gegen den unsäglichen Schmerz und hoffte … sich nur noch ein winziges bisschen weiter … strecken zu können.
    Tod riss ihn vom Boden weg und hielt ihn hoch in die Luft, dann streckte er seine freie Hand nach Phoenix’ Kehle aus.
    Flammen schlugen aus den Augen des Jungen und umhüllten die geschuppten Finger. Phoenix’ Rücken bog sich nach hinten durch, und seine Arme wurden ruckartig zur Seite gerissen.
    Blitzschnell zog die Bestie ihre Hand zurück und riss ganze Fetzen von Phoenix’ Kopfhaut mit. Lange, dreckige Haarsträhnen fielen auf den Boden wie blutige Schneeflocken.
    Phoenix schwebte immer noch in der Luft, seine Zehen zeigten auf den Boden, die Handflächen waren zum Himmel gedreht.
    Ein blendend weißes Licht, heller noch als die aufgehende Sonne, umhüllte ihn und zwang Adam, sich die Hände schützend vor die Augen zu halten. Dann spürte er, wie eine Hitzewelle ihn erfasste.

VII
     
    Phoenix erlag seinem Schmerz und seiner Trauer, erlag seinem Zorn. Alles um ihn herum begann golden zu schimmern. Er sah, wie Adam sich die Hände vor die Augen hielt, und begriff, dass er selbst die Quelle des goldenen Lichtscheins war.
    Tod riss seine Krallen zurück, die durch Phoenix’ Augenlider schnitten und tiefe Kerben in Stirn, Schädeldecke und Nacken gruben. Doch er spürte keinen Schmerz, nicht einmal, als ihm das Blut schon über Ohren und Hals lief. Er breitete seine Arme aus und spürte, wie er immer höher stieg,
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