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Legionare

Legionare

Titel: Legionare
Autoren: Howell Morgan
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berührten, sah sie über sich nur das Quadrat des nächtlichen Himmels. Sie bewegte sich von der Leiter fort und tastete sich mit den Händen durch die kühle Luft voran, die nach Erde und fast verdorbenem Gemüse roch. Sie berührte einen Korb und untersuchte seinen Inhalt mit den Fingern. Die grobe, schrumpelige Schale der Knollen, die er enthielt, fühlte sich wie Tabuc an, eine Wurzel, die man vor dem Verzehr kochen musste. Dar suchte weiter. Der nächste Korb roch nach Essig und enthielt Äpfel. Sie fühlten sich weich und schwammig an; viele waren verfault. Dar stopfte einige besser erhaltene Früchte in ihren Rucksack.
    Der nächste Korb war ein Volltreffer. Dar wusste schon bei der ersten Berührung, was er enthielt, denn Goldwurzel war die Hauptnahrung der Hochlandbewohner. Sie war nahrhaft und auch roh essbar. Als sie den Korb zu leeren begann, überlegte sie, wie viel sie mitnehmen konnte. Wenn sie den Rucksack vollstopfte, war die Wahrscheinlichkeit, dass man den Diebstahl bemerkte, zwar größer, doch damit konnte sie den nächsten Einbruch aufschieben. Dar beschloss, das Risiko einzugehen: Sie wollte so viel mitnehmen, wie sie konnte.

    Als der Rucksack voll war, schwang sie ihn auf ihren Rücken und kletterte die Leiter hinauf. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, wäre sie gern gerannt, aber sie hatte zu viel Angst, sie könnte in der Finsternis stolpern. Als sie die wartenden Orks erreichte, überspülten sie Wogen des Frohlockens und der Erleichterung. »Wir müssen schnellstens weiter«, sagte sie. »Wenn es hell wird, werden die Washavoki mich suchen.«

4

    IN DER MORGENDÄMMERUNG witterte Kovok-mah ein stehendes Gewässer und führte Dar an eine sumpfige Stelle zwischen zwei Hügeln. Dar watete in das seichte schwarze Wasser, in dem dichtes Schilf stand. Schließlich fand sie eine knapp über dem Wasser liegende Fläche und gab den Orks zu verstehen, sie sollten sich zu ihr gesellen. Sie kamen zu ihr und markierten Muth’las Umarmung, indem sie Schilfrohre in den weichen Boden bohrten. Dar hockte sich in dem heiligen Raum hin. Die Orks taten es ihr gleich. Dann öffnete sie den Rucksack. »Essen ist Muth’las Geschenk.«
    »Shahshav, Muth’la«, erwiderten die Orks.
    Dar reichte ihnen runde, gelbbraune Goldwurzeln und runzlige Äpfel. Immer wenn sie »Muth’la schenkt euch dieses Essen« sagte, war sie der Mutter des Ganzen dankbar, weil sie ihr die nötige Kraft verlieh. Die Wurzeln und Äpfel waren zwar schon überreif, doch der Hunger machte sie schmackhaft. Dar genoss jeden Bissen und schenkte den Stechmücken und der sumpfigen Umgebung kaum einen Blick.
    Als sie fertig waren, setzte Kovok-mah sich hin und legte
seinen Mantel auf seinem Schoß zusammen. »Der Boden ist hier zu feucht für dich, Dargu.«
    Dar zögerte. Sie fragte sich, welchen Eindruck sie auf die anderen Orks machte, wenn sie sein Angebot annahm. Ihre Füße waren tief in die durchweichte Erde gesunken. Doch da Bequemlichkeit ihr lieber war als Äußerlichkeiten, kletterte sie auf den gefalteten Mantel, nahm die Schneidersitz-Schlafposition der Orks ein und lehnte sich an Kovok-mah, dessen Arme sie sanft umfassten. Dar entspannte sich und schenkte Zna-yat einen kurzen Blick. Er schaute zwar schnell weg, doch sie hatte seinen entrüsteten Gesichtsausdruck gesehen.
    Ich habe mein Leben riskiert, um ihm etwas zu essen zu besorgen, dachte sie. Warum missgönnt er mir Bequemlichkeit? Zna-yats Blick erinnerte sie an die versteckten Drohungen, die sie in den letzten beiden Tagen völlig vergessen hatte. Sein Blick sagte ihr, dass sie noch immer Grund hatte, sich Sorgen zu machen. Trotz ihrer Erschöpfung und ihres vollen Magens konnte sie nur schwer einschlafen.
     
    Während Dar und die Orks sich versteckten und ausruhten, rastete auch der Rest von König Kregants Heer. Nach mehreren Gefechten hatte König Feistav die Verfolgung aufgegeben. Viele Männer Kregants glaubten, sie wären auf dem Heimweg, doch erfahrene Söldner wie Sevren und Valamar gingen davon aus, dass dies keineswegs der Fall war. Gerüchte gingen um, laut derer der Zauberer Othar sein Können einsetzte, um das Pech des Königs in Glück zu verwandeln. Die Gerüchte schienen sich zu bestätigen, als einige Gardisten den Befehl erhielten, eine verlassene Bauernkate in etwas umzuwandeln, das sich für eine Geisterbeschwörung eignete.
    Da das schwarze Zelt des Zauberers während des Rückzugs verloren gegangen war, sollte die Hütte ein
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