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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
Autoren: Marie Lu
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mein Leben lang kennen.
    »Hab dich vermisst«, antworte ich schließlich.
    Der Soldat blickt das Mädchen an und gestikuliert ungeduldig von mir zu ihr. »Sie kennen ihn?«
    Das Mädchen streicht sich das schwarze Haar aus dem Gesicht und wirft ihm den kokettesten Blick zu, den ich je gesehen habe. »Ob ich ihn kenne , Sir? Wir waren das erste Jahr in derselben Staffel.« Sie zwinkert mir zu. »Sieht aus, als hätte er sich mal wieder in den Bars rumgetrieben.«
    Der Unteroffizier schnaubt abfällig und verdreht die Augen. »Air Force, was? Tja, dann achten Sie wenigstens darauf, dass er nicht noch einmal so ein Aufsehen erregt. Ich war schon kurz davor, seinen Commander zu informieren.« Im nächsten Moment scheint ihm wieder einzufallen, warum er es vorher so eilig hatte, und er marschiert von dannen.
    Ich atme auf. Knapper hätten wir wohl kaum davonkommen können.
    Als er weg ist, lächelt mich das Mädchen breit an. Selbst durch ihren Ärmel kann ich sehen, dass sie einen Gips trägt. »Meine Kaserne ist hier ganz in der Nähe«, sagt sie. In ihrer Stimme liegt eine leichte Schärfe, die mich ahnen lässt, dass sie nicht sonderlich glücklich ist, uns hier zu sehen. »Wie wär’s, wenn du dich da ein bisschen ausruhst? Du darfst auch dein neues Spielzeug mitnehmen.« Das Mädchen deutet mit dem Kinn auf June.
    Kaede. Sie hat sich kein bisschen verändert seit dem Nachmittag, an dem ich sie kennengelernt habe und sie für eine ganz normale Barkeeperin mit einem Rankentattoo hielt. Bevor ich herausfand, dass sie eine Patriotin ist.
    »Nach dir«, erwidere ich.
    Kaede hilft June, mich einen Häuserblock weiter zu bugsieren. Vor dem aufwendig verzierten Eingang der Venezia-Kaserne, eines weitläufigen Hochhauskomplexes, bleibt sie stehen, dann führt sie uns an einem gelangweilten Wachposten vorbei und durch die Haupthalle des Gebäudes. Die Decke ist so hoch, dass mir schwindelig wird, und ich erspähe reihenweise Republikflaggen und Elektor-Porträts zwischen den Steinsäulen an der Wand. Ein paar Soldaten haben bereits damit angefangen, die Bilder durch neue zu ersetzen. Kaede winkt uns weiter und plappert dabei unermüdlich vor sich hin. Ihre schwarzen Haare sind kinnlang, kürzer, als ich sie in Erinnerung habe, und sie trägt marineblauen Lidschatten über ihren sanft geschwungenen Augen. Mir ist noch nie aufgefallen, dass wir beinahe gleich groß sind. Soldaten eilen hin und her und ich warte nur darauf, dass mich einer von ihnen von den Fahndungsfotos wiedererkennt und Alarm schlägt. Spätestens in dem Moment werden sie auch June unter ihrer Verkleidung erkennen. Oder bemerken, dass Kaede gar keine echte Soldatin ist. Dann werden sie sich allesamt auf uns stürzen und wir haben keine Chance.
    Aber niemand beachtet uns und durch mein Humpeln fallen wir sogar noch weniger auf; ich sehe mehrere andere Soldaten mit eingegipsten Armen oder Beinen. Kaede führt uns zu den Aufzügen – ich bin noch nie mit einem gefahren, weil ich noch nie in einem Gebäude gewesen bin, in dem die Elektrik einwandfrei funktionierte. Im achten Stock steigen wir aus. Hier oben sind weniger Soldaten. Ein Flurabschnitt, durch den wir gehen, ist sogar vollkommen verlassen.
    Hier oben bröckelt Kaedes gut gelaunte Fassade. »Ihr zwei seht aus wie zwei Ratten aus der Gosse«, murmelt sie, als sie leise an eine Tür klopft. »Das Bein macht dir immer noch Probleme, wie’s aussieht? Ihr seid ja echt hartnäckig, wenn ihr den ganzen Weg hierhergekommen seid, um uns zu finden.« Dann wirft sie June einen verächtlichen Blick zu. »Mann, diese dämlichen Spiegel an deinem Kostüm haben mich total geblendet.«
    June sieht zu mir herüber. Ich weiß genau, was sie denkt. Wie um alles in der Welt kann sich eine Gruppe von Kriminellen in einer der größten Militärkasernen von Vegas einnisten?
    Auf der anderen Seite der Tür ertönt ein Klicken. Kaede öffnet sie, geht hinein und breitet die Arme aus. »Willkommen in unserer bescheidenen Hütte«, verkündet sie mit großer Geste. »Zumindest für die nächsten paar Tage. Gar nicht mal so übel, was?«
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Eine Gruppe von Teenagern vielleicht oder eine Horde schlecht organisierter Dilettanten.
    Stattdessen erwarten uns in dem Raum nur zwei Leute.
    Überrascht sehe ich mich um. Ich bin noch nie zuvor in einer echten Republikkaserne gewesen, aber das hier muss eine Offiziersunterkunft sein – nie im Leben würden normale Soldaten in einem solchen Palast
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