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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln
Autoren: Mario D Richardt
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versuche es zu glauben. Während ich tiefatmend vor mich hin glaube, fällt mir ein, dass es wahnsinnig naiv von mir ist, an die Sache zu glauben. Denn wenn es tatsächlich funktioniert, bin ich Dr. Seltsam völlig ausgeliefert, und dann zwingt er mich vielleicht dazu, in meinem Hypnosezustand eine Online-Überweisung auf sein Privatkonto vorzunehmen. Oder noch schlimmer: Er verwandelt mich in einen Hahn und ich renne auf der Suche nach ein paar heißen Hennen laut gackernd durch die Innenstadt von Leipzig. Ich bin in der Zwickmühle. Letztendlich entscheide ich mich, dem Doktor zu vertrauen. Zumindest, was seine Absichten angeht. Viel mehr Optionen bleiben nicht.
    Während ich so daliege, fuchtelt Dr. Hokuspokus (dieser Name passt noch viel besser) mit seinem Finger vor meiner Nase herum. Ich soll auf den Finger starren und seiner Bewegung mit meinen Augen folgen. Klare Aufgabenverteilung: Ich starre, er fuchtelt. Das kommt mir ganz schön bescheuert vor. Inzwischen hat Seltsam-Hokuspokus (einigen wir uns auf diesen trefflichen Doppelnamen) einen Ton angeschlagen, der mich offensichtlich schläfrig machen soll. Monoton redet er vor sich hin, und wenn ich nicht in einem fremden Zimmer mit einem befremdlichen Menschen liegen würde, wäre ich bestimmt bald weggeratzt. Verhindert wird dies aktuell jedoch zusätzlich durch seinen dominanten sächsischen Dialekt, der die Sache noch obskurer erscheinen lässt.
    Der Finger des Doktors wandert immer höher, und langsam, aber sicher verschwindet er aus meinem Blickfeld, über meine Stirn hinaus. Nee, also da kann ich jetzt nicht mehr hingucken, denke ich für mich. Muss ich auch nicht, sagt Seltsam-Hokuspokus, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. Denn ich soll nun, wenn er mich mit seinem Finger an meinem Kopf berührt, die Augen schließen.
    »Sie entspannen sich immer mehr, immer tiefer. Sie spüren nur noch sich selbst, Ihren Körper, jede Faser Ihres Körpers. Atmen Sie gaaanz tief ein und aus!«
    Also bis jetzt merke ich nichts. Ob ich ihm das sagen soll? Müsste ich jetzt schon in Trance sein? Oder bin ich es längst und weiß es nur nicht?
    »Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer Tür. Die Tür befindet sich im Erdgeschoss eines Hauses. Und hinter der Tür liegt eine Treppe. Eine lange, dunkle Treppe, die in den Keller führt. Stellen Sie sich diese Tür ganz intensiv vor. Stellen Sie sich vor, wie Sie vor der Tür stehen und diese nun öffnen. Ganz langsam. Und Sie blicken die Treppe hinunter. Die Treppe ist so lang, dass Sie das Ende noch gar nicht sehen können.«
    Ich sehe keine Treppe. Bei mir ist alles schwarz. Weder Tür noch Treppe sind da. Oder ist alles deswegen schwarz, weil ich noch kein Licht angemacht habe? Das wäre eine logische Erklärung. Ob ich den Doktor fragen soll, wo der Lichtschalter ist?
    »Und nun gehen Sie ganz langsam die Treppe hinunter. Stufe für Stufe, Schritt für Schritt. Mit jedem Schritt versinken Sie mehr in Trance. Und noch ein Schritt. Noch tiefer. Noch ein Schritt. Immer mehr fallen Sie in einen Dämmerzustand!«
    Nix Dämmerzustand. Ich sehe immer noch nichts. Keine Treppe und auch keine Stufen. Verdammt! Ich muss mich verlaufen haben. Aber wie soll ich mich verlaufen haben, wenn ich noch nicht mal in mein Unterbewusstsein eingetaucht bin? Soll ich das Dr. Seltsam-Hokuspokus beichten? Dann ist er vielleicht traurig. Ich lasse es lieber und höre zu, was er sonst noch so erzählt.
    »Sie gehen immer weiter die Treppe hinunter. Immer weiter. Stufe für Stufe!«
    Jetzt müsste ich aber langsam angekommen sein, oder? Wenn die Treppe noch weiter geht, soll ich vielleicht bald bei Satan persönlich an die Tür klopfen. Glücklicherweise habe ich aber eine leise Vorahnung, dass es auch diesen halbbehuften Herrn mit Hörnchen und wedelndem Schwanz nicht gibt. Also mache ich mir darum keine Sorgen.
    »Nun erreichen Sie die letzte Treppenstufe. Vor Ihnen befindet sich wieder eine Tür. Sie gehen auf die Tür zu und klopfen an!«
    Ich fasse es nicht. Macht jetzt etwa doch Luzifer himself das Türchen auf? So in etwa: »Mahlzeit! Hab dich schon erwartet. Blöd, was? Jetzt bist du hier unten und doch eines Besseren belehrt. Komm rein, ich hab für uns gekocht: Zwiebeln an Paprikastreifen in einem Bett aus Lauchgemüse, glasierten Chilischoten und Pfifferlingen mit einem zarten Tabasco-Schaum. Guten Appetit!«
    Innerlich kriege ich einen Lachanfall. Dennoch bin ich gespannt, was mich hinter der imaginären Tür erwartet.
    »Sie
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