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Lebt wohl, Genossen!

Lebt wohl, Genossen!

Titel: Lebt wohl, Genossen!
Autoren: György Dalos
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Schlüsselfiguren der Streikbewegung, wurde am 16. August 1980 in Danzig die Gewerkschaft Solidarność gegründet. Ihr berühmtes Logo mit den marschierenden Buchstaben entwarf der Grafiker Jerzy Janiszewski, den Namen erfand der Dissident und Historiker Karol Modzelewski.
    Das Wahrzeichen der Moskauer Olympischen Spiele: der lächelnde Bär Mischa – heute Symbol der seligen Zeiten der «Stagnation»
    Kongress der Gewerkschaft Solidarność in Danzig, Herbst 1981. In der Mitte die Kranführerin Anna Walentinowicz. Einige Monate später folgte der Ausnahmezustand
    Die wichtigsten Momente der Streikbewegung waren die katholische Messe auf der Leninwerft und am 31. August 1980 die Unterzeichnung des Forderungskatalogs der Arbeiter durch den stellvertretenden Regierungschef Mieczyslaw Jagielski und den Führer des Streikkomitees, den Elektriker Lech Walesa. Beide Ereignisse wurden von dem Regisseur Andrzej Wajda in seinem Film «Mann aus Eisen» verewigt, der im Rekordtempo gedreht worden war. Das berühmte Lied aus diesem Film über den Arbeiter Janek Wiśniewski, ein imaginäres Opfer der Unruhen vom Winter 1970 in den Küstenstädten, trug die Schauspielerin Krystyna Janda vor: «Weint nicht, ihr Mütter, es war nicht umsonst … Über der Werft weht die schwarze Fahne/(…) Für Brot und Freiheit, für das neue Polen ist Janek Wiśniewski gefallen.»
    Polen war von Anfang an das Ostblockland, das vom Kreml aus am schwersten zu lenken war. Bereits 1956, kurz nach dem Aufstand in Posen, erzwang dort die Gesellschaft den Rücktritt der stalinistischen Garnitur und setzte den «Nationalkommunisten» Wladyslaw Gomulka an die Spitze.Im Sommer 1976 vereitelten die Arbeiter des Traktorenwerks Ursus in Radom unter Androhung eines allgemeinen Streiks die Preiserhöhungspläne der Regierung. Diese besondere Entschlossenheit der Arbeiterschaft hing damit zusammen, dass zu dieser Zeit eine Bewegung der Intellektuellen um Adam Michnik und Jacek Kuroń entstanden war (KOR/KOS), die immer stärker wurde. Soziale und politische Forderungen waren eng miteinander verknüpft und wurden seit 1968 im Slogan der polnischen Studentenbewegung vereint: «Kein Brot ohne Freiheit!»
    Bergmannfeier zur Zeit des Aufschwungs der Solidarność, Sommer 1981
    Noch wichtiger für die polnische Sonderrolle war die mächtige katholische Kirche, die immer stärker in die Rolle der ausgleichenden Kraft zwischen der Regierung und der Gesellschaft geriet. Als Kardinal Karol Wojtyla im Oktober 1978 zum Papst gewählt wurde, hatte dies eine gewaltige Wirkung auf die Atmosphäre in der polnischen Gesellschaft. Die erste Reise des Pontifex maximus im Jahr 1979 in seine Heimat verwandelte sich in einen Triumphzug ohnegleichen. Im Sog dieser Euphorie entstand eine neue Welle von nationalen und sozialen Freiheitsträumen. Die Kremlführung verfolgte die polnische Entwicklung zunehmend besorgt. Zuerst versuchteman die Ereignisse zu verschweigen. In der russischen Zeitung
Prawda
oder im Moskauer Fernsehen sickerten nur Informationen mit unpolitischem Inhalt durch. So wurde etwa über den Erfolg der polnischen Trickfilmserie «Lolek und Bolek» berichtet. Später mussten die sowjetischen Medien angesichts der russischsprachigen Auslandssender diese passive Haltung aufgeben. Nun ging es nur noch um die jeweilige Sprachregelung. In Polen sei es, so hieß es nun, aufgrund von Preiserhöhungen zu vereinzelten «Arbeitsunterbrechungen» gekommen – das Wort «Streik» wurde, solange es irgend ging, auch in der Berichterstattung anderer Ostblockstaaten vermieden.
P ROBLEME EINES TREUEN V ERBÜNDETEN – DIE DDR
    Zunehmende Sorgen bereiteten dem Kreml in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre auch die anderen Verbündeten, und zwar aus völlig unterschiedlichen Gründen. Selbst beim treuesten Partner, der SED in der DDR, ließ die ideologische Standfestigkeit angesichts der großzügigen Westkredite zunehmend nach. Zudem hatte Willy Brandts Entspannungspolitik kleine Hoffnungen in Ost und West geweckt. Zwar waren die Leitartikel im
Neuen Deutschland
gegen den kapitalistischen «Bonner Staat» auf der Linie Moskaus, gleichzeitig breitete sich der Einfluss der BRD durch Konsumprodukte und noch mehr durch die Medien aus.
    Die DDR war ein Land der Frühaufsteher und der ruhigen Schläfer. Kinder wurden bereits um 18.50 Uhr vom Sandmännchen verabschiedet: «Nun schnell ins Bett und schlaft recht schön,/dann will ich auch zur Ruhe gehen,/ich wünsch euch gute Nacht!»
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