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Lebenslang

Lebenslang

Titel: Lebenslang
Autoren: Peter Schwindt
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großer Fußballfan, aber ich sehe meine alten Freunde viel zu selten, und so ein Spiel ist ein wunderbarer Grund, den Grill anzuwerfen und gemeinsam ein paar Biere zu trinken. Denn eigentlich ist mein Leben langweilig. Meine Kontakte zur Außenwelt außerhalb der Familie sind geschäftlich. Ohne Astrid und Julia wäre ich wahrscheinlich schon längst auf den Hund gekommen. Sie sagen, ich muss mehr auf mich achten. Sport treiben, mich besser ernähren, was auch immer man einem Mann sagt, der seine Lebensmitte erreicht hat, auf einem Gipfel steht und feststellt, dass es von jetzt an eigentlich nur noch bergab geht.
    »Hey!«, ruft eine Stimme hinter mir, und ich drehe mich um. Es ist mein alter Kumpel Oliver, der mich strahlend umarmt. »Wie geht’s? Was macht die Kunst?« Er weiß, dass ich es hasse, wenn man mich einen Künstler nennt.
    »Gut geht es der Kunst. Ich glaube sogar, besser als mir.«
    Neben Oliver steht Monique, seine neueste Eroberung, die ich kaum kenne. Ich weiß nur, dass sie die Sekretärin eines Patentanwaltes irgendwo im Frankfurter Nordend ist, gerne Squash spielt, das Grillen hasst, kein Bier trinkt und sich nicht für Fußball interessiert. Aber sie sieht gut aus und ist mindestens zehn Jahre jünger als Oliver.
    »Darf ich euch etwas zu trinken anbieten?«, frage ich.
    »Ein Bier«, sagt Oliver.
    »Ein Wasser«, sagt Monique, deren Zähne strahlend weiß gebleacht sind.
    Ich öffne den alten Kühlschrank, den wir auf die Terrasse gestellt haben, und gebe Oliver eine Flasche. Monique schenke ich ein Glas Wasser ein und reiche es ihr. Sie achtet darauf, dass sich unsere Finger nicht berühren. Wir stoßen an.
    »Sind wir eigentlich zu früh?«, fragt Oliver, nachdem er einen Schluck genommen hat, und schaut sich um, als verstecke sich eventuell jemand vor ihm hinter dem Hibiskus oder der Tuja.
    »Nein, ihr seid nur die Ersten«, antworte ich.
    Oliver wurde vor einem halben Jahr geschieden. Er hat einen Riesennachholbedarf, was Frauen angeht. Nicht nur seine Kinder wünschen sich, dass er bei Carola geblieben wäre. Er ist ein wenig anstrengend geworden, seit er vor drei Jahren eines Morgens aufwachte und feststellte, dass er keine zwanzig mehr war und sich einen Bauch angefressen hatte. Seitdem versucht er konsequent, sich selbst zu finden, doch verloren hat er nur seine Frau, die Kinder und vielleicht auch den Verstand.
    Monique setzt sich unaufgefordert hin und schlägt die Beine übereinander, wobei die Füße nervös wippen. Sie kommt mir vor wie eine Durchreisende, die auf eine Anschlussverbindung wartet und keine Lust hat, sich zu unterhalten. Oliver offensichtlich auch nicht. Beide wirken, als hätten sie sich gerade erst gestritten. Tatsächlich sieht Monique so aus, als würde sie jetzt viel lieber Squash spielen.
    Wir werden erlöst, als die Matuschkas kommen, der unvermeidliche Hund ist auch dabei. Ich weiß nicht, welcher Rasse Rufus angehört, aber er ist so klein, dass ich ihn nur die Fußhupe nenne. Jeder Strauch, jeder Baum, jede Blume, jeder Kübel wird von ihm angepinkelt. Sein Revier muss sich mittlerweile bis zum Flughafen erstrecken. Robert lässt ihn von der Leine, und die Fußhupe verschwindet in der Hecke.
    »Die Mädchen wollten nicht mitkommen. Sie sind bei einer Freundin«, sagt er mir, als er mich umarmt und mir kameradschaftlich auf die Schulter klopft. »Ich hoffe, Julia nimmt ihnen das nicht krumm.«
    »Nein, wieso sollte sie?«, frage ich und gebe Claudia, seiner Frau, einen Kuss auf die Wange.
    »Die drei haben sich doch immer so gut verstanden«, sagt sie, obwohl wir es alle besser wissen. Julia kann die beiden Zwillinge, die ein Jahr jünger sind, eigentlich nicht ausstehen, denn sie sind laut und auf eine unangenehme Art geltungssüchtig. Auch ich kann ihr endloses selbstmitleidiges Jammern schlecht ertragen, das sie immer dann anstimmen, wenn sie nicht im Mittelpunkt der Ereignisse stehen. Julia kann manchmal anstrengend sein, aber ein Besuch bei den Matuschkas reicht aus, um meine Tochter wieder in einem milderen Licht zu sehen.
    Astrid bringt das Fleisch heraus und stellt die Plastikschüssel auf einen Servierwagen neben dem Grill. Dann begrüßt sie die Gäste und findet sogar für Monique, die schon jetzt unentwegt auf die Uhr schaut, einige freundliche Worte.
    »Julia ist noch nicht zurück?«, frage ich sie.
    Astrid schüttelt den Kopf. »Sie ist wahrscheinlich noch bei Sandra und hat den Einkauf vergessen. Du weißt doch, wie sie ist.«
    Ja, das
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