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Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)

Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)

Titel: Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
Autoren: Sigrun Misselhorn
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küssen, was sie geschickt abwehrte und ihren Kopf zur Seite drehte, sodass er sie lediglich freundschaftlich in seine Arme nehmen konnte.
    „Sicher, hallo Karin, wie schön, dass wir uns auf diese Weise wiedersehen. Hochzeiten sind doch immer so ein fröhlicher Anlass.“
    Julia war überrascht über ihre Worte, denn im Grunde war ihre Stimmung eher als würde sie sich auf einer Beerdigung befinden.
    Mit einem überheblichen Gesichtsausdruck sah Karin sie von oben bis unten an, gab sich nicht einmal Mühe ihre Geringschätzung zu verbergen.
    ‚Ich finde dich auch scheiße‘, dachte Julia und legte ein Lächeln auf, das einem Grinsen gleichkam. Wenn es nicht bald zur Sache gehen würde, müsste sie auf der Toilette verschwinden und sich dort für immer einschließen.
    Nach einer endlos langen halben Stunde öffnete sich eine Flügeltür und eine Standesbeamtin trat heraus, um die Brautleute zu begrüßen. Till übergab seine Tochter Karin und ging neben Julia nach vorn.
    Als sich Gitte und Steffen gesetzt hatten, nahmen auch Till und Julia neben dem Paar Platz und saßen sich somit gegenüber. Während Gitte und Steffen sich gegenseitig anhimmelten und dem hier und jetzt entrückt zu sein schienen, sah Till sie eindringlich an. Sie traute sich kaum ihren Kopf zu heben. Die Angst in seinen Augen zu finden, was sie so vermisst hatte, war unerträglich. Zudem kam Wut über Robert auf, der es nicht geschafft hatte sein Versprechen einzulösen.
    Gerade, als die Türen geschlossen werden sollten, rannte er durch die Tür. Julia rechnete damit, dass er vor versammelter Gemeinde eine Entschuldigung sagte, er aber sah sie lächelnd an und setzte sich in die letzte Reihe. Sie war erleichtert, dass er gekommen war, so hatte sie immerhin nicht die Last sich von ihm trennen zu müssen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
    Julia hatte keine Ahnung, was es bedeutete zu heiraten. Sie nahm an, dass es so wie im Film war: Man kam zusammen, das Brautpaar wurde gefragt und dann war man verheiratet. Bereits nach zehn Minuten hörte sie nicht mehr zu und verstand nicht, wie Gitte und Steffen diesen Vortrag ertrugen.
    Dafür war Julia mit ihren Emotionen beschäftigt. Sie spürte, wie Till sie ansah und wie spitze Pfeile spürte sie ebenso die Blicke seiner Frau. Verzweifelt sah sie ab und zu Robert an, der sie aufmunternd anlächelte. Das gab ihr für einen Moment Trost.
     
    „Du hast dich aber tapfer geschlagen“, sagte Robert, als sie in einem Taxi saßen, dass sie zu einem schicken Restaurant fuhr.
    „Danke, dass du doch noch gekommen bist.“
    Sie meinte es genauso, wie sie es sagte. Sie war ihm dankbar, dass sie nun nicht die Konsequenz einer Trennung tragen musste. Und sie war ihm dankbar, dass sie nicht allein mit Till und seiner Frau neben Gitte und Steffen sitzen musste.
     
    „Sie sind also der Begleiter von Frau Lange?“, fragte Karin Robert in einem herablassenden Ton und sah dabei geringschätzig zu Julia hinüber.
    Julia hatte damit begonnen sich den Champagner wie Wasser einzuverleiben. Sie war bereits beim zweiten Glas und das Essen war noch nicht serviert worden. Karin und Robert saßen gegenüber von Gitte und Steffen, neben denen die Trauzeugen Platz genommen hatten. Danach reihten sich die wenigen Familienangehörigen.
    „Ich bin nicht nur ihr Begleiter, ich bin auch ihr Freund und Liebhaber”, sagte Robert und sah zuerst Karin und dann Till mit einem durchdringenden Blick an.
    „Ach so”, sagte Karin. „Und was machen sie beruflich?“
    „Ich bin Jurist.“
    „So, so”, sagte Karin.
    „Und Sie?“, wollte Robert wissen.
    „Ich? Ich bin Hausfrau und Mutter”, sagte sie mit stolz, sah zu Julia hinüber und hatte nichts als Verachtung für sie.
    ‚Blöde Kuh‘, dachte Julia, beugte sich nach vorn, um Till anzusehen. Als er zu ihr sah, lächelte sie ihn an und prostete ihm mit ihrem Glas zu. Er erhob drauf seines und stieß mit ihr imaginär in der Luft an.
    „Auf das Brautpaar”, sagte Julia und sah zu Gitte und Steffen.
    Alle nahmen ihr Glas in die Hand und ließen die beiden hochleben.
    „Das Ihnen das als Erfüllung ihrer Tage ausreicht”, setzte Robert das Gespräch mit Karin unbeirrt fort.
    „Wie meinen Sie das?“
    „Ist Ihnen der intellektuelle Anspruch nicht zu gering? Den ganzen Tag auf dem Niveau eines zweijährigen, das stelle ich mir recht eintönig vor.“
    Beinahe hätte Julia vor lachen ihren Champagner verschüttet.
    „Nein, überhaupt nicht”, entgegnete Karin.
     
    Nach dem Essen
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