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Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)

Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)

Titel: Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
Autoren: Sandra Siebenreich
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verbeugten sich voreinander und kehrten auf ihre Plätze zurück.
„Isen ist zufrieden“, sagte die Hohepriesterin, und diese Beurteilung war gleichzeitig die Erlaubnis, mit dem Frühstück anzufangen. Diesmal war Leandra noch davon gekommen, doch drei Monate waren eine lange Zeit. Die Prinzessin griff in den Brotkorb. Das Brot war noch warm und dufte herrlich. Erst jetzt merkte sie, dass sie einen riesigen Hunger hatte.
Schließlich war das Frühstück beendet, und Ciara befahl ihnen, auf ihre Zimmer zurückzukehren. Als Leandra aufstand, kam eine Priesterin zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr, dass sie zu der Hohepriesterin kommen sollte. Überrascht sah Leandra zu Ciara, die blickte sie nicht mal an. Schnell ging sie zu dem erhöhten Tisch und neigte den Kopf.
„Hohe Ciara.“
„Prinzessin Leandra, ich möchte, dass du mit mir die Rituale durchführst. Zieh das Gewand an, das in deinem Zimmer bereitliegt.“
Zuerst war Leandra sprachlos, dann bedankte sie sich. Es war eine große Ehre der Hohepriesterin Ciara zu helfen, und sie beeilte sich zu ihrem Zimmer zu kommen, doch Tessa wartete im Gang.
„Hat die ehrenwerte Ciara dich ermahnt, weil sie die Angst in deinen Augen gesehen hat?“, fragte sie und lächelte kalt.
Leandras Lächeln wurde noch eine Spur freundlicher.
„Jetzt nicht, die Hohepriesterin wartet auf mich.“
Das Grinsen verschwand, und Tessa ging davon. Zu gern hätte sie Leandra geärgert, aber wenn sie es jetzt tat, wäre es eine Beleidigung Ciaras und damit der Göttin gewesen.
Wie angekündigt lag auf ihrem Bett ein schwarzes Gewand, und Leandra zog es an. Der Stoff fühlte sich kalt an, und die Prinzessin fühlte sich unwohl. Reiß dich zusammen , das ist nur ein Kleidungsstück , dachte sie und ging zum Altarraum, vor dem Ciara bereits wartete. Die Hohepriesterin musterte Leandras Erscheinung.
„Das weiße Gewand einer Novizin steht dir besser als dieses, doch vielleicht liegt das an deiner Jugend. Nimm die Fackel.“
Sie betraten den Raum, und Leandra zündete die beiden Fackeln neben der Statue an, dann kehrte sie an Ciaras Seite zurück. Zum ersten Mal konnte Leandra die Hohepriesterin vom nahen betrachten. Obwohl sie schon über vierzig Jahre alt war, wirkte ihr bleiches Gesicht seltsam alterslos. Weder Schmerz noch Freude hatten ihre Spuren hinterlassen, sodass das Gesicht langweilig gewesen wäre, wären nicht diese hellblauen Augen, die Macht ausstrahlten.
„Knie mit mir vor dem Altar.“
Leandra gehorchte und spürte, wie ihr Herz auf einmal schneller schlug.
„Beschützerin der Amazonen, deine Kriegerinnen leben nach deinem Vorbild“, sprach Ciara und nahm den roten Stoff beiseite, der den Altar bedeckte. In einem geheimen Fach lag eine reich verzierte Waffe. Kein gewöhnliches Schwert, sondern ein Krummsäbel, mit dem nicht kämpfte, sondern hinrichtete. Als die Hohepriesterin nicht nach dem Krummsäbel griff, wurde Leandra klar, dass sie ihn nehmen sollte. Vorsichtig, als wäre er zerbrechlich, hob sie ihn mit beiden Händen aus dem Fach. Plötzlich spürte die Prinzessin Ciaras Hände an ihrer Taille, sie sollte aufstehen. Leandra erhob sich, und Ciara legte die Arme unter ihre, sodass sie gemeinsam das Schwert emporhoben, um es der Göttin anzubieten.
Dicht an ihrem Ohr sagte Ciara: „Große Isen, auf deinen Wunsch hin bringen wir Tod und Blut.“
Leandra überlief ein Schauer. Das klang grausam, und sie war froh, als sie den Krummsäbel wieder zurücklegten und nach einer Verneigung den Raum verlassen konnten.
„Was hattest du?“, fragte die Hohepriesterin.
Sie konnte es nicht aussprechen, und Ciara sagte: „Du hast sehr starke Gefühle.“
Leandra erwiderte nun den Blick.
„Ich werde sie zu beherrschen lernen.“
„Gut, denn starke Gefühle weisen auf ein starkes Herz. Was wirst du mit dieser Kraft machen? Wirst du sie nutzen oder wirst du dein ganzes Leben lang vor ihr davonlaufen?“
Die Prinzessin antwortete nicht. Chloe hatte gesagt, sie wäre stark, nun behauptete die Hohepriesterin etwas Ähnliches.
„Was, glaubst du, ist das am schwersten zu besiegende Gefühl?“
„Angst“, flüsterte Leandra.
„Nein, Zweifel. Angst macht wachsam und gibt Kraft, aber Zweifel fressen dich auf. Geh jetzt und denke über diese Worte nach.“
Leandra kehrte in ihr Zimmer zurück und legte sich auf das Bett. Wenn es in ihr eine Kraft gab, dann hoffte sie, dass sie sie bald fand.
    Die Sonne war schon vor zwei Stunden untergegangen, und noch immer tobte draußen ein Gewitter.
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