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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir
Autoren: Anna Winter
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genug litt. Daher ergänzte ich meine kleine Scharade mit einem: „Nicht wahr, Purzel ?“
    Tom knirschte säuerlich mit den Zähnen. Was Vampire wohl taten, wenn sie sich einen Eckzahn abbrachen? Vielleicht würde ich ihn dazu bringen, mir das zu demonstrieren.
    Mein Stimmungsbarometer stieg erheblich. Ich war sozusagen von einer baufälligen Baracke auf der trostlosen Nightingale Insel umgesiedelt ins Partyzentrum auf Jamaika. Tom hatte nur definiert, dass ich bei seinen Eltern zum Essen die Freundin spielen musste, um den Verzugszinsen gerecht zu werden. Er hatte nicht geschildert, wie ich mich dabei verhalten sollte und auf welche Weise ich unsere Beziehung erfand. Hatte er nicht zugestimmt, als ich ihn fragte, ob ich ganz einfach ich selbst sein dürfe? Also tat ich genau das. Ich war ich selbst: Erpresst und rächerisch gemein.
    Toms Mom tätschelte ihm liebevoll die Schulter. Sie schien erfreut über die feminine Seite ihres Sohnes. Na also. Gleich noch jemanden glücklich gemacht. Männer sollten ja bisweilen ungeahnte Anwandlungen haben, wenn sie verliebt waren. Beziehungen konnten unvorhersehbare Pfade einschlagen. Ach Tom, das wirst du heute wohl noch herausfinden.
    Von mir aus konnte er Jenny morgen zerknirscht am Telefon mitteilen, dass die Beziehung leider aus war. Ich wäre so charmant, dass er sich besser wieder von seinen Eltern verkuppeln ließ. Mir fiel der nette Film Wie werde ich ihn los in 10 Tagen ein. Nun, ich würde das Ganze herunter kürzen auf: Wie werde ich ihn los in drei Stunden?
    Mit gehässiger Kreativität sollte das ein Klacks sein. Er würde mich nie wieder als Freundin ausborgen. Ich würde ja sagen: Genieß die letzten Stunden . Aber das wäre geheuchelt. Muharharhar. Nimm das, Erpresser.
    Toms Dad kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Er hatte dabei noch die Grillzange in der Hand, was ihn nicht zu stören schien. Ich würde nach Haaren im Essen Ausschau halten. Ganz zweifellos schien sein Vater nicht so begeistert von den filmischen Anwandlungen seines Sohnes zu sein. Da dachte man, man kennt einen Menschen... und dann schlug die erfundene Realität zu.
    „Jedenfalls ist das Essen fertig“, lenkte sein Dad nun vom Thema ab. „Du kannst mich übrigens Dave nennen, Mädchen.“
    Da mich das Mädchen wurmte, erbot ich, dass er mich Lea nennen konnte.
    Nachdem wir unsere Teller mit humaner Küche voll beladen hatten, nahmen wir alle an einem gemütlichen Esstisch im Garten Platz. Tom spielte den Gentleman. Er trug unsere Teller, goss mir zu trinken ein und schob meinen Stuhl zurecht, wobei er meinem Rücken zufällig etwas mehr Schwung als nötig mit auf den Weg gab und mich kurzerhand zwischen Lehne und Tischkante einklemmte. Ich keuchte überrascht auf und Tom rückte gleich den Stuhl etwas ab.
    „ Oh verzeih, Mausepuffel . Da war ich wohl zu elanvoll.“
    Es mochte an der Art liegen, wie er Mausepuffel betonte, es mochte daran liegen, dass er mich überhaupt so nannte, es konnte auch an dem unecht aufgesetzten Bedauern liegen, doch ich war mir sicher, besonders angesichts der Summe dieser Indizien, dass es Tom in voller Absicht als Retourkutsche für Sturm der Herzen getan hatte.
    Ich gönnte ihm nicht die Genugtuung und nahm seine Kampfansage an. Dann eben von der Partyzentrale auf Jamaika in die Torerogassen von Pamplona.
    „Nichts passiert, Schneckimausfröschi“, tröstete ich ihn.
    Haha, dachte ich. Top das! Ich hatte das schrecklichste Kosewort überhaupt verwendet. Er sah mich entsprechend ungläubig und dann zunehmend belustigt an.
    „Also, erzählt mal. Wie habt ihr euch kennengelernt?“, wollte Megan nun wissen.
    Sie häufte etwas Maissalat auf ihre Gabel und sah uns neugierig an.
    „Ach erzähl du“, forderte Tom und biss genüsslich in sein Kotelett. Na warte, das wird dir im Hals stecken bleiben.
    „ Oh, das war eigentlich eine ganz nette Geschichte“, hob ich an.
    Denk nach, denk nach , scheuchte ich mich. Was Tom wohl Lästiges gemacht haben mochte? Heimweg von den anonymen Alkoholikern? Bibelstunde bei einer Polygamisten-Sekte? Strickkurs? Bingoabend? Bewährungsauflage? Gründer des Sudoku-Clubs „Neue Denker für Amerika“?
    „ Ich habe ihn im Kosmetikstudio kennengelernt. Tom legt ja sehr viel Wert auf gepflegte Hände und lässt sich gern wachsen.“
    Innerlich kringelte ich mich. Sein Vater blinzelte ihn an. Dave Tilly kam sich offensichtlich vor, als wäre er im falschen Film. Hach, wie sehr ich ihm das nachfühlen konnte.
    Leider.
    Megan
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