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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy
Autoren: M Weins
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mehrfach. Ich sei so müde gewesen, dass der Gedanke, eine SMS zu schreiben, mir unerträgliche Qualen bereitet habe, ich hätte sie im Gewimmel nicht mehr finden können und mich bleischwer nach Hause geschleppt. Es täte mir leid. Von der Alsterschwimmhalle erzählte ich nichts. Erst hatte sie noch ein wenig beleidigt geguckt, aber im Grunde kennt sie es nicht anders von mir. Sie hätten mich noch eine Weile im und um das Edelweiß herum gesucht, sagte sie, aber dann habe sie sich grimmig ihren Teil gedacht.
    Ich fragte mich, wie sie reagieren würde, wenn ich erzählte, ich sei nachts noch ein paar Bahnen in der Schwimmoper geschwommen.
    Monika. Ich muss kurz innehalten, um ein paar nette Worte über sie zu sagen, damit man nicht denkt, ich wäre zwar mit ihr zusammen, aber ich würde sie nicht mögen. Damit sie nicht schlecht wegkommt in dieser Geschichte. Man könnte den Eindruck erhalten, ich denke lieblos über sie. Und das ist nicht der Fall.
    Oder ich sage vielleicht besser erst einmal ein paar Worte zu mir, über mich. Ein paar Worte zu meiner Arbeit. Ich bin Journalist. Das heißt, ich schreibe frei für sogenannte Szenemagazine wie brünett und revolver , dort bin ich sogar Redaktionsmitglied, aber es kommt mir selbst langsam etwas lächerlich vor, es wird immer schwieriger, als 35-Jähriger für Anfang 20-Jährige einen auf hip zu schreiben.
    Es gab natürlich Angebote, einen verantwortungsvolleren Job zu übernehmen, Textchef, stellvertretender Chefredakteur, denn schlecht bin ich nicht, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, ich habe eine heiße Feder . Aber das wollte ich nicht, ich habe alles abgelehnt, auch und trotz oder wegen der Bezahlung. Was ich will, ist dauerhaft möglichst wenig Verantwortung im Leben.
    Ich bin ganz zufrieden mit dem Status Quo, und dabei meine ich nicht die Rockband, die ich nebenbei bemerkt richtig beschissen finde. Normalerweise stehe ich auf die Art von Musik, AC/DC, Iron Maiden, aber eben nicht Status Quo, dieses Band gewordene Anbiedern an den amerikanischen Massengeschmack.
    Ich betrachte mich als altmodisch, ich definiere mich so, es hat etwas mit Identität zu tun, ja, und ich bin stolz darauf , und altmodisch bin ich in der Tat, unbezweifelbar, ohne mich groß anstrengen zu müssen, obwohl ich gewisse Konzessionen an den aktuellen Geschmack mache, taktisch, um mich besser durchzumogeln.
    Aber ich stehe zum Beispiel auf Vinyl, ich lehne CDs grundsätzlich und kompromisslos ab, von MP3s ganz zu schweigen, und ich hasse das Internet und meide es weitgehend, ich habe lediglich berufsbedingt damit zu tun. Als DJ habe ich ein paar Jahre im Kanal aufgelegt, in meiner Techno-Phase, aber auch hier: ausschließlich Platten. Pillen und Platten.
    Ich bin ein Arschloch, in echt, das muss ich zugeben. Wohlmeinende Menschen, oder Menschen, die etwas von mir brauchen beziehungsweise wollen, sagen: ein charmantes Arschloch. Monika hat mir einmal ein T-Shirt geschenkt, auf dem Charmantes Monster steht. Eine Weile habe ich mit jeder Frau geschlafen, die ich traf, sofern es sich realisieren ließ. Es war ein Konzept, es hatte etwas mit Kunst und Langeweile und mit Gier zu tun. Aber das ist eine Weile her. Und die Beziehung zu Monika hat überlebt. Heute will ich nur noch mit jeder schlafen, ich unternehme keinerlei Anstrengungen mehr. Und ich habe tatsächlich ein Problem damit, zu bleiben, mich auf etwas, auf jemanden dauerhaft einzulassen. Für fünf Minuten: kein Problem, gib mir die passende Droge. Das gebe ich offen zu. Ich bin der Lazyboy. Ich lebe auf Abruf. Aber ich glaube fest daran, dass es nicht meine Schuld ist. Nichts, niemals, nirgendwo. Dazu bin ich viel zu nett und zu naiv. Es ist alles eigentlich nur eben nicht mein Problem. Ich bin da vielleicht etwas ignorant. Ich glaube fest an das Gute in mir. Bis zur Selbstverlogenheit.
    Seit acht Jahren bin ich mit Monika zusammen.
    Monika hat dicke, dunkle Locken und ist Arzttochter. Sie möchte mehr Verbindlichkeit, möchte mich am liebsten morgen heiraten. Wir wohnen in zwei getrennten Wohnungen, weil ich behaupte, meine Freiheit zu brauchen, in Wirklichkeit habe ich Angst.
    Monika ist wahnsinnig hübsch. Sie hat braungrüne Augen. Sie ist enorm ehrgeizig. Im Beruf und auch sonst. Monika ist Meteorologin. Sie arbeitet für das Max-Planck-Institut. Privat schneidet sie gerne Artikel aus der Zeitung aus, wenn sie glaubt, sie könnten mich interessieren. Dann legt sie die Artikel vor mich auf ihren oder meinen
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