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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos
Autoren: Frank Schätzing
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Patriotismus leisten kann. Im Übrigen, was mir persönlich wichtig ist, dafür kann sich kein anderer was kaufen.«
    »Sie müssen doch eine Meinung haben.«
    »Bei allem Respekt, hatten Sie eine, als Sie zum Nationalismus konvertierten?«
    Der alte Mann lächelte dünn zurück und trat durch das Portal der Klosterkirche ins Innere.
    »Das sehen Sie falsch. Ich war immer auf Seiten derer, denen dieses Land von Gott gegeben wurde. Aber ich glaube auch, dass man sich den Zeitpunkt des Handelns sehr genau aussuchen muss. Man braucht Ansehen, eine gesellschaftliche Stellung, Geld. Ich halte nichts von aus der Gosse gekrochenen Revolutionären, die mit Dreck an den Schuhen zu den Leuten sprechen, das gehört sich einfach nicht, verstehen Sie?«
    Drinnen war es kühl und dunkel. Auch hier blieben die Sicherheitsleute, die ihn auf Schritt und Tritt begleiteten, unsichtbar, aber der Alte wusste, dass sie nah genug waren, um seinen Atem spüren zu können.
    Sein Leben war ohne menschliche Schutzschilde nicht mehr denkbar. Im Gegensatz zu anderen, denen das nach einiger Zeit auf die Nerven ging, genoss er den Zustand. Jeder einzelne der Männer würde für ihn durchs Feuer gehen, sie waren bis ins Knochenmark geprüft, ihm überschrieben, sein Eigen. Ein Augenzucken von ihm, ein Hauchen, und Mirko würde die nächsten zwei Sekunden nicht überleben.
    »Ihnen ist klar, dass mein Name auf keinen Fall auftauchen darf«, sagte er beiläufig, während sie die schwarzen Kirchenbänke entlangschritten. »Ich werde Ihnen die benötigten Mittel zur Verfügung stellen, aber ich werde Sie nicht schützen.« Er drehte sich um und sah Mirko an. »Anders gesagt, wenn ich Ihr Leben opfern muss, werde ich keine Bedenken haben, es zu tun.«
    »Natürlich nicht. Wenn ich mir die Frage gestatten darf, haben Sie es vor?«
    »Nein. Hätte ich es vor, würde ich nicht davon sprechen. Mir ist bewusst, dass Sie auf unserer Seite stehen, auch wenn Sie mit aller Vehemenz auf Ihre Unabhängigkeit und Neutralität pochen.« Der Alte ging ein Stück weiter und blieb vor einer geschnitzten Marienfigur stehen. »Vergessen Sie nicht, dass ich alles über Sie weiß. Vielleicht ein paar Dinge, die selbst Ihnen entgangen sind.«
    »Ich fühle mich geehrt.«
    »Das sollten Sie auch. Können Sie den Auftrag erledigen?«
    »Ja.«
    »Kein Wenn und Aber?«
    »Tausende«, erwiderte Mirko. »Machen wir uns nichts vor, die Sache ist beinahe unmöglich. Aber eben nur beinahe. Wenn ich es schaffe, die richtigen Leute zusammenzubekommen …«
    »Was wird uns der Spaß kosten?«
    »Uns?«
    »Im Bauch des Trojanischen Pferdes ist für mehr als einen Platz. Ich habe die Elite dieses Landes auf meiner Seite, wir zahlen die Rechnung zusammen oder gar nicht. Also, wie viel?«
    Mirko sog an seiner Backe. Sein Blick endete im Leeren.
    »Schwer zu sagen. Es gibt kaum Präzedenzfälle, jedenfalls nicht unter den vorgegebenen Bedingungen. Aber ein paar Millionen sollten Sie schon einplanen.«
    Der Alte breitete die Hände aus.
    »Der Herrgott hat's gegeben.«
    »Ja. Ich weiß aber noch nicht, wer's nehmen wird, und darum auch noch nicht, wie viel. Den Besten hat Frankreich leider einkassiert, er sitzt im Gefängnis.«
    »Carlos? Wenn schon. Er ist kein Serbe.«
    »Schon. Aber er hat die Latte ziemlich hoch gelegt. Will sagen, das ist so ungefähr die Liga, von der wir reden.«
    »Sie haben alle Freiheiten, Mirko. Aber ich bestehe auf einem serbischen Kommando«, sagte der Alte mit Entschiedenheit. »Wir sprechen hier von einer großen patriotischen Geste! Was ist mit Arkan?«
    »Der Chef vom Fußball-Club in Prizren?«, spöttelte Mirko.
    »Wir wissen beide sehr genau, dass er mehr ist«, sagte der Alte. »Die ganze Welt kennt Arkan.«
    »Genau deshalb kommt er nicht in Frage. Wollen Sie nach der Vorstellung Autogramme geben?« Mirko schnaubte geringschätzig. »Vergessen Sie's. Arkan gefällt sich als Medienstar, und er lebt vom Heimspiel. Er ist geschwätzig. Das ist gefährlich in seiner Branche. Eines Tages wird ihn jemand über den Haufen schießen.«
    »Gut. Suchen wir uns jemand anderen.«
    »Der Markt gibt längst nicht so viel her, wie Sie denken«, sagte Mirko. »Osteuropa hat sich zwar gemacht, seit die Russen wieder Gras fressen, aber der terroristischen Szene dort geht das Moralgebaren ab. Nur, genau so jemanden brauchen wir! Diese alte Klasse, die nicht gleich mit sowjetischen Kofferbomben rumläuft und ganze Stadtteile niederkachelt, sondern wirklich noch den Kopf
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