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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten
Autoren: Ludwig Thoma
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Mann gesagt:
    „Eugen, hast du Miezchen nicht gesehen?“
    Und er hat gesagt: „Vüloicht, ich woiß es nücht.“ Und
    dann hat er wieder in der Zeitung gelesen.
    Aber die Frau Geheimrat war ganz nachdenklich, und wie
    sie ein Butterbrot geschmiert hat, hat sie gesagt: „Ich kann
    mir nicht denken, wo Miezchen bleibt. Sie fängt doch keine
    Mäuse nicht?“
    Indes bin ich geschwind in den Stall und habe die Katze
    genommen. Ich habe ihr an den Schweif einen Pulverfrosch
    gebunden und bin hinten an das Haus vom Geheimrat am
    Zaun und habe den Frosch angezündet. Dann habe ich die
    Katze freigelassen. Sie ist gleich durch den Zaun geschloffen
    und furchtbar gelaufen.
    Die Magd hat geschrien: „Frau Geheimrat, Mieze kommt
    schon.“ Und dann habe ich die Stimme von ihr gehört, wie sie
    gesagt hat: „Wo ist nur mein Kätzchen? Da bist du ja! Aber
    was hat das Tierchen am Schweif?“ Dann hat es furchtbar
    gekracht und gezischt, und sie haben geschrien und die Tas-
    sen am Boden hingeschmissen, und wie es still war, hat der
    Geheimrat gesagt: „Das üst wüder düser ruchlose Lauspube
    gewösen.“
    Ich habe mich im Zimmer von meiner Schwester versteckt;
    da kann man in unseren Garten hinunterschauen. Meine
    Mutter und Anna haben auch Kaffee getrunken, und meine
    liebe Mutter sagte gerade: „Siehst du, Ännchen, Ludwig ist
    nicht so schlimm; man muß ihn nur zu behandeln verstehen.
    Gestern hat er den ganzen Tag gelernt, und es ist gut, daß
    wir ihn nicht vor seinen Kolimitonen blamiert haben.“
    Und Anna sagte: „Ich möchte bloß wissen, warum der
    Herr Amtsrichter nicht stehengeblieben ist.“
    Jetzt ist auf einmal am Eingang von unserem Garten
    der Geheimrat und die Frau Geheimrat gewesen, und meine
    Mutter sagte: „Ännchen, sitzt meine Haube nicht schief? Ich
    glaube gar, Geheimrats machen uns Besuch.“
    Und sie ist aufgestanden und ihnen entgegengegangen, und
    ich hörte, daß sie gesagt hat: „Nein, das ist lieb von Ihnen, daß
    Sie kommen.“ Aber der Geheimrat hat ein Gesicht gemacht,
    als wenn er mit einer Leiche geht, und sie ist ganz rot gewesen
    und hat den abgebrannten Frosch in der Hand gehabt und hat
    erzählt, daß die Katze jetzt wahnsinnig ist und drei Tassen
    kaputt sind. Und daß es niemand anderer getan hat wie ich.
    Da sind meiner Mutter die Tränen heruntergelaufen, und
    der Geheimrat hat gesagt: „Woinen Sü nur, gute Frau! Woi-
    nen Sü über Üren mißratenen Sohn!“ Und dann haben sie
    verlangt, daß meine Mutter die Tassen bezahlt, und eine ko-
    stet zwei Mark, weil es so gutes Porzellan war.
    Ich bin furchtbar zornig geworden, wie ich gesehen habe,
    daß meine alte Mutter den kleinen, alten Geldbeutel heraus-
    getan hat, und ihre Hände waren ganz zittrig, wie sie das
    Geld aufgezählt hat.
    Die Frau Geheimrat hat es geschwind eingesteckt und hat
    gesagt, das Schrecklichste ist, daß die arme Katze wahnsin-
    nig geworden ist, aber sie wollen es nicht anzeigen aus Rück-
    sicht für meine Mutter. Dann sind sie gegangen, und er hat
    noch gesagt: „Der Hümmel prüft Sü hart mit Ürem Künde.“
    Ich habe noch länger in den Garten hinuntergeschaut. Da
    ist meine Mutter am Tisch gesessen und hat sich mit ihrem
    Sacktuch die Tränen abgewischt, aber es sind immer neue
    gekommen, und bei Ännchen auch. Das Butterbrot ist auf
    dem Teller gewesen, und sie haben es nicht mehr essen mö-
    gen. Ich bin ganz traurig geworden, und ich bin fort, daß sie
    mich nicht gesehen haben.
    Ich habe gedacht, wie es gemein ist von dem Geheimrat,
    daß er das Geld genommen hat, und wie ich ihm dafür et-
    was antun muß. Ich möchte die Katze kaputt machen, daß
    es niemand merkt, und ihr den Schweif abschneiden. Wenn
    sie dann ruft: „Wo ist denn nur unser Miezchen?“ schmeiße
    ich den Schweif über den Zaun hinüber. Aber ich muß mich
    noch besinnen, wie ich es mache, daß es niemand merkt. Da
    bin ich wieder lustig geworden, weil ich gedacht habe, was
    sie für ein Gesicht machen wird, wenn sie bloß mehr den
    Schweif sieht. Dann bin ich heim zum Essen gegangen. Anna
    ist schon an der Tür gestanden und hat gesagt, daß ich allein
    essen muß in meinem Zimmer, und daß ich morgen in die
    Schule gehen muß. Der Herr Lehrer Wagner hat es angenom-
    men und hat versprochen, daß er mit mir streng ist.
    Ich habe schimpfen gewollt, weil es doch eine Schande
    ist, wenn ein Lateinschüler mit den dummen Schulkindern
    zusammen sitzt, aber ich habe gedacht, daß meine Mutter so
    geweint hat.
    Und da
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