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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten
Autoren: Ludwig Thoma
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beten, daß der Verbre-
    cher aufkommt, aber heute ist keine Kirche nicht, weil man
    den Aloysius wegräumen muß, und wir müssen heimgehen
    und auch beten, daß es offenbar wird. Da sind alle gegangen,
    aber ich bin noch stehen geblieben mit dem Friedmann und
    dem Raithel, weil der Pedell zu uns hergegangen ist und alles
    wieder erzählt hat, daß es schepperte und daß seine Frau es
    zuerst gehört hat.
    Und er sagte, daß er den Verbrecher erwischt, und vor
    eine Woche ganz vorüber ist, erschießt er ihn, oder er schießt
    ihm vielleicht auf die Füße.
    Ich bin zum Fritz gegangen und habe es erzählt. Da ha-
    ben wir furchtbar lachen müssen.
    Hernach ist eine große Untersuchung gewesen, und in je-
    der Klasse ist gefragt worden, ob keiner nichts weiß.
    Und der Kindlein hat gesagt, daß er seinen Schülern kei-
    nen Aloysius nicht mehr schenkt, bevor es nicht aufgekom-
    men ist, wer es getan hat.
    Wir haben jetzt vor der Religionsstunde immer ein Gebet
    sagen müssen zur Entdeckung eines gräßlichen Frevels.
    Es hat aber nichts geholfen, und niemand weiß etwas,
    bloß ich und der Fritz wissen es.
    In den Ferien
    Es ist die große Vakanz gewesen, und sie hat schon vier Wo-
    chen gedauert. Meine Mutter hat oft geseufzt, daß wir so
    lange frei haben, weil alle Tage etwas passiert, und meine
    Schwester hat gesagt, daß ich die Familie in einen schlechten
    Ruf bringe.
    Da ist einmal der Lehrer Wagner zu uns auf Besuch ge-
    kommen. Er kommt öfter, weil meine Mutter so viel vom
    Obst versteht, und er kann sich mit ihr unterhalten.
    Er hat erzählt, daß seine Pfirsiche schön werden, und daß
    es ihm Freude macht.
    Und dann hat er auch gesagt, daß die Volksschule in zwei
    Tagen schon wieder angeht und seine Vakanz vorbei ist.
    Meine Mutter hat gesagt, sie möchte froh sein, wenn das
    Gymnasium auch schon angeht, aber sie muß es noch drei
    Wochen aushalten.
    Der Lehrer sagte: „Ja, ja, es ist nicht gut, wenn die Bur-
    schen so lange frei haben. Sie kommen auf alles Mögliche.“
    Und dann ist er gegangen. Zufällig habe ich an diesem
    Tage eine Forelle gestohlen gehabt, und der Fischer ist zornig
    zu uns gelaufen und hat geschrien, er zeigt es an, wenn er
    nicht drei Mark dafür kriegt.
    Da bin ich furchtbar geschimpft worden, aber meine Schwe-
    ster hat gesagt: „Was hilft es? Morgen fängt er etwas anderes
    an, und kein Mensch mag mehr mit uns verkehren. Gestern hat
    mich der Amtsrichter so kalt gegrüßt, wie er vorbeigegangen
    ist. Sonst bleibt er immer stehen und fragt, wie es uns geht.“
    Meine Mutter hat gesagt, daß etwas geschehen muß, sie
    weiß noch nicht, was.
    Auf einmal ist ihnen eingefallen, ob ich vielleicht in der
    Vakanz in die Volksschule gehen kann, der Herr Lehrer tut
    ihnen gewiß den Gefallen.
    Ich habe gesagt, das geht nicht, weil ich schon in die
    zweite Klasse von der Lateinschule komme, und wenn es die
    anderen erfahren, ist es eine furchtbare Schande vor meinen
    Kommilitonen. Lieber will ich nichts mehr anfangen und
    sehr fleißig sein.
    Meine liebe Mutter sagte zu meiner Schwester:
    „Du hörst es, daß er jetzt anders werden will, und wenn
    es für ihn doch so peinlich ist wegen der Kolimitonen, wol-
    len wir noch einmal warten.“
    Sie kann sich keine lateinischen Worte merken.
    Ich war froh, daß es so vorbeigegangen ist, und ich habe
    mich recht zusammengenommen.
    Einen Tag ist es gut gegangen, aber am Mittwoch habe
    ich es nicht mehr ausgehalten.
    Neben uns wohnt der Geheimrat Bischof in der Sommer-
    frische. Seine Frau kann mich nicht leiden, und wenn ich
    bloß an den Zaun hinkomme, schreit sie zu ihrer Magd: „Elis,
    geben Sie acht, der Lausbube ist da.“
    Sie haben eine Angorakatze; die darf immer dabei sitzen,
    wenn sie Kaffee trinken im Freien, und die Frau Geheimrat
    fragt: „Mag Miezchen ein bißchen Milch? Mag Miezchen
    vielleicht auch ein bißchen Honig?“
    Als wenn sie ja sagen könnte oder ein kleines Kind wäre.
    Am Mittwoch ist die Katze bei uns herüben gewesen,
    und unsere Magd hat sie gefüttert. Da habe ich sie genom-
    men, wie es niemand gesehen hat, und habe sie eingesperrt
    im Stall, wo ich früher zwei Könighasen hatte.
    Dann habe ich aufgepaßt, wie sie Kaffee getrunken haben.
    Die Frau Geheimrat war schon da und hat gerufen: „Miezi!
    Miezi! Elis, haben Sie Miezchen nicht gesehen?“
    Aber die Magd hat es nicht gewußt, und sie haben sich hin-
    gesetzt, und ich habe hinter dem Vorhang hinübergeschaut.
    Dann hat die Frau Geheimrat zu ihrem
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