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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück
Autoren: E Kabatek
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Kulturnächten
. Eine riesige Auswahl. Und nicht nur in Stuttgart, sondern in Zeiten der Globalisierung und weltumspannenden Internetromanzen in der ganzen Welt! Also sozusagen
alle
Männer der Erde! (Warum hat Bob Geldof eigentlich noch nicht an ein Single-Aid-Konzert gedacht?)
    10. Als weiblicher Single kann man sich hemmungslos seiner Karriere widmen, anstatt die Bundesrepublik durch das Gebären von mindestens vier gesunden, idealerweise männlichen Nachkommen vor dem demographischen Kollaps zu bewahren. Links und rechts mäht man rücksichtslos die männlichen Konkurrenten nieder und heimst selber die neue Abteilungsleiterstelle ein. (Vorausgesetzt, man hat Kollegen, natürlich, und arbeitet nicht als freiberufliche Fischpflegerin.)
    11. Als Single wird man von allen Nicht-Single-Freundinnen und Familienangehörigen beneidet: »Mensch, so gut wie du möchte ich es auch haben. Bei dir klettert nicht morgens um sechs ein dreijähriges Kind ...« (vgl. Punkt 1–10)
    Ach, jetzt waren es sogar elf Punkte geworden und ich fühlte mich großartig. Ich schrieb die Liste nochmal sorgfältig von Hand ab, steckte sie in einen Briefumschlag und adressierte sie an mich. Ich war sehr stolz auf mich.
    Eigentlich war es jetzt langsam Zeit, sich um Bewerbungen zu kümmern, aber als ich auf die Uhr sah, war es schon elf und mein Magen knurrte. Zeit für einen kleinen Zwischenimbiss. Laugenweckle waren zwar lecker, hielten aber nicht lang vor. Ich machte mir ein Salamibrot und biss gerade hinein, als das Telefon klingelte. Ich beschloss, es klingeln zu lassen, denn entweder war es Dorle oder das Arbeitsamt, und für beide hatte ich noch nicht die Nerven. Der AB übernahm den Job. »Hallo Line, hier ist Lila. Ich weiß, dass du da bist. Anstatt Salamibrot zu essen, solltest du dich um deine Bewerbungen kümmern. Also los, beweg deinen Arsch und lass endlich Fotos machen. Und zwar ordentliche, keine Automatenfotos!«
    Das Salamibrot blieb mir im Hals stecken und ich fing an zu husten. Ich wählte Lilas Handynummer.
    »Verdammt, Lila, du bist mir richtig unheimlich. Woher weißt du, dass ich Salamibrot esse? Hast du irgendwelche paramäßigen Fähigkeiten?«
    »Line, für dich brauche ich keine Parapsychologie. Außerdem habe ich eine Videokamera bei dir installiert. Was ist, gehst du jetzt Fotos machen?«
    Ich versprach es ihr hoch und heilig. Kaum war das Gespräch beendet, sprang ich auf, um die Wohnzimmerdecke abzusuchen. Lila hatte doch nicht im Ernst ...? Das Telefon klingelte wieder und der AB sprang an. »Line, du musst die Wohnung nicht nach einer Kamera durchsuchen. Das war ein Witz.«
    Ich schlurfte zu meinem Kleiderschrank. Konzentration. Bewerbungen. Fotos. Den Eindruck vermitteln: Hier ist eine kompetente Frau. Ausgesprochen gut aussehend mit einem IQ wie Jodie Foster. Schmeißt jeden Job mit links. Macht freiwillig zwei- bis dreihundert unbezahlte Überstunden die Woche. Ist aber nicht zu intelligent und gefährdet meine Chefposition nicht. Wehrt sich nicht, wenn ich ihre originellen und noch nie da gewesenen Ideen als meine verkaufe. O Gott.
    In meinem Kleiderschrank befanden sich Jeans, T-Shirts, Sweat-Shirts und mein Konfirmationsanzug. Die Werbebranche ist modemäßig nicht besonders anspruchsvoll. Da blieb nur das Konfirmationsblüschen. Es war ein bisschen kurz an den Ärmeln, aber das sah man ja auf dem Foto nicht. Dazu legte ich Dorles Konfirmationsgeschenk an, eine Perlenkette von Dorles Mutter. Ich kämmte meine Haare und legte Lippenstift auf. Beim fünften Anlauf traf ich meine Lippen. An Lidschatten wagte ich mich erst gar nicht heran, das ging nur an Fasching.
    Ich sah mich kritisch im Spiegel an. Das war doch gar nicht so schlecht. Jetzt musste ich nur noch mein überzeugendes Auftreten überprüfen. Ich ging aus dem Badezimmer, straffte meine Schultern, ging energischen Schrittes wieder hinein und warf mir im Spiegel ein umwerfendes Lächeln zu. Großartig. Genau die richtige Aufmachung, um eine Stelle am Empfang eines Seniorenheims zu bekommen. Wobei man mich durchaus mit einer Heimbewohnerin verwechseln konnte. Okay, dachte ich. Bevor ich jetzt teures Geld in den Sand setze für einen Fotografen, probieren wir das Ganze mal am Automaten.
    Ich radelte zum Charlottenplatz. Eigentlich kann man in einer Stadt, in der Porsche und Daimler gebaut werden, nicht Rad fahren, ohne sein Leben zu riskieren, aber ich hatte ja sowieso nicht mehr viel zu verlieren und außerdem wenig Geld. Der Charlottenplatz liegt
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