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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf!
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ein.
    Aus dem Flur hörten sie plötzlich lautes Klopfen. »Entschuldigen Sie, ist jemand zu Hause?«
    »Wer, zum Teufel, ist denn das?« rief Sarah.
    Jane war als erste im Flur, von der vertrauten Stimme angezogen wie von einem Magneten. Das kann nicht sein, dachte sie. Das kann einfach nicht sein.
    Gleich hinter der Haustür stand Paula Marinelli, das Gesicht so ernst wie immer. »Die Tür war offen...« begann sie.
    »Was tun Sie hier?« fragte Jane scharf.
    »Michael sagte mir, daß Sie hier sind. Ich wollte mit Ihnen sprechen.«
    »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.« Woher nahm die Frau diese Unverschämtheit? Schreckte sie denn in ihrer blinden Verehrung Michaels vor nichts zurück?
    »Ich denke, es ist besser, Sie gehen, ehe ich die Polizei rufe«, sagte Sarah. »Sie können Ihrem Chef melden, daß es Jane ausgezeichnet geht.«
    »Das werde ich gern tun«, erwiderte Paula, »aber erst, wenn Sie mich angehört haben.«
    »Na schön«, sagte Jane, wider Willen neugierig. »Dann kommen Sie erst mal rein und setzen Sie sich.«

32
    Das erste, was Jane auffiel, als sie Michael in der Kanzlei seines Anwalts wiedersah, war, wie gut er aussah und wie selbstsicher er wirkte. Er hatte keine Ringe unter den Augen, die Schlaflosigkeit bezeugt hätten. Sein Ton war freundlich.
    »Hallo, Jane«, sagte er unbefangen.
    »Hallo«, erwiderte Jane abweisend. Sie hätte ihm am liebsten mitten ins Gesicht gespuckt. Du hättest nicht herkommen sollen, sagte sie sich und kämpfte den Impuls nieder, auf dem Absatz kehrt zu machen und aus dem nobel eingerichteten Zimmer zu laufen. Du hättest Emily nehmen und mit ihr verschwinden sollen, statt auf deine Freunde zu hören und alles aufs Spiel zu setzen. Glaubst du denn im Ernst, daß Michael kampflos aufgeben wird?
    »Wie geht es dir?« fragte Michael und schaffte es, ehrlich besorgt zu wirken.
    »Wesentlich besser«; antwortete sie zähneknirschend. Sie war sich bewußt, daß Michaels Anwalt, Tom Wadell, der ruhig an seinem breiten Marmorschreibtisch saß, sie scharf beobachtete. Er wartet nur darauf, daß ich einen Fauxpas begehe, vielleicht einen Wutanfall bekomme oder zu schreien anfange. Das gäbe ihnen im Fall eines Prozesses zusätzliche Munition gegen mich.
    »Möchten Sie eine Tasse Kaffee, während wir auf Mrs. Bower warten?« fragte der Anwalt und strich sich mit langen, sorgfältig manikürten Fingern über den kahlen Schädel.
    »Nein, danke.«
    »Da sich die Anwältin meiner Frau leider verspätet hat«, bemerkte Michael, »könnten Jane und ich die Gelegenheit vielleicht zu einem Gespräch unter vier Augen nutzen.««
    Jane schüttelte verblüfft den Kopf. Was hatte Michael jetzt wieder vor?

    »Das ist doch gewiß kein unvernünftiges Verlangen«, fügte Michael mit einem Blick auf seinen Anwalt eilig hinzu.
    »Mrs. Whittaker?« fragte Wadell.
    »Ich möchte selbstverständlich nicht unvernünftig erscheinen«, sagte Jane mit offenem Sarkasmus.
    Tom Wadell stand aus seinem hochlehnigen Ledersessel auf. »Ich warte im Besprechungszimmer. Meine Sekretärin ist gleich draußen im Vorzimmer - falls Sie etwas brauchen sollten.«
    Falls diese Geisteskranke ihnen an die Gurgel springen sollte, meinte er wohl. Als er die Tür hinter sich schloß, trat Jane automatisch einen Schritt zurück.
    Michael machte ein gekränktes Gesicht. »Was glaubst du denn, was ich dir tun will, Jane?«
    »Was bleibt denn noch?« fragte Jane zurück.
    »Ich dachte, wir könnten wie erwachsene Menschen miteinander sprechen...««
    »Eine interessante Vorstellung bei einem Mann, der Kinder bevorzugt.«
    Michael blickte zu Boden. »Du machst es mir nicht leicht.«
    »Ich habe wahrscheinlich heute morgen vergessen, mein Haldol zu nehmen.«
    Michael hob langsam den Blick und sah sie an. »Ich weiß, was du von mir hältst, Jane, aber...«
    »Ach, verschone mich, Michael. Spar dir deine Lügen für das Gericht. Wenn du darüber mit mir sprechen wolltest...«
    »Ich möchte meine Frau zurückhaben.«
    »Was?!«
    »Ich liebe dich, Jane. Ich weiß, du glaubst mir das nicht. Ich weiß, du hältst mich für ein Ungeheuer, aber du mußt mir glauben, daß ich dich liebe, daß ich nichts anderes möchte, als daß alles wieder so wird, wie es einmal war. Ich wünsche mir nur, daß dieser schreckliche Alptraum endlich vorübergeht und du mit Emily wieder nach Hause kommst, wohin ihr beide gehört.«

    Jane ließ sich auf das burgunderrote Ledersofa an der Wand gegenüber von Tom Wadells Schreibtisch sinken. Sie
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