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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth
Autoren: Susanne Gerdom
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die
Empfehlung zu seiner Suspendierung mit meiner wärmsten Empfehlung nach oben
weitergegeben.«
    Karla entspannte ihre Fäuste und nickte widerwillig. Korngold hatte
sie bei dieser Angelegenheit wirklich unterstützt, das musste sie zugeben. Sie
hatte Sontheim einen Kinnhaken verpasst, weil er eine Zeugin beinahe krankenhausreif
»befragt« hatte.
    Einem handgreiflichen Konflikt zwischen einer Weißen Hexe und einem
Dunkelmagus folgte in der Regel ein internes Ermittlungsverfahren, aber der
Schwarze Zweig hatte in diesem Fall seinen Mann unverzüglich abgezogen.
    Karla sah den Obermagister an. Worauf wollte er hinaus?
    Â»Ich werde Sie also vom Wunderland-Fall abziehen. Ihr neuer Fall
liegt bereits auf Ihrem Schreibtisch, und Ihr Partner wurde informiert.«
    Karla horchte auf. Ein neuer Fall? Der Obermagister zeichnete eine
Sigille auf das verschlüsselte Aktenblatt und reichte es ihr. Ein
Personalbogen, wie sie jetzt sah, da die Verschlüsselung aufgehoben war. Sie
überflog ihn und nickte unbehaglich. »Ein freier Mitarbeiter der ZMA ? Das ist ungewöhnlich.«
    Der Obermagister hob die Schultern. »Personalknappheit«, erwiderte
er. »Der Mann hat eine ausgezeichnete Bewertung.«
    Karla las sie gerade. Tora-san persönlich hatte ihn empfohlen. Das
war allerdings eine Referenz, die sich sehen lassen konnte.
    Karla schob den Bogen in seine Hülle zurück. »Ich kontaktiere ihn in
den nächsten Tagen.«
    Â»Nein, Sie kontaktieren ihn unverzüglich.« Korngold tippte mit den
Fingern auf die Tischplatte. »Magistra, Sie sollten Ihre Ressentiments
gegenüber unseren Kollegen vom Schwarzen Zweig einer Überprüfung unterziehen.«
    Â»Ja, Chef.« Sie erhob sich. »Sonst noch etwas?«
    Er fixierte sie stumm, und sie erwiderte seinen Blick ebenso
unnachgiebig.
    Â»Verschwinden Sie, van Zomeren«, sagte er schließlich und winkte
ungeduldig. »Gehen Sie mir aus den Augen.«

 

    12. 19. 19. 03. 17.
    Raoul blickte auf seine zitternden Finger, die das Kaffeepulver
neben den Filter geschüttet hatten, als wären sie die eines Fremden. Das
Zittern wurde stärker.
    Mit einer achtsamen Bewegung setzte er die Kaffeedose ab und ließ
sich auf den Stuhl sinken. Er legte beide Hände in den Schoß.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, wie er gestern seinen Tag
verbracht hatte. Vorgestern? Vor drei Tagen? Wenn der Kalender neben der Tür
nicht log, dann fehlte ihm eine ganze Woche. Eine Woche, in der er mit Menschen
gesprochen, gegessen, geschlafen, ein Leben gelebt hatte – und an die er sich
nicht erinnern konnte. Vielleicht sollte er zufrieden damit sein, dass keine
Leiche in seinem Kühlschrank lag, deren Herkunft er nicht kannte. Er sollte
zufrieden damit sein, dass er zu Hause, in seinem Bett aufgewacht war –
glücklicherweise allein – und nicht an einem Ort, der ihm fremd war. Das alles
war schon vorgekommen.
    Er atmete tief ein und aus und legte die Hände flach auf den Tisch.
Zum Frühstück statt des Kaffees einen Whisky, dann waren seine Hände wieder
ruhig. Noch funktionierte das. Noch.
    Der Whisky tat seinen Dienst. Mit ruhigen Händen wählte Raoul
Winter eine Nummer und tippte nervös auf dem Tisch herum.
    Es knackte, und eine Stimme sagte: »Ja?«
    Â»Tora-san, du hättest mich fragen sollen. Oder wenigstens
vorwarnen«, sagte er ohne Begrüßung.
    Die Frauenstimme am anderen Ende lachte tief und melodisch. Er hörte
ein Feuerzeug. »Raoul, du sagst doch immer, dass du Überraschungen liebst.«
    Â»Nicht diese Art von Überraschung«, erwiderte er knurrig. Seine
Stimmung hatte sich in dem Moment aufgehellt, in dem er Toras Stimme hörte,
aber er gedachte nicht, es ihr leicht zu machen. »Du weißt, dass ich nicht
gerne mit der MID zusammenarbeite. Verdammte Bande
von Bürokraten.«
    Seine Gesprächspartnerin inhalierte und stieß den Atem wieder aus.
Er sah die bläulichen Rauchwolken förmlich aus dem Hörer quellen. »Schatz, du
wirst mir den Gefallen tun«, sagte sie.
    Er verzog das Gesicht. Es musste mehr dahinterstecken als er auf den
ersten Blick erkennen konnte. Tora wusste, dass er nicht ablehnen würde, wenn
sie so mit ihm sprach.
    Â»Du bist der Chef, Roshi«, antwortete er deshalb.
    Â»Nenn mich nicht › Roshi‹«, sagte sie.
»Und ich bitte dich nur um einen Gefallen, Raoul. Es ist kein
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