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Last Date

Last Date

Titel: Last Date
Autoren: Uwe Andreas Siebert
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20:15 Uhr als Uhrzeit vor, wuchs seine Freude auf den bevorstehenden Abend schier ins Unermessliche. Er las den Nachsatz ihrer Nachricht noch einmal, und die Erinnerung an letzten Freitag überkam ihn. Er hatte einen Picknickkorb vorbereitet und Bianca an einer Bushaltestelle in Göttingen, nicht weit von der Fahrschule entfernt, abgeholt. Dann war er mit ihr über die Landstraße Richtung Nordheim gefahren, wo er einen Feldweg kannte, der zu einer kleinen, hinter einem Hügel liegenden Wiese, führte. Nach mehreren E-Mails und einigen Telefonaten in den letzten zwei Wochen, hatte er Bianca an diesem Tag das erste Mal getroffen. Martin hatte sich eins der von Bianca an ihn gemailten Fotos ausgedruckt und vorsichtshalber mitgenommen, hatte sie aber sofort an der Haltestelle erkannt. Ihr kastanienbraunes Haar fiel bis zur Mitte ihres Rückens über das beigefarbene T-Shirt, das oberhalb des Bauchnabels endete und frech ein kleines Piercing hervor lugen ließ. Auf dem Weg zu ihrem Treffpunkt hatte er für einen winzigen Moment darüber nachdenken müssen, ob er wirklich mit ihr zu dem einsamen Plätzchen fahren sollte, und was er sich überhaupt von dem Treffen versprach. Er war fast auf den Tag genau zehn Jahre älter als die Neunundzwanzigjährige, aber seine Beziehung mit Susanne war seit Monaten festgefahren. Ihm fehlten die Zärtlichkeiten, die er zwar an seine Frau weitergab, aber schon seit längerer Zeit nicht mehr zurückbekam. Er hatte sich in den vergangenen Wochen schon mehrmals bei verschiedenen Singlebörsen die Anzeigen der Frauen, die auf Männersuche waren, angesehen. Anfangs war er nur neugierig gewesen, hatte nicht im Traum daran gedacht, sich selbst irgendwann einmal anzumelden und auf die Suche nach einer Partnerin für gelegentliche Treffen zu gehen. Er erwischte sich allerdings in zunehmendem Maße dabei, wie er die kleinsten Unstimmigkeiten mit seiner Frau für sich selbst dramatisierte, um kurz darauf, ohne sonderlich schlechtes Gewissen, schließlich trieb ihn Susanne ja dazu, heimlich wieder im Internet nach einem Abenteuer zu suchen. Vor einigen Wochen hatte er sich dann bei triffmich.net angemeldet und kurze Zeit später den ersten E-Mail-Kontakt zu Bianca hergestellt, die unter ihrem Pseudonym Naomi151 bereits auf ihrer ersten Kontaktseite darauf hinwies, dass sie momentan auf keinen Fall an einer Beziehung, sondern lediglich an einer Affäre interessiert sei.
     
    Martin wollte gerade auf der Startseite die beiden anderen Nachrichten anklicken, als er hinter sich die Eingangstür hörte. Er drehte sich zur Tür des Büros um und rief zur Tür hinaus: „Einen Moment. Ich bin sofort bei Ihnen.“
    Er hatte mit der niedlichen Stimme einer jungen Fahrschülerin gerechnet, die bei ihm den 13:00 -Termin mit einer Stadtfahrt hatte. Stattdessen hörte er aber eine fremde, männliche Stimme aus dem Unterrichtsraum.
    „Immer mit der Ruhe. Ich habe Zeit.“
    Martin loggte sich aus, schaltete den Rechner ab und klappte ihn zusammen. Er nahm seinen Terminplaner aus der Tasche und sah auf den großen Wochenplan an der Bürotür, in dem die Termine aller Fahrlehrer eingetragen wurden. Nur um sich zu vergewissern, dass sein Chef ihm nicht doch noch in letzter Minute eine Nachtfahrt für den heutigen Abend eingetragen hatte, glich er die dortigen Eintragungen mit den Seinen ab. Wie erwartet stand auch dort in der senkrechten Spalte mit seinem Namen, neben der Uhrzeit von 18:45 bis 19:45 Uhr der Nachname seines Fahrschülers. Daneben war ein großes Ü, die Abkürzung für Überlandfahrt, rot eingekreist. Er dachte kurz nach. Eine halbe Stunde würde ihm reichen, um kurz noch mal ins Büro zu kommen, sich ein wenig frisch zu machen und die zwei Kilometer zur Bushaltestelle zu fahren, um dann anschließend Bianca abzuholen. Ausgiebig duschen und sie von Kopf bis Fuß einseifen, um sie danach abzubrausen und mit einem Badetuch trocken zu tupfen, waren seine favorisierten Wünsche, von denen er ihr in seiner letzten E-Mail berichtet hatte. Er ging davon aus, dass es genau diese Dinge waren, die sie ihm, wie in ihrer Nachricht erwähnt, heute Abend erfüllen würde, und er konnte kaum an etwas anderes denken.
    Martin klappte seinen Planer zu, holte seine Tasse aus dem Büro, der Kaffee war mit Sicherheit bereits kalt, und ging nach vorn in den Unterrichtsraum.
    Der Mann, der ihn dort bereits erwartete, stand seitlich neben der Leinwand für den Beamer und lächelte ein wenig. Er betrachtete ein dort an der
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