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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen
Autoren: Oliver Kotowski
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sollt bleiben, Ihr sollt schwatzen und trinken‹, dabei ergriff er den Fremden an der Schulter, um ihn zurück auf die Bank zu ziehen; mein Freund war zwar nicht mehr der Jüngste, aber immer noch groß und sehr kräftig. Der Fremde jedoch, obschon er dünn wie ein Skelett war, schleuderte den Slawen mit einer Handbewegung quer durch den Raum, sodass dieser benommen liegen blieb. Ich versuchte den Fremden zurückzuhalten. Ich packte seinen Arm und obwohl die Federn meiner eisernen Hand schwächer waren als jene, die ich jetzt habe, muss mein Griff doch sehr fest gewesen sein, denn ich war sehr zornig. Voller Ingrimm blickte er mich für einen Augenblick an, dann beugte er sich vor und flüsterte mir ins Ohr: ›Entlasst mich aus dem Griff Eurer Faust. Ich sehe, Ihr seid mein Bruder, hindert mich daher nicht daran, meine blutige Nahrung zu suchen. Ich bin hungrig!‹ Überrascht durch diese Worte ließ ich ihn los und bevor ich es gewahr wurde, da hatte er auch schon den Raum verlassen. Sobald ich mich etwas von meiner Überraschung erholt hatte, erzählte ich dem Slawen, was ich gehört hatte. Er zuckte sichtlich beunruhigt zusammen. Ich fragte ihn, was der Grund für seine Furcht sei, und drängte ihn mir diese ungewöhnlichen Worte zu erläutern. Als wir zu seiner Unterkunft gingen, kam er meiner Bitte nach. ›Der Fremde‹, so sagte er, ›ist ein Vampir!‹«
    »Wie?«, riefen der Ritter, Franziska und Bertha zugleich mit panikerfüllter Stimme. »Dieser Azzo war –«
    »Eben dieses – auch er war ein Vampir!«, erwiderte Woislaw. »Aber nach all den Ereignissen ist sein höllischer Durst für immer gestillt; er wird niemals wiederkommen. – Aber ich bin noch nicht am Ende angelangt. Da in meiner Heimat Vampire unbekannt sind, fragte ich den Slawen auf das Genaueste aus. Er erzählte mir, dass in Ungarn, Kroatien, Dalmatien und Bosnien diese höllischen Gäste nicht ungewöhnlich seien. Sie sind die Toten, die entweder einstmals einen anderen Vampir nährten oder aber in Todsünde oder als Exkommunizierte starben. Wann immer dann der Mond schien, erhoben sie sich aus ihren Gräbern, um das Blut der Lebenden zu saugen.«
    »Schrecklich!«, rief Franziska aus. »Wenn Ihr mir all dieses zuvor erzählt hättet, dann hätte ich niemals die Arbeit machen können.«
    »Das dachte ich mir. Und doch muss sie vom Leidenden selbst ausgeführt werden, während jemand anderes die Gebete spricht«, antwortete Woislaw. »Der Slawe«, fuhr er nach kurzer Pause fort, »erzählte mir noch vielerlei mehr über diese unirdischen Besucher. Er sagte, dass während ihr Opfer zugrunde geht, verbessert sich ihr eigenes Erscheinungsbild, und dass ein Vampir über enorme Kraft verfügt –«
    »Jetzt verstehe ich, warum Eure Hand diese Veränderung bei Azzo auslöste«, unterbrach Franz.
    »Ja, daran hat es gelegen«, entgegnete Woislaw. »Azzo wie auch der andere Vampir dachten fälschlicherweise, dass die gesteigerte Kraft meiner Hand in meiner Natur läge, und folgerten, dass ich von ihrer Art sei. – Ihr mögt Euch vorstellen, gute Dame«, sagte er zu Franziska gewandt, »wie sehr mich Eure Erscheinung bei meiner Ankunft beunruhigte. All das, was Ihr und Bertha mir erzählten, vergrößerte meine Sorge noch, doch als ich Azzo sah, da gab es für mich keinerlei Zweifel mehr: Er war ein Vampir. Sobald ich aus Eurer Erzählung erfuhr, dass es ein mit dem Namen Ezzelin von Klatka gekennzeichnetes Grab in der Nähe gab, hatte ich keinen Zweifel mehr, dass ich Euch retten könnte, wenn ich mir nur Eure Unterstützung versichern könnte. Es schien mir nicht ratsam, alle Fakten des Falles offenzulegen, da Eure Körperkraft so sehr geschwunden war, dass die Vorstellung von den Schrecken, die vor Euch lagen, Euch für die Anstrengungen zu sehr geschwächt hätte. Aus diesem Grund richtete ich die Dinge auf die Art und Weise ein, wie ich es getan habe.«
    »Das war sehr weise von Euch«, sagte Franziska schaudernd. »Ich kann Euch niemals genug dafür danken. Hätte ich gewusst, was mir abverlangt werden würde, ich hätte die Tat nicht begehen können.«
    »Das war es, was ich fürchtete«, sagte Woislaw, »aber das Schicksal war uns allen wohlgesinnt.«
    »Und was wurde aus dem unglücklichen Mädchen in Ungarn?«, wollte Bertha wissen.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Woislaw. »An jenem Abend wurde wegen der Türken Alarm geschlagen, und wir wurden abgerufen. Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört.«
    Das Gespräch über diese
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