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Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt

Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt

Titel: Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt
Autoren: Langenscheidt
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durchlüften könnte, hängen Ölgemälde von lauter toten und halbtoten Pollmanns und eine Marmorplatte, in die die Namen aller Anwälte eingraviert sind. Die ist sehr praktisch, denn wenn sie voll ist, kann man sie irgendwann für die Familiengruft wiederverwenden.
    K
leidung
Cordjackett, Seidentüchlein um den Hals, Siegelring mit Familienwappen, in der Freizeit gerne mal Jagdkleidung.
    S
ocietät
Eine wahre Traditionskanzlei firmiert nicht als profane So z ietät, sondern natürlich als So c ietät. Das ist zwar orthografisch genauso zweifelhaft wie die bereits erwähnten Collegen, sieht aber furchtbar gediegen aus.
    Traditionskanzlei-Anwalt sagt:
Traditionskanzlei-Anwalt meint:
Mit unseren Beziehungen bekommen wir das bei den Lokalpolitikern schon hin.
Mit einer Tüte Bargeld bekommen wir das bei den Lokalpolitikern schon hin.
Wir nehmen unsere soziale und gesellschaftliche Verantwortung ernst und engagieren uns vor Ort ehrenamtlich in verschiedenen Organisationen.
Wir klüngeln hier im Dorf in jedem Verein herum.
Vormittags bin ich immer bei Gericht. Bitte rufen Sie erst gegen 13 Uhr an.
Vormittags schlafe ich meinen Rausch aus. Ab 13 Uhr bin ich in der Regel ansprechbar.
Der Großkanzlei-Anwalt
Er arbeitet im deutschen Office einer internationalen Law Firm mit 2.000 Anwälten, deren Hauptquartier wahlweise in London oder New York ist. Er ist stolz darauf, dass er keine Anwaltsrobe besitzt und noch nie vor Gericht war (jedenfalls nicht als Anwalt). Denn ordinäre Gerichtsverfahren sind etwas für das Anwaltsprekariat.
Der Großkanzlei-Anwalt lebt nur für ein Ziel: für die Erhöhung der Zahl seiner Bürofenster. Das Büro eines angestellten Associate hat null bis zwei Fenster, der National- oder Salary-Partner kriegt drei Fenster und der Equity-Partner , also der voll am Gewinn beteiligte Teilhaber, bekommt mit viel Glück ein Eckbüro mit sechs Fenstern.
Für ein solches Eckbüro als Endziel eines langen Berufslebens würde der Großkanzlei-Anwalt notfalls auch seine Großmutter verkaufen, wenn er das nicht schon getan hätte. Spätestens nach sieben Jahren Arbeit ohne einen zusammenhängenden Urlaub von mehr als 4 Tagen und durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten von 85 Stunden erfährt der Großkanzlei-Anwalt jedoch, dass man in London oder New York nicht die Bohne daran denkt, ihn vom Associate zum Partner zu befördern. Er muss dann gehen oder einen Kollegen aus dem Anwaltsprekariat mit einer Kündigungsschutzklage beauftragen.
    A–Z
des Großkanzlei-Anwalts
    Ä
ußeres
Dunkler Maßanzug und handgenähte italienische Schuhe. Krawatte farblich auf die Augenringe und den bleichen Teint abgestimmt. Randlose Brille und kanzleieinheitlich genormter Seitenscheitel.
    A
uto
Im ersten Jahr ein Audi TT. Dann merkt der Junganwalt in der Großkanzlei, dass den auch sein Anlageberater von der Sparkasse fährt. Sofortiger Umstieg auf Dreier-BMW (Cabrio). Wichtig: Immer standesgemäßen Abstand zum Auto der vorgesetzten Partner halten, um böse Blicke in der Tiefgarage zu vermeiden. Ein gebrauchter 911er-Porsche ist nach zwei Jahren zwar finanziell drin, wäre aber zu nah am Aston Martin des Chefs.
    B
illables
Abrechenbare Stunden. London oder New York schreiben vor, dass der Großkanzlei-Anwalt seinen Mandanten an jedem Arbeitstag, d. h. von Montagmorgen bis Sonntagnachmittag, mindestens 12 Stunden à 700 Euro „ billen“ (abrechnen) muss. Wer das nicht schafft, fliegt sofort raus. Wer es schafft, fliegt erst später raus.
    F
usion unter Gleichen
Offizielle Bezeichnung des Vorgangs, bei dem eine eigenständige deutsche Kanzlei von einer 15-mal größeren angelsächsischen Law Firm geschluckt wird und nun deren deutsches Büro bildet. Nach der gleichberechtigten Fusion wird erst einmal die Hälfte der deutschen Sozien rausgeschmissen. Zum Ausgleich werden die Stundensätze der Übrigen verdoppelt. Wer seinen Umsatz nach einem Jahr verdreifacht hat, darf vorläufig bleiben. Die Ausübung von Rechtsgebieten, die in Amerika oder England unbekannt sind, wird verboten. Internetseiten, die nach der Einschätzung eines 19-jährigen New Yorker IT-Mitarbeiters gegen die puritanischen Sittlichkeitsvorstellungen seiner Freikirche verstoßen, sind auch verboten und werden von ihm weltweit auf allen Kanzleicomputern gesperrt.
    H
eadline-Deals
Großkanzlei-Anwälte arbeiten nur an hochgeheimen Headline-Deals , die so heißen, weil sie am nächsten Tag groß und breit in der Zeitung stehen. Trotzdem sind sie immer so geheim, dass
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