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Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt

Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt

Titel: Langenscheidt Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt
Autoren: Langenscheidt
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Sie seiner Menschenkenntnis Vertrauen schenken. Für seinen Musikgeschmack mag etwas anderes gelten.
    Anwalt sagt:
Ich muss die Gegenseite nachdrücklich an ihre Wahrheitspflicht erinnern.
    Anwalt meint:
    Frechheit, der Gegner lügt ja genauso unverfroren wie wir.
    Hintergrund:
Das gegenseitige Erinnern an die Wahrheitspflicht ist ein beliebtes Ritual unter Rechtsanwälten. Es entspricht im Kern dem bekannten, meist länger zurückliegenden Dialog:
» Lügner! « – » Selber Lügner! «
» Ich sag’s der Mama! « – » Ich auch! «
und wird vom Richter auch ähnlich ernst genommen.
Mandanten mögen es trotzdem, wenn ihr Anwalt solche Dinge sagt. Und deshalb sagt er sie auch immer wieder.
    Merke:
Frühkindliche Prägungen spielen auch für die Streitkultur vor Gericht eine nicht zu unterschätzende Rolle.
    Anwalt sagt (zum jüngeren Gegenanwalt):
Lieber junger Kollege!
    Anwalt meint:
    Du Anfänger!
    Anwalt sagt (zum älteren Gegenanwalt):
Das war zu Ihrer Zeit natürlich anders, aber ich erläutere Ihnen das gerne!
    Anwalt meint:
    Du bist senil. Geh in Rente!
    Hintergrund:
Vor Gericht spielt Psychologie eine wichtige Rolle. Es kann niemals schaden, den gegnerischen Anwaltskollegen ein wenig zu verunsichern. Ältere Anwälte schlagen gegenüber jüngeren Kollegen daher gerne einen väter-lich herablassenden Ton an. Damit ärgern sie den Jungspund und kompensieren gleichzeitig ihren Neid auf dessen noch uneingeschränkt bestehende Zeugungsfähigkeit. Der Junganwalt revanchiert sich am besten, indem er betont laut und deutlich spricht und immer wieder besorgt nachfragt, ob denn der ältere Kollege „AUCH WIRKLICH ALLES MITBEKOMMEN HAT“.
    Anwalt sagt:
Natürlich verschließt sich mein Mandant nicht einem vernünftigen Vergleich. Auch er will sich lieber gütlich einigen.
    Anwalt meint:
    Frieden? Niemals! Mein Mandant will den Gegner bluten sehen.
    Hintergrund:
Für den Richter ist es immer bequemer, wenn die Prozessparteien einen gütlichen Vergleich schließen. Denn dann muss er kein Urteil schreiben und hat die Akte vom Tisch. Also erklärt er dem Kläger und dem Beklagten, dass eigentlich beide Seiten unrecht haben und deshalb auch beide den Prozess verlieren. Das ist zwar völlig unlogisch, funktioniert aber immer wieder: Irgendwann sind beide Seiten so mürbe, dass sie froh über irgendeinen Kompromiss sind, den der Richter vorschlägt.
Manchmal hat eine der beiden Seiten aber definitiv keine Lust auf den vorgeschlagenen Vergleich, sondern will noch eine Verbesserung erreichen. Das ist dann ein Problem. Denn wer sich störrisch zeigt, auf den prügelt der Richter in der mündlichen Verhandlung besonders übel ein. Der Gegner bekommt dann wieder Oberwasser und es wird noch schwieriger, einen besseren Vergleich herauszuholen. Also ist es furchtbar wichtig, ständig zu betonen, dass man ja „eigentlich“ einigungsbereit sei und nur der böse Gegner sich hartnäckig verweigere und deshalb richterliche Prügel verdiene.
    Merke:
Niemals empört dazwischenbrüllen und den Anwalt für bekloppt erklären, wenn der mit treuherzigem Blick behauptet, dass Sie sich eigentlich schon lange nach einer Aussöhnung mit Ihrer Exfrau sehnen und sich im Unterhaltsprozess für Ihre drei untergeschobenen Kuckuckskinder gütlich mit der gierigen Schlampe und ihrem neuen Lover einigen wollen.

Sprachkurs Juristendeutsch
4. Kapitel  
Sprachkurs Juristendeutsch

Juristensprache
Sie finden es ganz großartig, wie Ihr Anwalt sich ausdrückt? Sie würden auch gerne so toll formulieren können? Kein Problem – mit unserem kleinen Sprachkurs Juristendeutsch!
Nehmen wir zunächst einen ganz gewöhnlichen Text, wie er nur einem gedanklich einfach gestrickten Nichtjuristen einfallen könnte:
Sie zahlen seit drei Monaten keine Miete. Wir sind die Anwälte von Herrn Müller und warnen Sie: Wenn Sie die 1.500 Euro bis zum 15. Dezember nicht überwiesen haben, wird Herr Müller Ihnen fristlos kündigen!
Niemals würde man solche Sätze in einem Anwaltsbrief lesen! Juristisch korrekt werden sie erst, wenn man einige Regeln beherzigt:
1. Regel:
Hauptwörter einsetzen
Sätze wie:
Sie zahlen seit drei Monaten keine Miete.
sind furchtbar banal. Der Mandant wird sich denken:
» Das hätte ich auch selber schreiben können. Und dafür soll ich meinem Anwalt jetzt so viel Geld bezahlen? «
Das weiß natürlich auch der Anwalt. Also baut er erst einmal ganz viele Substantive ein:
Unsere Mandantschaft musste die Feststellung treffen, dass Sie auf die
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